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Titel2012

Antworten

Angela Merkel, Politikaktivistin. – Im Zusammenhang mit der Konferenz der ostdeutschen Ministerpräsidenten wurde Ihre Äußerung kolportiert, daß eine Senkung der Stromsteuer nicht auf der Tagungsordnung stehe. Hierzu eine Empfehlung aus der Praxis: Wenn etwas nicht auf der Tagungsordnung steht, dann setzt man es einfach drauf. Schon ist der Einstieg in die Problemlösung geschafft.

Philipp Rösler, vizekanzlernd. – Ihre Kabinettskollegin Ursula von der Leyen macht Ihnen Ärger – der jetzt viel diskutierte Armuts- und Reichtumsbericht aus ihrem Hause sei, so ließen Sie auch die Öffentlichkeit wissen, noch gar nicht »ressortabgestimmt«. Mit Ihrer Zustimmung könne der Bericht nicht rechnen. Die »positiven Trends« der materiellen Entwicklung in der Bundesrepublik kämen darin zu kurz, und außerdem werde einer Umverteilungspolitik keine Absage erklärt. Ihre Aussage verwirrt. Die in dem Bericht gegebenen Informationen zum großen Wachstum von großem Vermögen sind im Sinne Ihrer Partei doch positiv zu werten und dieser schöne Erfolg der Marktwirtschaft ist gerade auch einer Umverteilungspolitik zu verdanken, zu der neben CDU/CSU, SPD und Grünen die FDP ihren ansehnlichen Beitrag geleistet hat.

Thomas de Maizière, Militärexperte. – Sie haben die unbemannte Kampfdrohne, der auch schon Zivilisten zum Opfer gefallen sind, eine »ethisch neutrale Waffe« genannt, was immer darunter zu verstehen ist und was Sie Vielschwätzer wohl selbst nicht genau wissen. Vielleicht hat der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold das Richtige getroffen, als er das Mordinstrument, das vom Schreibtisch aus bedient werden kann (s. Ossietzky 18/12) mit den Worten bejubelte, mit ihr werde der Bundeswehr »auf einer langen Zeitschiene die Fähigkeit gegeben, die moderne Streitkräfte brauchen« und die Schützen seelisch nicht belastet. Na also.

Stefan Raab, Demokratielehrer. – Zweifel breiteten sich aus, ob die Politik überhaupt noch auf teilnehmendes Interesse beim Volk, dem jüngeren zumal, rechnen könne. Nun haben Sie ein pädagogisches Heilmittel vorbereitet: »Meinung muß sich wieder lohnen« wird Ihre neue, nun politische Show heißen, und wer unter Ihren Talkern die telefonische Zustimmung einer absoluten Mehrheit Ihrer zuschauenden und zuhörenden Fans bekommt, kann 100.000 Euro einstreichen. Als televisionäre Meinungsanbieter haben Sie vorgesehen: zwei bis drei Profipolitiker, einen Promi und einen »Normalbürger«. Aber ist diese Aufstellung didaktisch hinreichend durchdacht? Wie wollen Sie diesen einen Normalbürger ausfindig machen und feststellen, ob er tatsächlich normal ist? Zudem kann das Verheißungsvolle in Ihrem Sendetitel so manche Enttäuschung und auch Ärger hervorrufen. Da gibt es womöglich unzählige Normalbürger mit einer bei einem Zufallspublikum über 50 Prozent zustimmungsfähigen politischen Meinung – die sich aber dann doch nicht lohnt, weil für sie der Schotter von ProSieben ausbleibt. Und dann die Profipolitiker und der Promi: Es kann ja sein, daß einer von ihnen das Meinungsrennen macht. Ein Promi, je nach Einkommen, wird vielleicht seine 100.000 Euro den Normalbürgern gemeinnützig weitergeben, aber nicht jeder Politprofessionelle kann sich eine solche Geste leisten; soviel Aufsichtsratsposten in Wirtschaftsunternehmen warten ja nicht auf Ex-PolitikerInnen. Unangenehmer noch: Da äußern bei Ihnen dann Talkgäste freiweg ihre Meinungen, vielleicht ganz vernünftige, und die Mehrheitsakklamation bleibt aus. Diese Meinungen haben sich nicht gelohnt – der Titel Ihrer Sendung verspricht etwas, das er nicht einlösen kann. Also bitte korrigieren in: »Manche Meinung kann sich lohnen«. Das aber ist nicht originell, spätestens seit dem Honorar, das Thilo Sarrazin einheimste, weiß das jeder.

Thomas de Maizière, Dirk Niebel, Guido Westerwelle, an einem Strick ziehend. –
Ressortübergreifend haben Sie neue Leitlinien für deutsches Engagement in fremden Ländern verkündet – in »fragilen« Ländern, so Ihre neue Begrifflichkeit. »Verteidigungs«-, »Entwicklungs«- und Außenpolitik sollen als »task force« (in Deutsch: Kampfgruppe) bei solchen Einsätzen zusammenwirken. Auf dem Programm stehe nicht mehr der Export westlicher Demokratiemuster, der unrealistisch sein könne. »Stabilität« solle erreicht werden, und die müsse »auf lokalen Legitimitätsvorstellungen beruhen«. Eine »pragmatische« Vorgehensweise sei beabsichtigt, jedoch unter Berücksichtigung »eigener Werte und Interessen«. Ein weites Feld, das Sie da für militärische Interventionen mit ziviler Begleitung ins Auge fassen. Wie leicht kann ein Land zerbrechlich erscheinen, womöglich muß es dann zerbrochen werden. An dieser oder jener lokalen Legitimierungshilfe wird es nicht fehlen, und wenn alles erfolgreich verläuft, stabilisiert sich auch der Wert dieses Landes für auswärtige Interessenten. Neu ist dieses Konzept nicht, man denke an die Fragilitäten in den Fällen Jugoslawien, Irak, Afghanistan, Libyen – nur mit der Demokratisierung wollte es mancherorts nicht so recht funktionieren, also wollen Sie in Zukunft darauf nicht mehr Bezug nehmen. Das macht auch den Umgang mit Staaten leichter, die nicht fragil sind, zum Beispiel wenn sie um Lieferung von Leoparden nachsuchen.

Finanzexperten. – Ende der 1980er Jahre erklärten Sie uns, die DDR sei marode: Mit 40 Milliarden Mark Schulden sei sie nicht überlebensfähig und müsse daher abgewickelt werden. Nun hat die BRD mehr als vier Billionen Euro Schulden. Was tun?