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Titel2515

Torsten Zwingenberger und die Band »Berlin 21«  (Anja Röhl)

Ausgesprochen originell ist die kürzlich in der Fürstenwalder Kulturfabrik aufgetretene Jazzband »Berlin 21«, ein Quartett (Schlagzeug, Kontrabass, Klavier, Gitarre), an diesem Abend als Trio, ohne den Gitarristen spielend. Eine Sensation innerhalb des Ensembles und gleichzeitig Bandleader ist Torsten Zwingenberger, ein in Hamburg geborener, seit 1979 in Berlin (West) lebender Künstler, dessen Schlagzeug fast ein Drittel der Bühne einnimmt.

Wo andere nur Becken, Drums und Snare um sich gruppieren, finden sich bei ihm die phantastischsten Multikonstruktionen, die er in atemberaubender Geschwindigkeit, nicht nur mit Händen und Füßen, sondern mit seinem gesamten Körper bedient. Da stehen links von ihm unten und an einen Hocker geklemmt und gebunden afrikanische Trommeln, die bedient er mit dem linken Fuß. Daneben sieht es aus wie im Fahrradladen, denn da finden sich hinter dem linken Fußpedal, vor und neben ihm weitere Pedale, die über Zahnradkonstruktionen mit davor, dahinter und daneben stehenden Instrumenten, Rasseln, Schellenkreisen und einer Kuhglocke verbunden sind. Zwingenberger sitzt auf einer Cajón, einer Kistentrommel, die er mit der Hacke seines rechten Fußes bedient. Rechts neben ihm liegen auf einem Tablett zahllose kleine Kinderrasseln, die die putzigsten Geräusche machen, diese schlägt er mal frei in der Luft, mal lässt er sie über die zahllosen Becken laufen.


Der Mann ist originell. Sein Spiel ist es dann auch: virtuos, leidenschaftlich, wahrhaftig und gekonnt. Man kann nicht eine Minute weghören. Wie gebannt ist man von dieser Truppe, die nicht aus drei, sondern aus dreißig Musikern zu bestehen scheint. Und dabei bleiben es doch nur diese drei, die, wie im Jazz üblich, die ganze Zeit in einem engen und innigen Kontakt miteinander stehen, sie lachen zusammen, sie antworten einander, sie unterhalten sich, sie schmunzeln über sich und die Welt – alles mit ihrer Musik, die sie in diesem Moment, mit- und füreinander und wie ein Geschenk für ihr Publikum um eine komponierte Linie herum fortwährend neu improvisieren.


Auch der Pianist ist ein wahres Wunder, seine Hände scheinen einander zu jagen, sie rasen, sie sind nicht zu bändigen, gleichzeitig sind aber auch die zartesten Töne zu hören.


Der Kontrabassist in der Mitte swingt zunächst mal so, mal so mit, kommt dann aber in seinen Soli, die sich anhören, als weine jemand, dermaßen in Fahrt, dass auch er standing ovations bekommt.


Da hatte die Kultur der Stadt Fürstenwalde mal wieder eine ihrer Sternstunden, dass solche Künstler hier auftreten konnten und dann auch noch vor einem vollen Saal, mit ungeheurem Beifall, mit drei Zugaben und einem absolut begeisterten tollen Publikum, das haben wir mal wieder der Kulturfabrik (Räumlichkeiten, Werbung, Know-how) und dem Jazzclub Fürstenwalde mit seinen etwa 25 Mitgliedern zu verdanken, die die Band ausgesucht haben. Vor einigen Wochen hatte der Jazzclub schon die Fürstenwalder Jazztage mit einem fulminanten Abschlusskonzert (Jocelyn B. Smith) im Dom ausgerichtet, der bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Wie gebannt saß das Publikum und starrte auf die vorn sich in Trance spielenden Künstler, die mit großer Leidenschaft sämtliche Schattierungen aller Gefühle in Musik verwandeln konnten und dabei, wie sie selbst beschrieben, in den amerikanischen Jazz feine Elemente von Musik aus Afrika, aus Kuba und sogar aus dem Kaukasus mit einspielten.