erstellt mit easyCMS
Titel1814

Die Entführer von Gaza  (Helmut Weidemann)

»Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung.« Mehr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum neuen Gazakrieg nicht zu erklären. Friedensnobelpreisträger Barack Obama und andere Exponenten der westlichen »Werte«-Gemeinschaft sagten diesen Spruch noch auf, als die israelische Armee in beispiellosen Gewaltexzessen tausendfachen Tod und apokalyptische Verwüstung in den Gaza-Streifen bombten.

Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Das war auch die gebetsmühlenartig wiederholte Parole der deutschen Konzernmedien. Spät und widerstrebend räumten sie der Berichterstattung aus Palästina den ersten Platz ein. Während die Zahl der getöteten Palästinenser täglich um 100 anstieg, beklagten sie lautstark den »Hagel von Hamas-Raketen«, der in Israel drei Tote und etliche Gebäudeschäden verursachte. Daß höchste UN-Repräsentanten grobe Verstöße Israels gegen das Völkerrecht anprangerten, erfuhr man bei Al-Jazeera.

Als der israelische Leutnant Hadar Goldin von einem Einsatz nicht zurückgekehrt war, verbreiteten die beflissenen Medien, er sei »entführt« beziehungsweise »gekidnapt« worden. Entführt? Von Kriminellen? Gibt es schon eine Lösegeldforderung? Eine Journalistin von Al-Jazeera fragte den Sprecher der Israelis, Oberstleutnant Peter Lerner, ob Goldin »captured« (gefangengenommen) sei. Er antwortete, der Soldat sei »abducted« (entführt worden). Wir verstehen: Das ist kein Krieg mit Gefallenen, Vermißten, Gefangenen, sondern eine Art Polizeieinsatz gegen kriminelle Ordnungsstörer. Israel gibt die Sprachregelung vor und wir sollen sie uns zu eigen machen.

Der Befund ist symptomatisch. Wir werden desinformiert, manipuliert, indoktriniert wie in vielen Kriegen zuvor. Wenn wir nicht weiter verblödet werden wollen, müssen wir über Änderungen reden: bei den Besitzverhältnissen der Presse, bei den Steuerungsgremien des Fernsehens. Das ZDF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts war deutlich genug (gut 40 Prozent »staatlicher und staatsnaher Mitglieder« in den Gremien des ZDF sind zu viel für einen »staatsfernen Rundfunk«).

1968 wurde gelegentlich die Auslieferung von Zeitungen blockiert, aber das ist aus der Mode gekommen. Juristen raten ab. Die haben ja immer Bedenken.