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Titel0909

Antworten

Rolf Plessner, Ostermarschierer, Siegen. – Sie nehmen Anstoß an der Parole »Nie wieder Krieg!«, die Sie selbst, wie Sie uns schreiben, viele Jahre lang zur Friedensarbeit motiviert hat. Inzwischen habe sich einiges geändert. Spätestens seit dem Serbienkrieg sei Deutschland wieder an Kriegen beteiligt, und deshalb sei die Parole »Nie wieder Krieg!« so irreführend wie die Begriffe »Verteidigungsminister« oder »Verteidigungsbündnis«. Jetzt seien andere Forderungen zu stellen: Die Kriege beenden! Die deutschen Soldaten aus den angegriffenen Ländern zurückholen! Rüstungsexporte einstellen! Deutschland atomwaffenfrei machen! Beiträge zu Frieden und Gerechtigkeit leisten! Wir stimmen Ihnen zu: Die Friedensbewegung soll möglichst konkrete Forderungen stellen und die Verlogenheit der Kriegspolitiker aufdecken. 1999 behauptete der damalige Bundeskanzler Schröder zu Beginn des NATO-Überfalls auf Jugoslawien: »Wir führen keinen Krieg«, und ähnlich spricht der heutige Bundesangriffsminister Jung über den Krieg in Afghanistan. Besonders beliebt bei regierenden Politikern, Konzernmedien, führenden Militärs und Rüstungsindustriellen ist der Begriff »friedenschaffende Maßnahmen«. Wer denkt da an Verbrechen?

Max Löffler, noch ganz grün –
Als Vorstandssprecher der »Grünen Jugend« haben Sie der Führung Ihrer Partei gedroht: »Sollte sie Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit CDU oder FDP durchblicken lassen, stellen wir unseren Wahlkampf sofort ein.« Bei allem Respekt für Ihre Unbotmäßigkeit – da fehlt es Ihnen an Durchblick. Keiner Ihrer Parteioberen hat Scheu vor einem Regierungsbündnis mit der FDP, und auch der Union sind doch viele Grüne längst grün, die Zusammenarbeit muß ja nicht gleich auf Bundesebene stattfinden. Wir empfehlen Ihnen die Lektüre der Frankfurter Allgemeinen, wo, ironisierend zwar, aber durchaus analytisch, das Grundmotiv für grün-gelbe Zuneigungen beschrieben ist: »In der Wirtschaftspolitik, sieht man von mancher rhetorischen Übertreibung der Neoliberalen und mancher Träumerei der Ökologen ab, beschränken sich die Unterschiede auf die Frage, wie hoch besteuert der Sprit für die oberen Mittelklassewagen denn sein solle, den die meisten Wähler beider Parteien fahren.«

Guido Westerwelle, eine Hintertür offen haltend. – Sie werden jetzt ständig gefragt, mit wem Sie nach der Bundestagswahl eine Koalition bilden wollen. Eigentlich überflüssig – denn Ihre Vorliebe für die Union als Partnerin haben Sie oft genug erklärt. Aber wenn dieses Wunschergebnis nicht zustandekommt, wäre dann für Sie auch ein Regierungsbündnis mit der SPD denkbar? Ihre Antwort: »Mit diesem SPD-Programm nicht.« Klug formuliert, denn ohne Zweifel wäre die Sozialdemokratie, wenn sie mit Ihnen zusammen regieren kann, bereit, ihr Wahlprogramm zu den Akten zu legen. Vor der Wahl ist nicht nach der Wahl.

Hannelore Kraft, meierisch. – Sie führen die SPD in Nordrhein-Westfalen an und gaben auf deren Landesparteitag als Parole aus: »Dieser Kapitalismus darf nicht lackiert werden, er gehört in die Mülltonne der Geschichte.« Als Spitzenkandidaten der NRW-SPD für die Bundestagswahl wurden erkoren: Franz Müntefering, Angelica Schwall, Peer Steinbrück, Ulla Schmidt. Mit diesen bewährten Kräften also wollen Sie das kapitalistische System entsorgen. Was aber, wenn die Kapitalbesitzer etwa nicht mitmachen wollen? In Erwägung zu ziehen wäre eine Abwrackprämie: Weg mit »diesem« Kapitalismus, her mit dem neuesten kapitalistischen Modell, bei der SPD zu erwerben.
Gesine Schwan, zu Unrecht beschimpft. – Kommentatoren und Parteipolitiker, bis in Ihre eigene Partei hinein, sind über Sie hergefallen, weil Sie erklärt haben, Sie könnten sich »vorstellen, daß die Wut der Menschen deutlich wachsen könnte« – wenn die Krisenfolgen den sozialen Problemdruck steigern. Man hat Sie mißverstanden. Sie wollen beileibe nicht als Unruhestifterin wirken, sondern im Gegenteil dazu auffordern, soziale Wut in die gewohnten Bahnen des Parteien- und Parlamentsbetriebs zu lenken, um sie dort ruhig zu stellen. Wie es auch Ihre Parteifreunde in Gewerkschaftsvorständen sagen: Es komme ihnen darauf an, »soziale Unruhen zu verhindern«.