Westlich = gut demokratisch. Das wissen wir aus täglichem Medienkonsum. Und wir sind stolz, an der Seite der USA dafür zu kämpfen, daß weltweit demokratisch gewählt wird.
Das Jahr 2008 hat schon gut angefangen. Zum Beispiel mit israelischen Bombenangriffen auf die Hamas, die Partei, die die Wahl in Palästina gewonnen hatte. Israel und der übrige Westen erkennen die Hamas nicht an. Nach unserem guten westlichen Demokratieverständnis hätte sie nicht gewählt werden dürfen.
Die Wahl in Kenia wurde zugunsten des amtierenden Präsidenten gefälscht. Die US-Regierung mischte sich kräftig ein – unter anderem mit Ratschlägen an die betrogene Opposition: Sie möge doch bitte Ruhe bewahren. Ähnlich in Georgien. Dort ließ sich nach einem unfairen Wahlkampf, in dem das regierungsnahe Fernsehen dem Oppositionskandidaten kaum eine Chance gegeben hatte, der amtierende Präsident zum Sieger ausrufen, als erst ein kleiner Teil der Stimmen ausgezählt war. In Pakistan hatte der amtierende Präsident, ein General, die Wahl durch Ausrufung des Ausnahmezustands vorbereitet, der ihm unter anderem die Möglichkeit gab, das Verfassungsgericht nach seinen Wünschen neu zu besetzen. Jetzt hat er es leichter, die Verfassung zu biegen und zu brechen. Nach der Ermordung der Oppositionsführerin – seine Angaben darüber erwiesen sich als falsch – verschob er erst einmal den Wahltermin.
Können wir uns über solche Geschichten noch aufregen? Wir kennen sie seit langem. Aus Chile zum Beispiel, wo die USA das Militär putschen ließen, weil eine Präsidentenwahl nicht nach ihren Wünschen ausgegangen war. Später aus Venezuela. Jetzt aus Bolivien, wo die Reichen und Rechten drohen, das Land zu spalten, um sich des demokratisch gewählten Präsidenten Morales und seines demokratischen Programms zu entledigen.
Und unser Bundestag wird, wenn er brav der Empfehlung der Bundesregierung folgt, in diesem Jahr dem »Vertrag von Lissabon« zustimmen, wie die gescheiterte Verfassung der Europäischen Union jetzt schlicht-unauffällig genannt wird – ein weitreichendes Sozialabbau-, Privatisierungs- und Militarisierungsprogramm, das unsere französischen und niederländischen Nachbarn per Volksentscheid abserviert hatten. Über die umbenannte Verfassung soll nun kein Volk mehr entscheiden dürfen, darüber sind sich die Regierenden einig. Muckt irgendwer auf? Gibt es einen Medienkonzern, der einem Redakteur gestatten würde, die Leser, Hörer, Zuschauer über diese Entdemokratisierung zu informieren? Wie kämen solche Konzerne dazu, Herrschaftsansprüche des Volkes zu fördern?
Aber wir alle dürfen – das gestattet man uns gern – weltweit als Missionare für unsere gute westliche Demokratie auftreten. Möglichst selbstbewußt bitte.