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Titel1619

Bemerkungen

Privat

Krieg, sagst du,

überall Krieg.

Luftüberlegenheit siegt

und das System,

wer blickt da durch?

 

Wieder diese Apathie,

was können wir denn?

Tanken müssen wir noch

und einkaufen,

ich muss zum Friseur.

 

Der Tee schmeckt,

das Abendessen und danach

verstohlen das Bier,

Fernsehlicht,

die Botschaft verstört.

 

Wolfgang Bittner

 

Im März erschien von Wolfgang Bittner der Roman »Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen« (Verlag zeitgeist, 352 Seiten, 21,90 €.

 

 

 

 

Hilferuf aus Büchel

Hilferuf aus der Friedensbewegung: Die jährlich stattfindenden Aktionen gegen Atomwaffen am Fliegerhorst Büchel in der Eifel sind akut gefährdet.

 

Die »Friedenswiese« und das Gelände direkt am Haupttor der Militärbasis, wo regelmäßig die Bühne für Kundgebungen oder für den Ostermarsch aufgebaut worden sind, soll Ende des Jahres verkauft werden. Der gegenwärtige Pächter, Pascal G., der dort lebt, und der das Grundstück sowie Wasser und Strom bisher regelmäßig der Friedensbewegung zur Verfügung gestellt hat, würde das Grundstück gerne kaufen, benötigt dafür aber einen Kredit in Höhe von 30.000 Euro. Er sei bereit mit den Anti-Atomwaffen-Gruppen einen langfristigen Nutzungsvertrag abzuschließen, berichtet Marion Küpker von der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen (GAAa) und ruft gemeinsam mit Wolfgang Schlupp-Hauck von der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen auf, für den Kauf des Grundstückes Geld zu spenden oder ein zinsloses Darlehen zu geben, um so den Standort für die Friedensarbeit in Büchel langfristig zu sichern. Pascal G. werde den Kredit schrittweise zurückzahlen. Das Spendenkonto bei der Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen lautet: DE42 6136 1975 0055 6280 01. Darlehensverträge und weitere Infos können angefordert werden bei
mariongaaa@gmx.de oder bei wolfgang.schlupp-hauck@t-online.de.

 

Rainer Butenschön

 

 

 

 

Unsere Zustände

Aushang im Bundeskanzleramt: Heute Nachmittag wieder unser fröhliches Pokern! Spielkarten bitte mitbringen.

 

*

 

Jetzt will Macron eine Armee im Weltall aufstellen. Wie schön! Wenn ihm das die anderen Oberhäupter mit ihren Armeen gleichtun, sind sie von dort aus allesamt schneller auf den Mond zu schießen

.

*

 

Will einer bei uns etwas Gutes tun, gibt es gleich zehn Leute, die erbost dagegen sind, weil auch sie etwas Gutes tun wollen.

 

Wolfgang Eckert

 

Zweimal gescheitert

Das Glück hat Pedro Sánchez verlassen. Am 23. und 26. Juli verfehlte er die erforderliche Mehrheit zur Wiederwahl als Ministerpräsident. Er konnte lediglich 123 Stimmen der Partido Socialista Obreo España (PSOE) und eine Stimme der Partido Regionalista de Cantabrica auf sich vereinigen. Mit »Nein« stimmten 170 Abgeordnete. Unidos Podemos und die baskische Linkspartei EH bildu enthielten sich geschlossen ihrer Stimmen. So endete nach drei Monaten der Nervenkrieg um die Regierungsbildung in Spanien.

 

Zwar hatte die PSOE die Wahl am 28. April für sich entscheiden können, blieb jedoch mit ihren 123 Mandaten deutlich hinter der absoluten Mehrheit von 176 Stimmen zurück. So war Sánchez dringend auf 42 Stimmen der Linkspartei Unidos Podemos (UP) angewiesen. Noch kurz vor der Abstimmung hatte Sánchez eindringlich an Pablo Iglesias von der UP appelliert, die Kräfte beider Parteien zu bündeln, um die wirtschaftliche Situation der Bürger zu verbessern.

 

Der amtierende Ministerpräsident war lange nicht bereit, eine Koalition mit der Protestpartei einzugehen, denn die Forderungen von UP-Chef Iglesias waren dem Sozialdemokraten Sánchez zu radikal. Iglesias pochte nicht nur auf das Amt des Vizeministerpräsidenten, sondern wollte auch die Schlüsselressorts Finanzen und Arbeit in der Koalition. Erst als Iglesias einlenkte und darauf verzichtete, persönlich im Kabinett zu sitzen, schien ein Durchbruch in Sicht.

 

Unidos Podemos schlug mit der Enthaltung die Tür aber noch nicht ganz zu.

 

Pedro Sánchez hielt Pablo Iglesias vor, er habe eine historische Gelegenheit verpasst. Die Sozialisten veröffentlichten inzwischen das Original der Wunschliste von Unidos Podemos: fünf Ministerien und der Posten der stellvertretenden Ministerpräsidentin für Irene Montero, Ehefrau des Parteivorsitzenden Pablo Iglesias und Nummer Zwei von Podemos. Mit neu zugeschnittenen Ministerien hätte Podemos weitgehend die Kontrolle über die Sozial- und Umweltpolitik erhalten. Aber das sind auch die Themen, mit denen Pedro Sánchez und seine PSOE sich profilieren wollen.

 

Nach den Wahlgängen möchten weder Unidos Podemos noch die PSOE die Wähler dafür bestrafen, dass die erste Linkskoalition noch nicht zustande gekommen ist und der politische Stillstand sich wohl noch bis ins nächste Jahr hinzieht. Beide Parteien überbieten sich derzeit mit Schilderungen ihrer Kompromissbereitschaft und äußern Enttäuschung über ein ausbleibendes Entgegenkommen der anderen Seite.

 

Kommt bis zum 23. September keine neue Regierung zustande, folgen Neuwahlen. Dazu liegt eine erste Umfrage vor, nach der nur fünf Prozent der Wähler von Sánchez und Iglesias den erneuten Urnengang anstreben. Bei der Partido Popular sind es hingegen 64 Prozent, bei Ciduadanos 52 Prozent und bei der VOX-Partei 79 Prozent der Wähler, die für Neuwahlen votieren.

 

PSOE liebäugelt inzwischen mit dem portugiesischen Modell: Der dortige Ministerpräsident António Costa von der Sozialistischen Partei (SP) regiert mitseinem 17 Minister umfassende Kabinett aus SP und Unabhängigen seit dem 24. November 2015 geduldet von der Partido Comunista Português und dem Bloco de Esquerda, einer der 4. Internationale nahe stehenden Partei.                   

 

Karl-H. Walloch

 

 

 

Kurz notiert

Die Wahrheit ist das Wegzeichen, an dem die Lüge sich ausrichtet.

 

*

 

Hat man einmal erkannt, dass der Mensch unergründlich ist, so ist er leicht zu durchschauen.

 

*

 

Wer die Zukunft sehen will, muss die Gegenwart begraben.

 

*

 

Meine Vorzüge sind nur die Schattenseiten meiner Fehler.

 

*

 

Die Idee lebt im Widerspruch. Fehlt er, ist sie gestorben.

 

*

 

Ein Herz, das nie gebrochen wurde, ist nur ein Muskel.

 

Norbert Büttner

 

 

 

Beeindruckt vom Rotarmisten

Dieses Buch wird viele berühren, die wie Egon Krenz 1945 Kind waren und sich wie er in der sowjetischen Zone Deutschlands und der DDR am antifaschistischen Umbau der Gesellschaft aktiv beteiligten. Bei der politisch-ideologischen Selbstfindung entstanden freundschaftliche Beziehungen zur UdSSR und zu Sowjetbürgern. Krenz war von »seinem« ersten Rotarmisten 1945 beeindruckt. (S. 279) Antifaschismus und deutsch-sowjetische Freundschaft waren Staatsdoktrin der DDR, aber auch Eintracht zwischen Deutschen und Russen.

 

Krenz war ab 1983 Mitglied des Politbüros der SED; Michael Gorbatschow 1985 Generalsekretär der KPdSU. Er, Honecker und Krenz bestimmten damals die DDR-Haltung zur deutschen Frage in Europa, die Haltung der BRD dazu Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Staats- und Regierungschefs der USA, Frankreichs und Großbritanniens.

 

In 27 Abschnitten schildert Krenz, worin die Parteiführungen der KPdSU und der SED übereistimmten beziehungsweise kontroverse Ansichten vertraten. Manches im Umgang miteinander war arg – öffentlich demonstrierte man Brüderlichkeit. Das deutsch-sowjetische Verhältnis spitzte sich zu, als Gorbatschow de facto Honeckers Reise in die BRD verbot. Begründung: »Es geht um unsere Rechte, die im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges entstanden sind. Daran darf nicht gerüttelt werden.« (S. 76). Auch diese Haltung hatte »eine Vorgeschichte« (S. 131), auf die Krenz eingeht. Beide deutsche Regierungen hatten in deutsch-deutschen und auch internationalen Beziehungen eine begrenzte Souveränität. Die »Verantwortung für Deutschland als Ganzes« lag seit Potsdam 1945 bei allen vier Siegern. Die drei Westmächte hatten zum »Besatzungsstatut« vor Annahme des Grundgesetzes der BRD (24. Mai 1949) mit Adenauer noch einen »geheimen Staatsvertrag« abgeschlossen, den alle Bundeskanzler vor ihrem Amtseid unterzeichnen mussten (sogenannter Kanzlerbrief oder Kanzlerakte). Willy Brandt nannte das Dokument einen »Unterwerfungsbrief«, den er nach erster Weigerung doch unterschrieb. (S. 67)

 

Honecker fuhr dennoch 1987 zum Staatsbesuch nach Bonn. Gorbatschow kritisierte auch dessen Reise nach China. »Die Beziehungen der DDR zu China dürften auf keinen Fall besser sein als die Beziehungen der Sowjetunion zu China.« Das 1987 von SED und SPD erarbeitete Papier »Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit« nannte Gorbatschow »vulgär-marxistisch«. (S. 70) An Honeckers Misstrauen gegenüber Gorbatschow ging das enge Verhältnis zwischen Honecker und Krenz »in die Brüche«. (S. 83) Krenz empörten Bruderküsse für die Öffentlichkeit und manche Heimtücke unter vier und mehr Augen. Undurchsichtig wurde, was Gorbatschow mit Kohl verhandelte. In beiden Politbüros wurden die in der Bevölkerung immer offener kritisierten Probleme totgeschwiegen. Details muss man selbst lesen.

 

Der Autor stellt in den Medien kolportierte Falschmeldungen über die Oktobertage 1989 richtig. Will Krenz sich vom eigenen Versagen reinwaschen? Und wenn es so wäre? Er ist ehrlich, was man bei anderen Akteuren 1989 vermisst.

 

War Michael Gorbatschow ein Verräter an der DDR und auch an der Sowjetunion? Oft war er ehrlich und doch ein Heuchler, und das von einem Kommunisten der Sowjetunion, von der wir siegen lernen sollten. Krenz: »Ich gehöre zu den DDR-Bürgern, die nach 1945 mit einem durchweg positiven, heute würde ich sagen: mit einem idealisierten Bild von der Sowjetunion aufwuchsen.« (S. 69)                                 

Wolfgang Triebel

 

Egon Krenz: »Wir und die Russen. Die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau im Herbst ´89«, edition ost, 304 Seiten, 16,99 €

 

Prof. Dr. sc. phil. Wolfgang Triebel, Jahrgang 1930, Neulehrer, Studium Pädagogik, Germanistik, Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin; später Hochschuldozent und Professor für Politikwissenschaft an der HUB; erzwungener Vorruhestand 1990, danach Forschung und Veröffentlichungen über deutsche Nachkriegsgeschichte, Aufbereitung des Nachlasses Otto Grotewohls über deutschen Militarismus und zur Friedenspolitik.

 

 

 

 

Verleger und Autor im Bunde

Es gibt ihn wieder, den Verlag Faber & Faber! Nach acht Jahren Ruhepause nimmt der Sohn Elmar Fabers – Michael – das Unternehmen mit einem ansprechenden Programm wieder auf. Der Briefwechsel zwischen dem Verleger Elmar Faber und dem Schriftsteller Christoph Hein ist ein schönes Dokument jahrzehntelanger Zusammenarbeit und Freundschaft, die damit beginnt, dass der Leiter des volkseigenen Aufbau-Verlags sich alle Mühe gibt, »seinen« Autor gegen die verschiedensten Widerstände durchzusetzen. In seinen Briefen an Hein erklärt er seine Intentionen und Sichten, die der Schriftsteller – zuweilen ironisch – befragt und interpretiert, was wiederum höchst interessante Aspekte des Büchermachens in der DDR zutage bringt. Im Grunde aber sind sie sich einig und sehr sympathisch. Der Verleger mag die Bücher Heins, und der akzeptiert und bewundert die Arbeit des Partners. Spät finden sie zum »Du«. Die Lobreden des Autors auf Verlag und Freund sind beredte Zeugnisse der Wertschätzung.                        

 

Christel Berger

 

 

Christoph Hein/Elmar Faber: »Ich habe einen Anschlag auf Sie vor. Der Briefwechsel«, Faber & Faber,160 Seiten, 22 €

 

 

 

 

 

Erdbeeren und Tomaten

 

Ach, wie schmeckten ehedem

Erdbeer‘n und Tomaten schön.

Heute sind sie nur noch rot,

vom Geschmack her aber tot.

 

 

Überall nur bloßer Schein.

Muss das denn nun wirklich sein?

Überall nur noch Chemie.

Jagt vom Land die Industrie!

 

 

Die macht unsre Bauern platt

und wird selber niemals satt.

Lasst die Erbeer’ Erdbeer’ sein,

manchmal groß und manchmal klein.

 

 

Schnittfest oder auch mal nicht,

wer ist darauf schon erpicht.

Sauber oder mal verdreckt –

Hauptsach’ dass sie wirklich schmeckt.

 

C. T.

 

Zuschriften an die Lokalpresse

Na, das ist endlich mal eine tolle Idee für die Tierliebe und den Klimaschutz! Um den Tieren ihr Dasein vor der qualitativen Verwandlung in Rouladen oder Sauerfleisch lebenswerter zu gestalten und ihre leibliche Veränderung in Vier-Sterne-Gaumenfreuden wenigstens hinauszuzögern, um ihren bedrohlichen Gasausstoß zu senken und ihre Transporte zur Schlachtbank kürzer und bequemer zu machen, wird aktuell eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte ins kneistende Auge gefasst! Es geht also nicht etwa nur um »Bio« oder um die Verträglichkeit von Lebensmitteln, sondern vor allem um die Lebensfreude der Tiere und den Schutz der Umwelt!

Die Augsburger Allgemeine, das neue deutschland, die Berliner Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und andere Tageszeitungen erinnern in ihren Beiträgen dem Sinn nach daran, dass Tiere letztlich auch nur Menschen sind. Die Berliner Zeitung greift sogar eine Debatte der Tierschutzorganisation Peta auf und geht der Frage nach, ob Fische Schmerzen empfinden, wenn sie am Haken zappeln.

 

Unter der Überschrift »Ein rotes Tuch« berichtet die Zeitung an anderer Stelle derselben Ausgabe darüber, dass auf Mallorca nach offensichtlich längerer Unterbrechung die Tauromaquia, also die Stierkämpferkunst, auferstehen soll. Gegner und Befürworter stünden sich gegenüber, aber »kulturelle Gewohnheiten« lassen sich nun einmal schwer aus der Welt schaffen. Da geht es dem organisierten Tiergemetzel nicht anders als der militärischen Kraftmeierei zwischen den Menschen. Die Stiftung Kampfstier in Madrid beruhigte die aufwallenden Gemüter mit dem Hinweis auf das Bedürfnis des Menschen, »sich dem Tod zu nähern, um sich lebendig zu fühlen«. Andere Länder, andere Sitten. Auf diese Logik will ich gern verzichten – dazu genügen mir die täglichen Meldungen von unterschiedlichen Kriegsschauplätzen rund um den Globus. »Warten Sie nicht zu lange, bis es zu spät ist«, warben die Veranstalter für einen Stierkampf, der an einem Freitag im August 2019 in der Arena von Palma de Mallorca veranstaltet werden sollte (zitiert in: Berliner Zeitung 9.8.2019).

 

Wie prophetisch erweist sich dagegen eine rund 100 Jahre zurückliegende Feststellung Kurt Tucholskys: »In Spanien gründeten sie einmal einen Tierschutzverein, der brauchte nötig Geld. Da veranstaltete er für seine Kassen einen großen Stierkampf.« (Kurt Tucholsky: »Schnipsel«, Rowohlt Taschenbuch Verlag 1995) – Werner Weißnicht (47), Quereinsteiger, 55481 Metzenhausen

 

*

 

Da sind die Stadtväter im hessischen Bad Nauheim doch auf eine nützliche Idee gekommen: Der »King of Rock ‘n‘ Roll«, Elvis Presley, wurde zum Ampelmännchen auf einer Fußgängerampel qualifiziert! Schließlich war er einst als US-Soldat im benachbarten Friedberg stationiert! Ich finde es gut, dass die Tagespresse dieses Vorgehen auch anderswo wohlwollend aufgriff, zum Beispiel in Neuruppin oder in Berlin. Bietet die Nachahmung der Idee doch die Möglichkeit, bekannten Persönlichkeiten oder Gästen der Kommunen ein dauerhaftes Denkmal zu setzen beziehungsweise auf ihre Vorbildwirkung hinzuweisen! Und es müsste sich dabei nicht unbedingt nur um Personen der kulturellen Sphäre wie Fontane oder Schinkel handeln, sondern es könnten auch Politiker, Wissenschaftler oder einfach Mitbürger gewürdigt werden, die sich durch ein besonderes soziales Engagement hervorgetan haben! Außerdem bestünde die Chance, durch die Zuordnung in die Grün- oder Rotphase bestimmte Bewertungs-Modi einzubauen! Vielleicht könnte die Eintragung in urbane Ehrenbücher oder die Auszeichnung mit städtischen Ehrenmedaillen auch an eine längere Praxis als Ampelsymbol geknüpft werden – das alles wäre noch einiger parteiübergreifender Überlegungen wert! – Kriemhild Vorschläger (71), Rentnerin, 92705 Leuchtenberg

 

*

 

Unter der Titelzeile »Der Mythos vom Verzicht« widmete sich Die Zeit am 11. Juli dem Umweltschutz und eröffnet eine Serie über den Sinn und Unsinn von Regulierungen und Verboten. Alle Altersgruppen, zahllose Regionalbehörden in allen Himmelsrichtungen, unterschiedlichste soziale Gruppen, Klima-Profis und -Amateure, Parteien und Interessenvertretungen melden sich mit unterschiedlichen Aspekten zu Wort, prangern die insgesamt dürftigen Fortschritte bei der Energieumkehr an und kritisieren die Konkurrenz wegen mangelnder Aktivitäten. Die klassischen Literaten formulierten einst: »Die Botschaft hör‘ ich wohl – allein, mir fehlt der Glaube!«

 

Es gibt wohl kaum ein Periodikum oder ein Regionalblatt, in dem die Klimaveränderung nicht zum ständigen Tagesordnungspunkt gehört. Der dabei vertretene Tenor ist jedoch unterschiedlich. Die Berliner Woche vom 17. Juli rät aus Umweltgründen von Flügen ab und empfiehlt beispielsweise Zugreisen durch Russland und durch China. Das setzt allerdings voraus, dass die Fahrt als Bestandteil des Urlaubs eingeplant wird, sonst bleibt zu wenig Zeit. Auf harschen Widerspruch stößt Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die der Rheinischen Post gegenüber die Anhebung der Luftverkehrsabgabe als notwendig erachtet.

 

Im neuen deutschland vom 18. Juli kommen Leserauffassungen aller Couleur zu Wort. In einer Kolumne verlangt eine Verfasserin unter der Überschrift »Lasst uns die Köter abschaffen!«, die Betreuung und Züchtung von Hunden und Katzen einzustellen. Sie empfiehlt, gegen alle Tierhalter vorzugehen, die ihre Vierbeiner »in einen Park scheißen lassen« und rät, jeden abzustrafen, der »einen Hundekackbeutel verliert«. Dabei wird darauf verwiesen, dass Plastiktüten nicht recycelbar sind.

 

Ich musste erst ein wenig darüber nachdenken, ob das noch als Satire verstanden werden kann. Ein wenig Realitätssinn sollte bei aller Ernsthaftigkeit doch noch bleiben. Dann entschied ich mich abschließend für den Standpunkt eines nd-Lesers vom 19. Juli: »Vergebt mir! Ich bin geflogen!« – Karlheinrich Karfunkel, Freischaffender, 99310 Witzleben                        

 Wolfgang Helfritsch