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Titel1008

Ein Denkmal für Carl Schmitt  (Gerhard Zwerenz)

Hin und wieder läßt sich zwischen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und ihrer Sonntagsausgabe FAS ein kleiner Unterschied wahrnehmen. Am Sonnabend, dem 3. Mai, berichtete die FAZ von der Kritik an den geplanten Sicherheitsgesetzen der Regierung. Überschrift: »Anwaltspräsident zu Zypries: Wir sind nicht im Krieg«. Man liest die frohe Botschaft am frühen Sonnabend, der hier Samstag heißt, wie von Bayern her üblich. Liberalität erfreut uns, Friede auch. Am Sonntag drauf aber, exakt am 4. Mai, donnert es von der FAS aus vollen Rohren: »Der Westen mit seinen Werten ist ein Auslaufmodell – Der Staatsrechtler Otto Depenheuer über Terrorgefahr, Rechtsstaat, Doppelmoral und warum Feinde nicht als solche behandelt werden«. Von jetzt an sollen sie als solche behandelt werden. Behandelt? Sonderbehandelt?

Dieser strategische Diskurs läuft schon seit einiger Zeit unter anderem zwischen dem liberalen scheidenden Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Hassemer und dem forschen Kölner Professor Depenheuer, der munter den »Willen zur Selbstbehauptung des Rechtsstaates« so favorisiert, wie er ihn versteht: »Ein Feind ist eben kein Verbrecher, sondern die existentielle Negation der eigenen politischen Existenzform. Seit Jahrtausenden werden Feinde deshalb Feinde genannt.« So der beherzte Staatsphilosoph von der Kölner Universität. Feind ist eben Feind.

Zurück zur menschlichen Natur und der Frage: Sind wir nun im Krieg oder nicht? Da fällt uns doch glatt Carl Schmitt ein: »Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.« (1922) »Die Begriffe Freund, Feind und Kampf erhalten ihren realen Sinn dadurch, daß sie insbesondere auf die reale Möglichkeit der physischen Tötung Bezug haben und behalten.« (1927/33)

Carl Schmitts weiterer Weg zum »Kronjuristen der Nazis« (Ernst Bloch) soll hier noch nicht als warnendes Beweismittel einbezogen werden, schließlich bekannte sich das staatsjuristische Chamäleon Schmitt erst nach 1934 als Nazi. Der Umstand, daß ihm tüchtige Nachfolger jetzt in Plettenberg ein Denkmal setzen wollen, verwundert uns nicht mehr sonderlich. Fragt sich nur, weshalb die FAS, die sich oft eine Nuance liberaler als ihr Stammblatt verhält, in diesem Fall das Gegenteil vorzieht. Antwort: Am Erscheinungstag war es genau 70 Jahre her, daß am 4. Mai 1938 Carl von Ossietzky an den Folgen der Haft starb, die er erst in der Weimarer Republik und dann in Hitlers Drittem Reich erlitten hatte. Die Chance, dem zum Feind erklärten liberalen Demokraten, Weltbühne-Herausgeber und linken Pazifisten pünktlich aufs Grab zu spucken, mochten sich die versammelten Heideggerianer, Schmittianer, Jüngerianer und sonstigen FAZ-Federn nicht entgehen lassen. »Also was bleibt: Freund und Feind. Es bleibt ihre Unterscheidung. Distingo ergo sum.« (Carl Schmitt 1951)

Deutsche Konservative, diese Dauerkonserven der Geschichte, kommen nie ohne Feinde aus, die sie zum Kriege benötigen. Nach jeder Niederlage sind sie erstmal die Freunde ihrer Besieger. Dann schaffen sie begriffliche Klarheit darüber, wer Freund und wer Feind ist. Ossietzky als klassischer Gegenspieler in Schrift und Haltung bleibt eben Feind, denn er warnte noch 1933, als sich die rechten Herren auf Teilhabe einstellten: »Die Folgen Hitlers werden aufstehen, und spätere Generationen noch werden zu jenem Gürtelkampf antreten müssen, zu dem die deutsche Republik zu feige war.«

Haß-Parole zur Bücherverbrennung am 10. Mai 1933: »Gegen Frechheit und Anmaßung – für Achtung und Ehrfurcht vor dem unsterblichen deutschen Volksgeist – Tucholsky, Ossietzky … ins Feuer …«
Wer dem Kronjuristen der Nazis ein Denkmal errichten und seinem Widerpart Ossietzky einen Schlag versetzen will, darf der logischen Konsequenz nicht entbehren.
Ein Herr Krause, der als vormaliger CDU-Rechtsaußen und Autor der Jungen Freiheit Thüringer Kulturminister werden sollte, erregte deshalb unter anderem das Mißfallen des Zentralrats der Juden. Dazu der FAZ-Leitartikler am 6. Mai 2008: »Der bevorstehende 75. Jahrestag der Bücherverbrennungen in Deutschland wäre auch für den Zentralrat der Juden eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob er noch auf der Seite der Freiheit steht.«

Carl Schmitt: »Wir müssen den deutschen Geist von allen jüdischen Fälschungen befreien.« (1936)