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Titel417

Antworten

Gaby Weber, hartnäckig recherchierende Journalistin. – Alle Achtung, Sie haben geschafft, was nur wenigen Bundesbürgern gelingt: Nicht zuletzt wegen Ihnen wurde ein Gesetz geändert. Leider nicht zu Ihren und der Bürger Gunsten. Gemäß Bundesarchivgesetz mussten bisher alle Bundesbehörden wichtige ältere Akten dem Bundesarchiv zur Archivierung überlassen. Dort können sie dann von Journalistinnen und Wissenschaftlern bei Recherchen eingesehen werden. Doch Sie verlangen, dass auch Bundesminister und -kanzler ihre früheren Akten nicht in privaten Parteiarchiven verstecken dürfen, sondern dem Bundesarchiv überlassen müssen. Und Sie nehmen das Archivgesetz so wörtlich, dass Sie meinen, Behörden wie der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz müssten ihre jahrzehntealten Unterlagen ebenfalls zuletzt ans Bundesarchiv abgeben. Sie haben sogar Klage dazu eingereicht. Bei solcher Gefahr im Verzug haben Bundespolitiker im Januar gehandelt: Mit den Stimmen von SPD und CDU/CSU hat der Bundestag das Bundesarchivgesetz ein wenig nutzerfreundlicher gestaltet, dabei aber auch so geändert, dass es künftig den Geheimdiensten überlassen bleibt, ob und welche Akten sie archivieren lassen. Sie brauchen nur ihren »Methodenschutz« gefährdet zu sehen oder eine andere der neuen elastischen Ausnahmeregeln vorzuschützen, schon können sie ihre betagten Unterlagen unbeanstandet zurückhalten. So lässt sich noch eine mögliche späte Aufklärung von Geheimdienstskandalen verhindern, denn jetzt entscheiden nicht mehr Historiker/innen über die Auswertung alter Akten, sondern die Geheimdienste selbst, die schon während ihrer Tätigkeit keiner wirksamen demokratischen Kontrolle unterliegen. Christ- und Sozialdemokraten haben der Demokratie einen Bärendienst erwiesen.

 

Felix Schwaller (CSU), 1. Bürgermeister von Bad Aibling. – Der einstimmigen Empfehlung des Bauausschusses Ihrer Stadt, eine Straße im Neubaugebiet nach dem kürzlich verstorbenen Holocaust-Überlebenden und Zeitzeugen Max Mannheimer zu benennen, mochten Sie nicht folgen. Auch die Mehrheit der Bad Aiblinger Stadträte verwarf den Namensvorschlag, nachdem Sie mitgeteilt hatten, dass sich einige Bürger Ihrer Stadt »mit Schaum vor dem Mund« ans Rathaus gewandt hatten. Die schönen neuen Häuser könnten ja bei solcher Namensgebung Ziel rechter Schmierereien werden. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung stellten Sie insgesamt eine »Tendenz weg von der Geschichte« fest. Da passt selbstverständlich der jetzt beschlossene Königsname »Maximilianstraße« weit besser. Und was ist mit der schon existierenden Geschwister-Scholl-, der Dietrich-Bonhoeffer- und der Anne-Frank-Straße? Es werden sich doch Namen von ein paar bayerischen Prinzessinnen finden lassen.

 

Sigmar Gabriel, Außenminister auf Abruf. – Sie haben realistischerweise (und Ihrer Partei zuliebe) auf Kanzlerkandidatur und SPD-Vorsitz verzichtet. Der von Ihnen installierte Ersatz-Schulz zeigt keine zwei Wochen später sozialdemokratische Fairness und zahlt es Ihnen wegen Ihrer Absicht, den Außenminister zu geben, im Spiegel-Interview heim: »Ich glaube, dass ich Sigmar in diesem Punkt enttäuschen muss. Weil ich nicht davon ausgehe, dass wir die absolute Mehrheit gewinnen, wird möglicherweise ein Koalitionspartner den Posten des Außenministers beanspruchen.« Nobel, dieser Schulz, was? Er meinte mit »Koalitionspartner« ja die SPD. Parteifreund Martin wird sich Ihren Posten krallen.

 

Hollywood-Schauspieler mit Traditionsbezug. – Vor über einem halben Jahrhundert begehrten viele ihrer Kollegen in der McCarthy-Ära heftig auf: gegen Hexenjagd, Zensur, Verdummung. Viel später gab es über »Jene Jahre in Hollywood« wunderbare Filme. Ihre gegenwärtigen Proteste wider den Trumpismus hingegen bewirken hoffentlich recht bald wunderbare historische Filme.

 

Theresa May, Herrscherin über die Schatzinseln. – Sie wollen den knallharten Ausstieg aus der EU und all ihren Institutionen, den Europäischen Gerichtshof eingeschlossen. Und unter Hinterlassung unübersehbarer Probleme für die EU, einschließlich Ihrer Forderung nach harschen Sanktionen gegen Russland – an die sich Ihre Regierung dann nicht mehr gebunden zu fühlen braucht. Beim Gespräch mit US-Präsident Trump waren Sie sogar so pampig, von Russland die Rückgabe der Krim zu verlangen. Offenbar muss man nicht traurig sein, dass Sie die EU von Ihrer Gegenwart befreien. Die EU könnte danach mit wahrhaftiger Berechtigung vom perfiden Albion die Rückgabe Gibraltars an Spanien verlangen. Das wäre triftiger begründbar als Ihr opportunistisches Gezeter. And by the way: Die EU könnte dann auch mal ganz ungezwungen sämtliche britischen Steueroasen aufs Korn nehmen – die meisten und zugleich dicksten Schwarzgeldtresore weltweit. Beispielsweise die Caymans, Bermudainseln, Montserrat, die Jungferninseln, Guernsey, Jersey, Isle of Man, Caicos, Anguilla ... 14 britische Überseegebiete insgesamt. Machen Sie Ihre Drohung wahr, Madam, eröffnen Sie die Steuerdumping-Championship!

 

VW-Aufsichtsrat, auf Sparkurs. – Nur noch maximal zehn Millionen Euro für den Vorstandsvorsitzenden sieht das neue Vergütungsmodell vor, über das Sie am 24. Februar zu entscheiden haben. Welch vorbildlicher Mut zum Maßhalten! Für den Bagatellbetrag von zehn Millionen muss ja sogar der Mindestlohnempfänger nicht länger als 600 Jahre arbeiten. Und so wenig Geld für die übermenschliche Leistung, geniale Abgas-Betrügereien zu ermöglichen, aber absolut nichts von ihnen zu wissen?