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Titel617

Antworten

Reinhold Becker, Vorsitzender Richter der 5. Zivilkammer des Kölner Landgerichts. – Der 20-jährige Rom Nenad Mihailović hat das Land Nordrhein-Westfalen verklagt, weil er elf Jahre lang zum Besuch einer Förderschule für geistig Behinderte gezwungen wurde, obwohl er keineswegs behindert ist. Sie müssen nun entscheiden, ob dem Jungen Unrecht getan wurde und er Anspruch auf Entschädigung hat. In der Presse werden Sie mit dem Seufzer zitiert: »Das alles ist für uns schwierig zu beurteilen.« Schließlich hätte der Junge ja auch in der Regelschule scheitern können – »schwierige Familienverhältnisse«: ein kranker Vater, fünf Geschwister. »Ist eine Schule dafür da, Defizite, die das Elternhaus mitbringt, auszugleichen?« so Ihre Frage. Merkwürdig, dass Ihnen sofort angebliche familiäre »Defizite« einfallen. Sie hätten auch fragen können: Wenn ein Roma-Kind so hartnäckig als »geistig behindert« eingestuft und ihm die Chance auf normale Bildung verweigert wird, liegt dann nicht ein Fall rassistischer Diskriminierung vor? Und muss nicht jede Stelle, auch die Schule, alles tun, um eine solche Diskriminierung auszuschließen? Oder wissen Sie nicht, dass zu dem weit verbreiteten rassistischen Stereotyp über »Zigeuner« auch die Lüge von einer genetisch bedingten Neigung zum Schwachsinn gehört? Und dass infolgedessen immer noch Kinder aus Sinti- und Roma-Familien weit hemmungsloser in Förderschulen sortiert werden als Kinder aus der Mehrheitsgesellschaft?

 

Andreas Bönte, stellvertretender Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks. – Ihre engagierte Moderation des »Tags der Quellen« im Münchner Volkstheater, bei dem sich zahlreiche Jugendliche mit Geschichte und Verfolgung der Sinti und Roma beschäftigten, und die im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlte Dokumentation des dazugehörigen Zeitzeugengesprächs hat starken Eindruck hinterlassen. So starken, dass Ihnen in Ossietzky Nr. 5/2017 auch gleich noch die »Münchner Runde« am 17. Februar zugeschrieben wurde. Das war falsch. Das Interview mit Horst Seehofer in der »Münchner Runde« wurde nicht von Ihnen, sondern von Chefredakteur Sigmund Gottlieb geführt.