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Titel1312

Neues aus der Anstalt  (Mira Bihaly)

Kritik an der Politik der Regierung Israels ist Kritik an Israel, also israelfeindlich, das heißt judenfeindlich, kurz antisemitisch. Die Schriftsteller-»Gruppe 47« war die neue Reichsschrifttumskammer, die DDR-Grenztruppen waren KZ-Wächter, Beirut war das Führerhauptquartier, und die iranischen Atomanlagen sind die neuen Gaskammern. Brecht war der kommunistische Horst Wessel (wie schon Adenauers Außenminister Brentano feststellte), Arafat beziehungsweise Saddam Hussein beziehungsweise Gaddafi waren Wiedergänger Adolf Hitlers, Gorbatschow war für seinen späteren Freund Kohl ein neuer Goebbels – und so weiter ohne Ende.

Günter Grass war »Mitglied« der SS und – wie sein literarisches Werk belegt – schon immer Antisemit. Aus seinem Israel-Gedicht spricht die Stimme Hitlers. Es hat die unverkennbare Diktion von Joseph Goebbels. Julius Streicher hätte es gern im Stürmer veröffentlicht ... – Das ist zwar alles geisteskrank, aber der Mainstream unserer Publizistik druckt tatsächlich derart gefährlichen Unsinn. Nicht abgedruckt in den großen Blättern wurde dagegen eine Erklärung, von der man sich wohl getroffen fühlte, obwohl ihre Verfasser sich jeder Polemik enthalten haben, weil sie generell vor einem Phänomen warnen wollten, für das die Hysterie der Grass-»Debatte« nur ein extremes Beispiel ist. Der Text lautet:

Berliner Erklärung
Als Historiker und Autoren, die sich eine gewissenhafte Aufklärung über das NS-Regime und seinen mörderischen Rassismus zur Aufgabe gemacht haben, beobachten wir seit längerer Zeit mit wachsender Sorge eine bedenkenlose Instrumentalisierung dieser Geschichtsperiode für aktuelle politische Zwecke. Willkürliche Vergleiche mit Personen und Parolen des »Dritten Reiches« werden immer wieder benutzt, um dem eigenen Standpunkt Nachdruck zu verleihen und den Kontrahenten moralisch zu erledigen. Die Debatte verkommt zur Polemik, Argumente werden durch persönliche Diffamierung und Denunziation ersetzt.

Wir warnen ganz besonders vor einer leichtfertigen Verwendung der Worte Antisemit und Antisemitismus, die inzwischen für alles und jedes als Pauschalvorwurf verwendet werden. Ihr inflationärer Gebrauch ist politisch gefährlich und kontraproduktiv, weil die Begriffe auf diese Weise bis zur Bedeutungslosigkeit verharmlost und völlig sinnentleert werden, so daß sie auch außerhalb des vielzitierten deutschen Stammtisches am Ende niemand mehr ernst nimmt.

Prof. Dr. Wolfgang Benz, langjähriger Direktor des Zentrums für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin; Prof. Dr. Andreas Nachama, geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Dekan für Holocaust Studies am Touro College Berlin und Rabbiner der Synagoge Hüttenweg; Prof. Dr. Reinhard Rürup, langjähriger wissenschaftlicher Direktor der Stiftung Topographie des Terrors; Dr. h.c. Gerhard Schoenberner, Gründungsdirektor der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz