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Spanische Bergarbeiter kämpfen  (Karl-H. Walloch)

In der nordspanischen Provinz Asturien streiken seit Wochen Bergarbeiter für ihre Arbeitsplätze. Die Kumpel blockieren, um ihre Forderungen durchzusetzen, die Nord-Süd-Autobahn von Oviedo nach Madrid. Nicht zimperlich ist die spanische Polizei bei ihren Versuchen, Teilabschnitte zu räumen, wobei sie Gummigeschosse einsetzt. Immer wieder verhaftet sie Demonstranten. Aber wenige Stunden nach der Räumung sind die geräumten Abschnitte wieder gesperrt: mit brennenden Autoreifen und Barrikaden. Die spanische Tagespresse agitiert gegen die Blockaden mit dem Argument, die Versorgung der Bevölkerung leide darunter. Der Streik hat sich inzwischen auf eine Kohlezeche in Mequinenza am Ebro in der Provinz Saragossa ausgeweitet. Hier sind 500 Bergleute in den Ausstand getreten und halten die Kohlegrube besetzt.

Auch die meisten Schachtanlagen in Asturien sind von Bergarbeitern besetzt, die ihren Streik nicht befristet haben. Das spanische Fernsehen zeigte Interviews mit Bergarbeiterfrauen der Schachtanlage Langreo (Mieres), die den Arbeitskampf ihrer Männer unterstützen. Die Männer sagten in den Interviews, daß sie sich auf einen längeren Arbeitskampf einstellen und keinen Millimeter von ihren Forderungen abgehen werden. Die Bergleute fordern, daß die Gruben weiterhin von der Zentralregierung in Madrid Subventionen erhalten. Es geht um 300 Millionen Euro. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy (Partido Popular) will die Staatszuschüsse für die Zechen stark kürzen, obwohl schon heute die Arbeitslosigkeit in den Bergbauregionen eine der höchsten in Spanien ist. Unterstützung für ihren Streik bekommen die Bergarbeiter in Asturien von den Transportarbeitern.

Am 22. Juni starteten 150 Kumpel aus Villabino und Bembibe – der Bergbauregion in Asturien – zum »Schwarzen Marsch« nach Madrid, das sie am 11. Juli erreichten. Die Generalsekretäre der beiden größten Gewerkschaftsverbände Spaniens begleiteten die Demonstranten einige Kilometer weit. Unterwegs erhielten die Bergarbeiter breite Unterstützung aus der Bevölkerung. So stellten die Kommunalabgeordneten der »Vereinigten Linken« aus La Rozas de Madrid solidarisch den Bergleuten ihre Sitzungsgelder zur Verfügung. Die Bürgermeisterin von Madrid, Ana Botella, dagegen unterstützte die Bergarbeiter nicht; sie ließ mitteilen, daß die Stadtverwaltung den Protestierenden keine Unterkünfte zur Verfügung stellt.

Aber auch aus der Bundesrepublik kommt für die Streikenden Solidarität. Die Teilnehmer einer Montagsdemonstration in Herne beschlossen ein Solidaritätsschreiben, in dem es heißt: »Liebe Bergarbeiter! Wir sind solidarisch mit Eurem Kampf gegen die Stillegung des spanischen Bergbaus, zur Verteidigung Eurer Arbeitsplätze und gegen die EU-weiten Krisenprogramme. Wir leben in einer der ehemals größten Bergbaustädte Deutschlands ... Hier in Deutschland will die Merkel-Regierung gemeinsam mit der EU und dem Konzern RAG den Bergbau schließen. Euer Kampf ist eine Ermutigung an die Bergarbeiter in Deutschland, auch den Kampf aufzunehmen. Wenn sich die Bergleute aller Länder zusammenschließen, sind sie eine Macht! Schreibt uns, wie wir Euch unterstützen können. Hoch die internationale Solidarität!«

Der neue sozialistische Ministerpräsident von Asturien, Javier Fernández, forderte die Regierung unter Ministerpräsident Rajoy zu neuen Verhandlungen auf. Eine angekündigte Verringerung der Staatszuschüsse würde noch in diesem Jahr zur Schließung mehrerer als »unrentabel« eingestufter Kohlegruben führen.

Gaspar Llamazares, Abgeordneter der Vereinigten Linken (IU) im Cortes, dem Parlament des Landes, nannte es unanständig, wie die Zentralregierung mit dem Kohlebergbau im Vergleich zu den Banken umgehe. Zur Rettung der spanischen Banken werden 70 Milliarden Euro aufgebracht, aber Rajoy weigert sich, 70 Millionen Euro aufzuwenden, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben und der Kohlebergbau überlebt. Auch die »Empörten der Puerta del Sol« solidarisierten sich mit den Arbeitern und ihren Familien.

Asturien ist für die Arbeitskämpfe seiner Bergleute berühmt. Es war Ministerpräsident Alejandro Lerroux der im Oktober 1934 mit Hilfe des späteren Putschgenerals Franco und der Fremdenlegion einen Streik blutig niederschlug. Mutig führten die Bergarbeiter in Asturien 1962 den ersten Arbeitskampf während der faschistischen Franco-Diktatur. Diese Tradition ist unvergessen. Der asturische Bergarbeiterstreik 2012 dauert an.