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Titel1217

Monatsrückblick: Schlecht, sehr schlecht  (Jane Zahn)

Schlecht, sehr schlecht seien die deutschen Exportüberschüsse, meinte Präsident Plump in Brüssel. Gut, dass die Deutschen das in ihren Nachrichten auch noch mit »böse« übersetzen, hat dem Bashing noch eins draufgesetzt – das hätte nicht sein müssen. Aber schlecht, sehr schlecht sind die Beziehungen zwischen den »Großen Sieben« wirklich: Die Briten wollen aus der EU, aber zu ihren Gunsten, die EU will die Briten los sein und gönnt ihnen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel, Kanada ist sauer, weil das Freihandelsabkommen CETA in der EU nicht vorankommt und jetzt sogar zu scheitern droht, weil der EU-Gerichtshof den einzelnen Staaten die Entscheidung darüber überlassen hat. Japan ist sauer, weil Trump das Pazifische Freihandelsabkommen abgesagt hat, und Deutschland ist sauer, weil es seine Exportüberschüsse herunterfahren soll, wo doch die ganze Deformierungspolitik darauf abzielte, die Überschüsse zu erzielen und zu steigern. Und das Klima reagiert mit Erwärmung und lässt den Permafrostboden auftauen, so dass die Weltsamenbank auf Spitzbergen zu ersaufen droht – abgesehen von einigen Inselrepubliken, die es sowieso bald nicht mehr geben wird. So what? Hauptsache, die amerikanischen Konzerne fahren weiter Gewinne ein.

 

Schlecht, sehr schlecht geht es auch der SPD, nachdem sie in drei Bundesländern von den Wählern abgestraft wurde. Der Schulz-Zug ist abgefahren, der Mann taucht in der Versenkung unter und hat jetzt »Mehr Zeit für Gerechtigkeit«. Gerechtigkeit ist aber schon wieder out.

 

Sicherheit ist das Wichtigste! Und wird jetzt auch voll gewährleistet: Jeder kann sicher sein, dass sein Passbild überall erfasst wird, wo er auftaucht. Nimm das, Datenschützer! So etwas wird spätnachts im Bundestag einfach mal so verabschiedet, und Big Brother watscht uns ab. Das Bundesverfassungsgericht wird wieder Arbeit bekommen. Aber das Grundgesetz gilt ja nicht mehr. »Wir Deutschen zeigen unser Gesicht!« fordert der Innenminister der Misere und summiert es unter Leitkultur. Denn: »Wer sich seiner Leitkultur sicher ist, ist stark.« – Getretener Quark wird aber breit, nicht stark. Da steht auch: »Kirchtürme prägen unsere Landschaft.« Nicht doch Windkrafträder und Kühltürme?

 

»Wir Deutschen lügen gern mit Statistik«, könnte de Maizière auch sagen. Die Kriminalitätsstatistik 2016 nutzte er wieder zu einem Angriff auf Flüchtlinge. Dabei geben die Zahlen das gar nicht her: Nur 8,6 Prozent der Tatverdächtigen (wohlgemerkt der Verdächtigen, nicht der Überführten und Verurteilten!) sind Nicht-Deutsche. Und die gestiegene Zahl der Straftaten ist – in Bezug gesetzt zur gestiegenen Bevölkerungszahl – in Wahrheit gesunken. Besorgniserregend allerdings – auch für den Minister – die Zunahme rechter Gewalttaten um 14,3 Prozent. Und dabei ist die Dunkelziffer (besser Ver-Dunklungsziffer) hier hoch, denn zu gern wird ein rechtsextremistischer Hintergrund übersehen.

 

Schlecht, sehr schlecht, dass in der Bundeswehr offenbar eine Braune Armee Fraktion bereits Attentate geplant hat, die dann den Flüchtlingen zugeschoben werden sollten. Um die Gesetzgebung noch weiter von der Verfassung zu entfernen. Hat doch bisher immer so gut geklappt. Auch die Ermordung von Politikern war in Deutschland mal sehr populär, viel populärer als die Weimarer Republik. Kann alles wieder kommen, fehlt nur noch die richtige Frau an der Spitze der Bewegung. So eine Marine Le Pen fällt eben nicht vom Himmel. Und Männer werden es nicht mehr richten, das wird sich auch für Everybody‘s Darling Macron bald zeigen. Obwohl – einen Erfolg hat er schon vorzuzeigen. Finanzminister Schäuble schluckt Kreide gegenüber Macron mit den Worten: »Man kann eine Gemeinschaft unterschiedlich starker Staaten nicht bilden ohne einen gewissen Ausgleich.« Schließlich fordert Macron Euro-Bonds und eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik, Gottseibeiuns! Und Schäuble gibt ihm sogar recht: »Richtig ist, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss mit knapp über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu hoch ist.« Das sei aber keine Frage der Politik, sondern einfach der deutschen Tüchtigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Tja, Pech gehabt, Franzmann, du bist einfach zu blöd und zu faul! Genauso wie der Amerikaner.

 

Schlecht, sehr schlecht sieht es aus. Wenn die G20 in Hamburg zusammenkommen, wird auch die geballte Macht der Polizei nicht verhindern können, dass Tausende protestieren. Und das ist auch gut so.