»Die Todesnachricht nach Redaktionsschluss«, so hatte Eckart Spoo seinen Nekrolog auf Rosalinde von Ossietzky überschrieben, erschienen im Heft 3/2000. Eckart beschrieb, welche Artikel er für das Heft geplant hatte, berichtete über den Arbeitsfortschritt: Der Redaktionsschluss war vorbei, einige Manuskripte waren noch zu redigieren, und sein eigener Artikel zu Robert Kurz‘ »Schwarzbuch des Kapitalismus« musste auch noch zu Papier gebracht werden. Redaktionsalltag. Dann die Todesnachricht. Zeit zur Trauer blieb dem Redakteur nicht. Eckart plante um, sprach Autoren an, formulierte seine Erinnerungen fürs Blatt. Rosalinde von Ossietzkys 80. Geburtstag, wenige Wochen zuvor, am 21. Dezember 1999, war bereits von ihrer Krebskrankheit überschattet gewesen, nachdem sie im Oktober noch von Rückenschmerzen und Ischias ausgegangen war.
Szenenwechsel: 15. Dezember 2016 kurz nach 9 Uhr. Ein Anruf von Lydia Spoo. Eckart ist gestorben. »Die Todesnachricht nach Drucklegung und Versand«, so hätte ich meinen Artikel überschreiben müssen. Doch die Überschrift kann und wird es nicht geben: Das Heft ist raus, gedruckt, verschickt. Ich kann nichts mehr umplanen, ändern, beauftragen, kann meine Trauer nicht mit Geschäftigkeit überdecken. Schlimmer noch, das gerade von der Druckerei der Post übergebene Heft 25/2016 ist ein Geburtstagsheft. Es enthält Grüße für Eckart zu seinem 80. Geburtstag, nun erreichen sie ihn nicht mehr, werden ungewollt zu letzten Grüßen. Aufgewühlt, voll innerer Unruhe hatte ich das Heft erstellt, wusste ich doch um Eckarts sich rapide verschlechternden Gesundheitszustand. Mehrere Anrufe hatten mich in der Phase der Endredaktion erreicht, besorgte Nachfragen, wie ich mit dem Heft verfahren wolle. Ja, ich gehe gern planvoll, strukturiert vor. Aber hier konnte es keinen Plan B geben. Ich wollte mit Eckart feiern, das Leben genießen, vielleicht bei einem Glas Sekt oder Bitter Lemon – erst bei unserem letzten Zusammentreffen Ende November hatten wir entdeckt, dass wir beide ein Faible für dieses Getränk haben. Alles andere war undenkbar.
Längere Lobpreisungen anlässlich seines Geburtstags hatte Eckart sich stets verbeten, entsprechend enthielt auch Nummer 25 Grüße eher in Form der von ihm geschätzten Erinnerungen, Anekdoten. Er liebte diese »Geschichten, die das Leben schreibt«. Aber das Leben schreibt sie nicht auf. Eckart tat es und animierte auch andere zum Schreiben. Er war nicht nur bohrender Fragesteller in Pressekonferenzen, sondern auch ein meisterlicher Alltagsbeobachter und guter Zuhörer. »Schreib es so auf, wie du es gerade erzählt hast«, diesen Satz hörten wir oft von Eckart, wenn sich unsere kleine Runde von der Büroetage zum Mittagessen in der Kantine traf, wenn Alexandra und Christiane von ihren Kolumbienreisen berichteten, Beate von den aktuellen Diskussionen zu Menschenrechtsfragen oder ich von den Fortschritten und Rückschlägen im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes. Im Jahr 2000 hatte ich Eckart kennengelernt, als er mit der Redaktion Ossietzky auf die Etage zog. Ab 2004 unterstützte ich ihn jeweils einen Nachmittag pro Woche bei der Redaktionsarbeit. Die Zusammenarbeit weitete sich aus, im Oktober 2011 legte er die Ossietzky-Redaktion ganz in meine Hände, weil er sich einer langwierigen Behandlung unterziehen musste. Eckart kämpfte sich zurück, prägte als Autor weiter das Heft und stand als Ratgeber hinter mir. Es war ihm wichtig, dass die Arbeit bei Ossietzky weitergeht. Als ich ihm Ende November meine Pläne für Themenhefte im Jahr 2017 vorstellte, hielt er sich damit nicht lange auf, sondern wies er auf Wichtiges für 2018 hin. So war er.
Familie Spoo, Verlag und Redaktion Ossietzky laden für den 13. Januar 2017 zu einer Gedenkfeier ein (15 Uhr, Münzenbergsaal, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin).