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Titel1408

Antworten

Gerhard Schröder, Altkanzler. – Wie Generalsekretär Hubertus Heil mitteilte, wollen Sie Ihrer Partei rhetorisch unter die Arme greifen und am 25. September, dem zehnten Jahrestag, über den Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl 1998 sprechen. Sie könnten Ihr Engagement ausweiten und auch schon am 18. September auftreten, dem Datum der Bundestagswahl 2005. Bitte vergessen Sie nicht, die Entwicklung der Wahlergebnisse zu erwähnen: Von 1998 auf 2005 büßte die SPD rund vier Millionen Stimmen ein. Dann kann man recht ermessen und würdigen, wie sich Ihre Kanzlerschaft auf Ihre Partei ausgewirkt hat.

Joseph Fischer, Altaußenminister. –
In Ihrer Zeit-Kolumne haben Sie den österreichischen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer beschimpft: »Armes Österreich, das von solchen Opportunisten geführt wird.« Gusenbauer hatte sich für Volksabstimmungen über EU-Verträge ausgesprochen. Aus Opportunismus? Auf Mitbestimmungswünsche der Bevölkerung schielend? Kann sein. Aber anpasserische Verhaltensweisen eines Politikers werden Ihren Zorn nicht erregt haben. Was Sie stört, ist der Gedanke an Basisdemokratie. Ein solcher Gedanke verträgt sich schlecht mit dem real existierenden Kapitalismus, dessen politische Repräsentanten in Deutschland seit nun schon bald 60 Jahren verhindern, daß, wie vom Grundgesetz vorgesehen, das Volk selber entscheidet. Kapitalismus heißt nun mal, daß gegen das Volk entschieden wird. Das werden auch die Iren lernen müssen. Und es dauerte nur ein paar Tage, bis klargestellt war: Österreich wird bald nicht mehr von Gusenbauer geführt.

Oswald Metzger, Looser. – Es ist unvergessen, wie Sie einmal im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte der Sprecherin des Berliner Arbeitslosenverbandes »Larmoyanz der Looser« angekreidet haben. Nun hat die CDU auch Sie scheitern lassen. Dabei waren Sie doch so sicher gewesen, sich mit dem Übertritt von Grün zu Schwarz wieder ein Parlamentsmandat sichern zu können, und mit Forderungen wie »Hartz-IV-Empfänger dürfen nicht länger im Fokus des politischen Interesses stehen« oder mit Klagen über die »Luxusgesinnung« der Lohnempfänger und Rentner hatten Sie sich so eifrig empfohlen. Vielleicht gar zu eifrig? Übereifrig? Immerhin verlieren Sie nicht gleich alles. Ihnen bleiben die guten Beziehungen zur Bertelsmann-Stiftung, zum Liberalen Netzwerk, zum Konvent für Deutschland und zu dem jüngst gegründeten Zukunftsrat, und wenn Sie nun in deren Auftrag monatlich zehn Vorträge für ein Honorar von je 3500 Euro halten, stehen Sie sich besser als mancher, der noch einen Abgeordnetensessel drücken muß. Nein, wir machen uns um Sie keine Sorgen.

William Robert Timken, US-Botschafter in Germany. –
»Das Gebäude gleicht einer Festung«, schreibt die Ihrem Arbeitgeber wohlgesonnene Welt aus dem Springer-Konzern und zitiert, wie Sie die umstrittene Architektur des Botschaftsneubaus in Berlin erklärten: »Wir hätten ja mitten im Walde bauen können, aber wir wollten ein Teil von Deutschland sein, so offen wie möglich.« Dieser Spruch wird dem deutschen Bundesinnenminister gefallen: eine gesellschaftliche »Sicherheitsarchitektur«, mitten im Leben, so offen wie möglich – und dabei wird das Land immer mehr zur Festung.

Deutsche Politiker, Richter und Beamte. – Jetzt wollen wir endlich einmal rühmen, wie erfolgreich Sie zu arbeiten verstehen: Dank Ihrer deutschen Gründlichkeit und Tüchtigkeit ist es im vergangenen Jahr nur 306 (in Worten: dreihundertsechs) Ausländern gelungen, in Deutschland Asyl zu erhalten. Das waren 1,1 Prozent der Bewerber. Und die Zahl der Bewerber ist in den vergangenen 15 Jahren, seit der Verfassungsänderung zur Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl, um fast 90 Prozent zurückgegangen, weil die meisten Asylsuchenden gar keine Möglichkeit mehr haben, Asylanträge zu stellen. Aber mit diesem Erfolg sind Sie noch lange nicht zufrieden: Jetzt besteht Ihre Haupttätigkeit darin, den früher als politisch Verfolgten anerkannten Flüchtlingen die Anerkennung zu entziehen. Mehr als 25.000 Asylwiderrufsverfahren sind bereits eingeleitet. Die Abschiebeknäste sind voll. Musteranstalt ist München-Stadelheim, wo Flüchtlinge wie Straftäter behandelt werden, als hätten sie sich etwas zuschulden kommen lassen. Die Abschiebehaft dauert bis zu 18 Monaten. Nicht wenige Verfahren enden durch Selbstmord der in Deutschland Unerwünschten.

Ossietzky-Abonnentinnen und -Abonnenten. – Heft 15/08 wird Sie – betriebsferienbedingt – ein paar Tage später als üblich erreichen. Die Beiträge werden sich auf das Thema Islam, Islamismus, Antiislamismus konzentrieren.