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Titel222013

Rechtsextreme mit Problemen zündeln gerne  (Sabine Schiffer)

Rechtsextreme sind auch nur Menschen. Und Menschen haben Probleme. Manchmal sind die persönlichen Probleme Rechtsextremer so erdrückend, daß sie sich im entscheidenden Moment selbst umbringen. So geschehen kürzlich in der Nähe von Stuttgart – jedenfalls behauptet das die Polizei. Florian H., der wenig später eine Zeugenaussage im Landeskriminalamt machen sollte, verbrannte im Peugeot seines Vaters, mit dem er auf dem Weg zur Vernehmung war. Kurz vor dem Ziel hatte er angehalten und war ausgestiegen – an den Cannstatter Wasen in der Einfahrt jenes Campingplatzes, auf dem der sogenannte NSU Ferien gemacht haben soll. Und um den sogenannten NSU beziehungsweise dessen weiteres Umfeld sollte es bei dem erneuten Gespräch mit Florian H. gehen. Es ging um nichts weniger als die von ihm erwähnte Existenz weiterer Neonazigruppen, die mit dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter zu tun haben sollten. Zeugen vom Campingplatz berichten von einer Explosion, nachdem der potentielle Zeuge wieder ins Auto eingestiegen war. Erstaunlich schnell – noch bevor ausreichende Untersuchungen oder überhaupt Untersuchungen durchgeführt werden konnten – kam die (nicht) ermittelnde Polizei zu dem Schluß: Selbstmord auf Grund von »Beziehungsproblemen«.

Ähnliche Probleme müssen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gehabt haben, als sie sich nach einem erfolgreichen Banküberfall am 4. November 2011 selbst töteten und dann ebenfalls irgendwie abbrannten. Denn auch sie waren Rechtsextreme, die kurz vor der Entdeckung standen. Auch sie hätten weitergehende Aussagen machen können. Ob sich Beate Zschäpe der Polizei stellte, weil sie auch befürchtete, einem Selbstmord zum Opfer zu fallen, wird sie vermutlich ebenso wenig äußern wie anderes – vielleicht aus Selbstschutzgründen?

Stellen konnte sich der Oktoberfestattentäter Gundolf Köhler, der mit der selbst deponierten Bombe hochging, nicht mehr. Der am 26. September 1980 verübte größte Terroranschlag in der Bundesrepublik Deutschland hat nie den Weg in das Kollektivgedächtnis der Bürger geschafft. Die jährliche Gedenkfeier an der Stelle des Todes und der Verletzung vieler Wiesnbesucher findet bis heute nur im kleinen Kreis statt und bleibt von der Berichterstattung weitestgehend verschont. Auch Köhler hat angeblich nicht etwa eine politische Tat begangen oder ist selbst Opfer eines Komplotts geworden, nein, auch er soll aus persönlichen Motiven gehandelt haben: Frustration wegen seiner Homosexualität und Haß auf die ihn ablehnende Allgemeinheit. Grund genug und als Erklärung ausreichend, um quasi eine Art Selbstmord mit explosiver Selbstüberhöhung zu begehen und andere mit den Tod zu reißen.

Wichtig also, daß Herr Temme – »Verfassungsschützer« und »Zufallszeuge« beim »NSU«-Mord an Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé – sich seiner Gedächtnislücken erinnert. Sonst könnte auch ihm der Selbstmord drohen.