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Titel192013

Fragen über Fragen  (Werner Ruf)

Unsere Medien und unsere Politikerinnen und Politiker präsentieren unablässig Gewißheiten: Der syrische Diktator ermordet sein eigenes Volk. Nun hat er auch noch Giftgas eingesetzt. Da muß »der Westen« Syrien bombardieren.

Wir sollten diese »Gewißheiten« nicht hinnehmen, sondern Fragen stellen:
Welchen Sinn hat es, auch für einen Diktator, sein Volk zu ermorden? Warum sollte er in einem Augenblick, in dem seine Armee offensichtlich die Oberhand gewinnt, jene »rote Linie« überschreiten, die der US-Präsident vor einem Jahr gesetzt hat?

Warum soll der kriegerische Akt gegen die Regierung Syriens stattfinden, bevor der Bericht des von der UNO entsandten Inspektionsteams vorliegt, das untersuchen soll, ob ein Chemiewaffenangriff stattgefunden hat? Warum ist das Mandat des Inspektionsteams darauf beschränkt, nur das Ob eines Chemiewaffeneinsatzes zu prüfen, nicht aber der Frage nachzugehen, wer diese Waffen eingesetzt hat? Weshalb werden die zahlreichen Berichte, der Giftgaseinsatz sei von den Rebellen ausgegangen, weder von unseren Regierenden noch von den Konzernmedien auch nur erwähnt? Die Obama-Administration erklärt, sie habe »keine Zweifel«, daß das syrische Regime Chemiewaffen eingesetzt habe – warum zeigt sie keine Beweise?

Warum finden sich in Politik und Medien so gut wie keine Hinweise darauf, daß Saudi-Arabien, Katar und wahrscheinlich auch der NATO-Partner Türkei seit über zwei Jahren zum Teil schwere Waffen an die Anti-Assad-Kämpfer liefern und daß – nach Angaben des UNO-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi – rund 40.000 ausländische Kämpfer in Syrien sind?

Warum maßen sich die USA und Frankreich, zwei Ständige Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats das Recht an, außerhalb der Legalität der UNO-Charta zu handeln? Welche Folgen wird diese weitere Internationalisierung des Konflikts für die ganze Region haben?

Warum finden die Einschätzungen führender US-Militärs, die eindringlich vor einem militärischen Schritt warnen, kein Gehör?

Soll die Welt wieder einmal erst Jahre später erfahren, daß die moralische Empörung, die zur Rechtfertigung eines Krieges entfacht wird, auf einer Inszenierung basiert – wie schon beim »Tonkin-Zwischenfall«, bei den vermeintlich ermordeten Babies in kuwaitischen Brutkästen, beim angeblichen Massaker von Raçak, bei der Giftgas-Produktion Saddam Husseins? Sollten wir nicht für immer vor solchen Kriegslügen gewarnt sein, seit Hitler behauptete, die Polen hätten den Sender Gleiwitz überfallen, und damit seine Behauptung rechtfertigte: »Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen«?