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Titel318

Monatsrückblick: Gerade schwer einzuordnen  (Jane Zahn)

Die Türkei bombardiert den selbstverwalteten kurdischen Kanton Afrin im äußersten Nordwesten Syriens und marschiert dort mit ihren Truppen (das heißt vor allem islamistischen Kampfgruppen) ein. Das nennt sie »Operation Olivenzweig« – denn selbstverständlich will sie nichts als Frieden und Ruhe: Friedhofsruhe in kurdischen Gebieten. Die Vision eines autonomen Kurdistans – seit neuestem unterstützt von den USA – ist der reinste Horror für die türkische Regierung, da riskiert sie sogar den Streit mit den USA. Erdoğan ist geradezu auf Krawall gebürstet: »Wie lange seid ihr denn schon in Afghanistan? Und ist die Sache im Irak etwa vorbei?« so reagierte er auf die Aufforderung der USA, möglichst bald aus dem Norden Syriens abzuziehen. (MAZ, 23.01.18)

 

Und die Bundesregierung? Die kann »das türkische Vorgehen mangels eines vollständigen Lagebildes gerade völkerrechtlich nicht einordnen«, meinte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Maria Adebahr, am 22. Januar in einer Pressekonferenz. Bei der Krim war es ihr erheblich leichter gefallen.

 

Das ist so eine Sache mit dem Einordnen. Ich kann das gut nachvollziehen. Ich kann gerade auch nicht einordnen, was die SPD treibt.

 

Der SPD Parteitag entscheidet knapp für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Von den Rednern waren die meisten sowieso dafür, da ist die Parteitagsregie schon hinterher. Aber was soll die SPD auch machen? Sie trägt nun mal gern die Verantwortung für jedes Desaster, das ihr in die Quere kommt, vom Ersten Weltkrieg bis zu Jugoslawien, von den Notstandsgesetzen bis zu Hartz IV. Von »Ab morgen kriegen sie in die Fresse«-Nahles kam jetzt das Versprechen, zu verhandeln »bis es quietscht«. Was da wohl quietscht? Jede Wette, es ist Frau Nahles.

 

In den Sondierungsgesprächen hat nichts gequietscht, die SPD hat nur mal gemault, weil Herr Laschet zu schnell ausposaunt hat, dass die GroKo bereits im Vorfeld die Klimaziele entsorgt hat. »Wir bekennen uns zu den Klimazielen 2020, 2030 und 2050«, heißt es zwar, aber: Bekennen kostet ja nix. »Die Handlungslücke zur Erreichung des Klimazieles 2020 wollen wir so schnell wie möglich schließen. Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen.« Das hält vieles offen – vor allem das Ziel einer Minderung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2020. Denn mit den bisherigen Mitteln kann das nicht erreicht werden. Wir sind gerade mal bei 27,5 Prozent. »Bis Ende 2018 soll ein Aktionsprogramm mit Maßnahmen erarbeitet werden, um die Lücke zur Erreichung des 40-Prozent-Reduktionsziels bis 2020 so weit wie möglich zu reduzieren.« (jW 17.1.18) So weit wie möglich ...

 

Ethische Grenzen sind auch nur so weit wie möglich einzuhalten: Laborversuche mit Affen, wie giftig Dieselabgase sind? Nein, das ist unethisch! Feldversuche mit Menschen in deutschen Städten? Das versteht sich von selbst! »Ein moderner Diesel reinigt sozusagen in manchen Situationen die Luft«, hatte vor fünf Jahren der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, Ulrich Eichhorn, noch von sich gegeben. (jW 31.01.18) Heute wird ein Manager gefeuert, weil es Laborversuche mit Affen gab – geht es noch verlogener?

 

Ja! Am 18. Januar lagen drei Anträge an den Bundestag vor: Der Bundestag möge beschließen, den Familiennachzug für »subsidiär geschützte« Flüchtlinge, also vor allem Kriegsflüchtlinge aus Syrien, weiter auszusetzen: a) in alle Ewigkeit (AfD), b) weitere zwei Jahre (CSU), c) bis zu einer Neuregelung, die am 31. Juli 2018 in Kraft treten soll (SPD) und den monatlichen Zuzug auf 1000 Menschen beschränkt. Angehörige von Flüchtlingen, die es bis nach Deutschland geschafft haben (»Wir schaffen das!«), bleiben also im Kriegsgebiet oder in Flüchtlingslagern in dessen Nähe, die vom UNHCR ungenügend versorgt werden können, weil unter anderem Deutschland nicht genügend Geld zur Verfügung stellt. Das ist natürlich nicht unmenschlich und verfassungswidrig, sondern dient der Abschreckung! Wo kämen wir denn hin, wenn Kriegsflüchtlinge hier bei uns mit ihren Kindern, Ehepartnern oder Eltern in Frieden leben könnten, ohne ständige Angst um sie, ohne Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit? Die könnten sich hier vielleicht sogar wohlfühlen und fußballspielende Ministranten werden! Ein Alptraum! Einzuordnen ist das allerdings leicht: Weg vom Grundgesetz, weit nach rechts.