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Titel2314

Antworten

Tomasz Siemoniak, Militärminister Polens. – Vor höheren Offizieren der Bundeswehr haben Sie die nächsten Schritte der polnischen Regierung im Konflikt mit Rußland beschrieben: massive Steigerung des Rüstungshaushaltes, Verstärkung der militärischen Kräfte an der östlichen Grenze Polens, Engagement für ein Vorrücken der NATO weiter nach Osten. Daß dies gegen die NATO-Rußland-Grundakte von 1997 verstößt, erwähnten Sie nicht. Rußland, stellten Sie heraus, sei ein Aggressor, unvermeidlicherweise, denn es habe mit Demokratie nichts im Sinn. Und dann wörtlich: »Nur Demokratien führen keine Kriege.« Vermutlich wollten Sie sagen: keine Angriffskriege. Denn Anhänger der Gewaltlosigkeit sind Sie ja nicht. Aber auch eine solche Aussage versetzt uns in tiefe Nachdenklichkeit. Die Vereinigten Staaten von Amerika beispielsweise, so könnten wir, die Geschichte bedenkend, erschreckt schlußfolgern, seien keine Demokratie, nicht wirklich. Die deutsche Militärministerin, so wurde berichtet, habe Ihnen für Ihre »klaren Worte« gedankt.

Dieter Stein, neurechter Chefredakteur. –
In Ossietzky 22/14 haben wir Ihnen auf S. 772/773 neun Zeilen untergeschoben, die gar nicht an Sie gerichtet waren, sondern an Herrn Maas; ein Versehen, für daß wir uns bei unseren LeserInnen entschuldigen. Hier die korrekte Antwort an Herrn Maas:

Heiko Maas, Mann mit Durchblick. – Zur selben Zeit, da der dienstälteste Generalstaatsanwalt der Bundesrepublik, Erardo C. Rautenberg, in dem Fachblatt Neue Justiz eine Demontage des 1968 verstorbenen hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer beklagt, hat das von Ihnen geführte Bundesjustizministerium einen »Fritz Bauer Studienpreis für Menschenrechte und juristische Zeitgeschichte« ins Leben gerufen. Der Preis erinnert an den Initiator des Auschwitz-Prozesses, dessen historische Leistung in jüngster Zeit in Frage gestellt wird. Mit dem Preis sollen herausragende Arbeiten des rechtswissenschaftlichen Nachwuchses ausgezeichnet werden, die sich mit Leben, Werk oder Lebensthemen Fritz Bauers befassen.

Wladimir Putin, an allem schuld. – Jetzt haben Sie auch noch angeordnet, daß in Rußland nicht mehr zwischen Sommer- und Winterzeit gewechselt wird. Selbstverständlich wird sich die westliche Wertegemeinschaft von Ihnen nicht – nein, von Ihnen schon gar nicht – davon abbringen lassen, in jedem Frühjahr die Uhren vor- und sie im Herbst zurückzustellen. Und sich jedesmal über diesen Zwang zu ärgern.

Conrad Müller, Erich-Mühsam-Gesellschaft, Lübeck. – Als Vorsitzender der Gesellschaft sollen Sie, wie wir den Lübecker Nachrichten entnehmen konnten, Klarheit über Mühsam geschaffen haben: »Er hat sich selbst durch seine antibürgerliche und vitalistische Lebensweise in Konflikt zur Gesellschaft gebracht!« So viel Sex – da hatte die Gesellschaft wohl Gründe zurückzuschlagen, oder? Wie dem auch sei, für den 22./23. November haben Sie wieder zu einer vielversprechenden Tagung nach Lübeck eingeladen. Thema: »... auf der Suche nach dem revolutionären Subjekt – Erich Mühsam und die Gruppe Tat«. Die Referenten befassen sich unter anderem mit Mühsams Beziehungen zu Leonhard Frank, Oskar Maria Graf und Karl Otten.

Joachim Gauck, um Thüringen besorgt. – Öffentlich-rechtlich und televisionär haben Sie sich darum bemüht, die Wahl eines linksparteilichen Politikers zum thüringischen Ministerpräsidenten zu verhindern. Wen könnte das überraschen? Dennoch kam in den Reihen von sozialdemokratischen und grünen Politikern sanfte, in der Partei Die Linke empörte Kritik auf – von der »unparteiischen« Amtsführung seien Sie abgewichen. Aber Partei ergriffen haben Sie doch schon längst und häufig, in weitaus wichtigeren Fragen deutscher Politik. Das Bundesverfassungsgericht, darauf berufen sich Ihre Kritiker, habe Ihnen eine »Integrationsfunktion« zugewiesen, der seien Sie diesmal nicht gerecht geworden. Diesem Argument schließen wir uns nicht an. Wir möchten nämlich von Ihnen nicht integriert werden, keinesfalls.

Angela Merkel, Vielleicht-Christin. – Wir dürfen Sie zitieren: »Die Abschiebung von Flüchtlingen ist vielleicht auf den ersten Blick nicht christlich, aber vielleicht ist es noch weniger christlich, wenn wir zu viele aufnehmen und dann keinen Platz mehr haben für die wirklich Verfolgten.« So haben Sie Ihre Position formuliert bei einer Ansprache in der Kirche von Templin, dem Ort Ihrer Konfirmation. Die Tageszeitung Welt nannte diese Aussage »mutig und klar«. Das setzt uns in Erstaunen. Vielleicht nämlich stellt sich auf den zweiten Blick erst recht heraus, daß es unchristlich ist, Zuflucht suchende Menschen ins Elend zurückzuschicken. Vielleicht hängen die Auffassungen darüber auch davon ab, was man unter »christlich« versteht. Vielleicht hätte die Bundesrepublik durchaus noch mehr Platz für Flüchtlinge und Verfolgte, es gibt ja keine irdische oder göttliche gesetzliche Vorgabe, wieviel Raum ein Staat den Bedrängten maximal geben soll. Und vielleicht haben Sie gedacht: Abschiebepolitik – die ist o. k.; aber meine Partei führt das Christentum im Namen, außerdem gibt es christliche Gemeinden, die unruhestiftend Kirchenasyl gewähren; also sind unklare Formulierungen von Nutzen. Hauptsache, sie wirken irgendwie bestätigend für die regierende Politik, und für die gibt es kein »Vielleicht«. Physikalisch kommt Ihr schlagendes Argument daher, der Verweis auf den Platzmangel. Im Konfirmandenunterricht hingegen wird Metaphysisches gelehrt – der liegt freilich in Ihrem Fall schon weit zurück.