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Titel118

Die Loreley, marktgerecht  (Günter Krone)

Der Loreley ist es schnuppe,

dass ich so traurig bin.

Sie denkt auf des Berges Kuppe

an Wachstum und an Gewinn.

 

 

Hoch oben über dem Rheine

sitzt sie und striegelt ihr Haar.

Sie singt nicht mehr von alleine,

nur noch gegen Honorar.

 

 

Sie singt auch nichts Kulturelles.

Aller Ästhetik zum Trotz

macht sie ausschließlich schnelles

Geld mit Werbespots.

 

 

Sie singt für Kreuzfahrtpläne,

im Wahlkampf für eine Partei,

für Kaffee und dritte Zähne

mit gewaltiger Melodei.

 

 

Sie wirbt für Verdauungspillen,

für Zahnpasta und für Wein,

für modische Sonnenbrillen.

Und ruhig fließet der Rhein.

 

 

Das Weib ist perfekt im Gaukeln

und schmeichelt dem Konsumwahn.

Die Wellen des Rheines schaukeln

den Schiffer in seinem Kahn.

 

 

Er ist nicht mit dem zu beglücken,

was sie da oben verheißt.

Er kann es nicht unterdrücken,

das Gefühl, dass man ihn beschummelt.