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Titel1212

Freiheit und Terror  (Wolfgang Bittner)

Wer sind eigentlich Freiheitskämpfer und wer sind Terroristen? Für unsere Regierung wie auch für die Medien, die maßgeblich unsere öffentliche Meinung bilden, scheint das eindeutig zu sein: Die aufständischen Taliban in Afghanistan zum Beispiel sind Terroristen, weil sie bekanntlich gegen die von den USA und ihren Verbündeten eingesetzte Regierung kämpfen. Dagegen sind die Aufständischen in Syrien Freiheitskämpfer, obwohl sie gegen die (nicht von den USA und ihren Verbündeten eingesetzte) Regierung kämpfen, wozu sie die unter ihren Betten aufbewahrten Maschinengewehre, Panzerfäuste und Raketen verwenden können. In Libyen durften sie sogar das Staatsoberhaupt ermorden, nachdem die NATO das Land zerbombt hatte.

Dagegen waren wiederum die Aufständischen in Bahrain Terroristen, weil sie sich gegen ihre Regierung wandten. Da der König und seine Hofleute von Saudi-Arabien militärische Hilfe zur blutigen Niederschlagung des Aufstands erhielten, brauchte der Westen nicht einzugreifen. Vielleicht hing das damit zusammen, daß uns das bahrainische Öl und Erdgas, aber nicht die dortigen Menschenrechtsverletzungen interessieren und daß wir den Saudis Panzer liefern.

In Afghanistan wurden und werden die Frauen von den Taliban unterdrückt, die außerdem unsere Freiheit gefährden. Deswegen müssen diese Terroristen (die früher Mudschaheddin hießen und von den USA unterstützt und mit Waffen versorgt wurden) alle umgebracht werden. Dazu eignen sich vor allem chirurgische Einzelschläge mit Drohnen, damit keiner »unserer« Soldaten verletzt oder getötet wird. Merkwürdigerweise erinnert sich niemand daran, daß Afghanistan, bevor die CIA die Mudschaheddin unterstützte, ein blühendes Land mit öffentlichen Schulen und Universitäten war, die selbstverständlich auch Frauen offenstanden.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten dürfen Frauen noch nicht einmal Auto fahren. Außerdem wird dort heftig gefoltert. Sollten die Emirate deswegen vielleicht nach einer Medienkampagne mal rasch bombardiert werden? Dazu schweigen unsere Regierung und die ihr verbundenen Medien, obwohl der Bundeswehr die Durchsetzung liberaler Bekleidungsvorschriften gewiß einen »humanitären Einsatz« der Bundeswehr wert wäre. Aber die Emirate liefern uns Öl.

Was also dürfen wir nun den Verlautbarungen der Regierung und der Medien glauben? Worüber berichten sie und worüber nicht? Was sind »humanitäre Einsätze«? Ist Frau Timoschenko wirklich eine bemitleidenswerte Gefangene der ukrainischen Regierung, oder ist sie eine milliardenschwere Kriminelle? Und ist nicht der Iran bereits vor Jahrzehnten wegen seiner Ölvorkommen destabilisiert und mit Krieg überzogen worden, so daß sich dort die Ayatollahs breitmachen konnten?

Und China? Die USA haben kürzlich wieder einmal gegen Menschenrechtsverletzungen und Hinrichtungen protestiert. Wahrscheinlich ist der US-Regierung nicht bekannt, daß sie in Guantanamo und anderswo foltern läßt und daß in ihren Todeszellen zahlreiche aufgrund fragwürdiger Prozessen verurteilte Häftlinge auf den elektrischen Stuhl oder die Todesspritze warten.

Wodurch unterscheiden sich also die USA von China oder vom Iran? Offenbar dadurch, daß in China Chinesen leben und im Iran Iraner, während vor New York eine Freiheitsstatue ihre Fackel gen Himmel streckt und nicht nur den Amerikanern, sondern ebenso uns in Europa die Freiheit garantiert – unseren Millionären und Milliardären wie auch einigen Millionen Empfängern von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Hungerlöhnen.