Als Eckart Spoos achtzigstes Lebensjahr begann, hat niemand von uns gedacht, dass es sein letztes werden würde. Wir wussten von der tückischen Krankheit, aber hielten sie für besiegt. Dass das Klavier in seinem Wohnzimmer immer offen stand, als ob es nur darauf wartete, von ihm bespielt zu werden, haben wir nachdenklich gesehen, ohne je mit ihm darüber zu sprechen. Ein Band mit Noten von Franz Schubert stand aufgeschlagen da, Musik eines ebenso bescheidenen, allzu früh verstorbenen Genies, dessen Tonschöpfungen wie von einem anderen Stern kommend bis in unsere unromantische Gegenwart überlebt haben. Es muss schwer für Eckart gewesen sein, dass der Zustand seiner rechten Hand ihn schon seit Jahren hinderte, die geliebte Kunst des Klavierspiels zu pflegen. Aber er hat nie darüber geklagt. Wenn wir seit vielen Jahren bei Eckart und Lydia zu Silvester gastfreundlich empfangen wurden, um zusammen mit anderen Freunden die Hoffnung auf ein besseres neues Jahr zu feiern, war nie von Eckart und seinen Werken die Rede. Stets regte er an, dass einer der Gäste aus seinem Leben und von seinem Schaffen erzählte.
Nur in wenigen Heften, so in Nummer 16 des 19. Ossietzky-Jahrgangs, erfuhren wir einiges aus Eckart Spoos Leben, wie es sich aus den Anfängen kindlicher Abhängigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit der herrschenden Klasse und ihren Medien entwickelt hat. Er hat unermüdlich an der Aufklärung der Menschen gearbeitet, um zu verhindern, dass sie von korrupten, den Interessen des Kapitals verpflichteten Machern und verlogenen Medien in die globale Katastrophe geführt werden. Er hat immer über die verschwiegenen Wahrheiten geschrieben und gesprochen, deren Kenntnis die Welt verändert hätte, wenn sie die große Öffentlichkeit erreicht hätten. Man hat so manchen gekannt, der sich im Laufe der Zeit dem herrschenden Zeitgeist opportunistisch angepasst hat. Eckart Spoo ist seiner sozialistischen Gesinnung und seinen Freunden immer treu geblieben. Er hat nie versäumt, am Jahrestag ihrer Ermordung zu den Gräbern von Rosa und Karl zu gehen. Und er hat uns, den Lesern des von ihm geschaffenen Weltbühne-Nachfolgerblattes Ossietzky, immer wieder Mut gemacht, den Kampf für eine menschlichere Welt nicht aufzugeben.
Aber wie gut, dass er sich in seinem letzten Sommer noch die lange geplante Autoreise mit Lydia durch Deutschland gegönnt hat. Und wir, die wir seine Freunde sein durften, werden die gemeinsam verlebten Stunden nie vergessen. Da gab es an einem sonnigen Sommertag das fröhliche Zusammensein mit Freunden in unserem Garten, bei dem wir viel gelacht haben. Und ein anderes Mal die Einkehr im Worpsweder Vogeler-Bahnhof, wo Eckart, als wir an der Theke standen, in spontanem Übermut sogar mit der Regel »kein Alkohol vor 18 Uhr« brach und zu einer Runde Schnaps einlud. Ja, auch diese Seite seiner Persönlichkeit gab es. Und wie gern hätten wir mit ihm seinen 80. Geburtstag und den kurz darauf folgenden Silvesterabend gefeiert. Er fehlt uns nicht nur als der stets gut informierte, großartige Gesellschaftskritiker und Kämpfer gegen Kriegsvorbereitung und Volksverdummung, sondern auch als der geliebte Mensch und Freund.