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Das Geld bleibt bei Bertelsmann  (Arno Klönne)

Wirklich eine Spitzenfrau: Liz Mohn leitet das weitverzweigte Bertelsmann-Imperium, nach dem Testament ihres verstorbenen Mannes bis zu ihrem 75. Geburtstag. Für die Nachfolge stehen ihre Kinder Christoph und Brigitte bereit. Brigitte Mohn, jetzt bereits im Aufsichtsrat der Bertelsmann AG und im Vorstand der Bertelsmann-Stiftung tätig, nimmt sich offenbar ein Vorbild an ihrem Vater, sie philosophiert gern über gesellschaftliche Reformen, so neulich beim Verband der Unternehmerinnen Deutschlands.

Bislang unbekannte Herausforderungen kämen auf die Deutschen zu, trug sie vor; da müßten neue Formen der Kooperation von Staat, Wirtschaft und »Zivilgesellschaft« entwickelt werden. Zum Beispiel: Wenn ein bisher als kommunale Einrichtung betriebenes Krankenhaus mangels Finanzen in der Gemeindekasse nicht mehr weitergeführt werden könne, müßten eben »die Bürger selbst es übernehmen«. Es versteht sich, daß die Bürger dabei erfahrene Berater, solvente Mitbetreiber und Investoren brauchen, auch Stifter. Durch stifterisches Engagement, so Brigitte Mohn, könnten Unternehmerfamilien »etwas an die Gesellschaft zurückgeben«, durchaus auch in eigenem Interesse, denn »Social Sponsoring« diene auch dem unternehmerischen Image und den Kundenbeziehungen. Allerdings, wenn Unternehmen stiften, sei »das Geld weg«. Deshalb seien weitere Steuererleichterungen für stiftende Konzerne fällig.

Verarmen freilich, sei hier angemerkt, muß eine stiftende Unternehmerfamilie nicht, wie das Beispiel Mohn zeigt. In der Rangtafel der Milliardäre hat sich Liz Mohn hochgearbeitet, wie neulich das Magazin Forbes meldete; sie verfügt jetzt über 4,4 Milliarden Dollar Vermögen. Im übrigen tun sich, um das Beispiel von Brigitte Mohn aufzugreifen, beim Stiften interessante Möglichkeiten auf: Mal angenommen, ein Krankenhaus soll in Bürgerhand überführt werden, so braucht dieser Prozeß ja sachverständige Hilfe. Die Bertelsmann-Stiftung beteiligt sich gern als Ratgeberin, und die Bertelsmann AG in Gestalt der Tochtergesellschaft Arvato ist gern bereit, die geschäftliche Administration zu übernehmen.

Beim unternehmerischen Stiften, wird häufig verlangt, müsse mehr auf »Effizienz« geachtet werden, »ergebnisorientiert« müsse es angelegt sein. Um vermögenden privaten Sponsoren und stiftenden Konzernen bei ihrem Engagement Orientierungshilfen zu geben, gründet jetzt die Bertelsmann-Stiftung »Phineo«, eine gemeinnützige AG mit der Deutschen Börse und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG als Partnern. »Phineo« soll Daten über unterstützungswürdige gemeinnützige Projekte bereithalten, Rating zur »Nachfrage« von Spenden betreiben und Sponsoren beraten, wo ihr Geld zweckmäßigerweise hinfließt. »Phineo« will auch Spenden vermitteln und abwickeln, »wie eine Art Broker« zwischen Stiftern oder Spendern und den empfangenden Einrichtungen und Organisationen, schreibt das Manager-Magazin.

So läßt sich steuern, daß »Social Sponsoring« nicht aus dem Ruder läuft, sondern daß eine »gesellschaftliche Effizienz« erreicht wird, wie die Familie Mohn sie im Sinne hat. Da kommt kein Geld weg, im Gegenteil.

Schöne neue »Bürgergesellschaft«, mit Gütersloh als Hauptstadt.