Amerikanische »Navy Seals«, so erfuhr alle Welt am 2. Mai, hätten am Vorabend auf Anweisung ihres Präsidenten Osama Bin Laden zur Strecke gebracht – hingerichtet per Kopfschuß in seinem Haus in Pakistan. Sodann sei die Leiche blitzschnell auf den US-Flugzeugträger »Carl Vinson« geflogen worden. Dort habe man sie »nach islamischem Brauch« gewaschen, in einen mit Gewichten beschwerten Sack gesteckt und ins Arabische Meer geworfen.
Wirklich erstaunlich. Da gelang es der US-Regierung nach zehn Jahren vergeblicher Suche, ihren ärgsten Feind endlich aufzuspüren, und dann fand man vor der Bestattung noch nicht einmal Zeit für ein Foto?
Das Weiße Haus bemühte sich bald um eine Klarstellung. Zwar gebe es Bilder, doch die seien einfach zu schrecklich und abstoßend, um sie öffentlich zu machen. Die Erklärung verwundert. Denn offenbar wurde die gesamte Operation von den Spezialkräften selbst gefilmt und live zum Präsidenten übertragen. Somit müßte es auch Bilder geben, die Osama unmittelbar vor der Tötung zeigen. Warum aber werden selbst diese nicht veröffentlicht? Es bleibt Spekulation, doch die einzig denkbare Erklärung lautet: Der Gesuchte hatte sich ergeben, hatte vielleicht sogar deutlich sichtbar die Hände gehoben. Solche Bilder müßten in jedem Fall zurückgehalten werden. Wer präsentiert schon selbst gern den Beweis, einen wehrlosen Menschen ermordet zu haben? Feierlichkeiten und Schulterklopfen ließen sich damit schwerlich rechtfertigen.
Das Fehlen von Bildern ist aber auch Wasser auf die Mühlen anderer Skeptiker – wo doch schon seit Jahren das Gerücht kursierte, Bin Laden sei längst tot. Der amerikanische Autor David Ray Griffin etwa hatte 2009 in seinem Buch »Osama Bin Laden – dead or alive?« die These aufgestellt, der gesundheitlich angeschlagene Bin Laden sei bereits Ende 2001 ums Leben gekommen. Später in den Medien aufgetauchte Videobotschaften seien gefälscht gewesen. Nicht völlig unwahrscheinlich, lag doch der schwer Nierenkranke, auf Dialyse Angewiesene Medienberichten zufolge bereits im Juli 2001 für zehn Tage in einem Krankenhaus in Dubai.
Wie dem auch sei, fest steht: Die Todesnachricht kurz vor dem zehnten Jahrestag von 9/11 ist eine hochwillkommene Erfolgsmeldung für den US-Präsidenten. Barack Obama stand innenpolitisch zuletzt unter verbalem Dauerbeschuß. Regelmäßig wurde er verdächtigt, nicht amerikanisch genug zu sein. Die Hysterie ging vor kurzem so weit, daß er sich gezwungen sah, seine Geburtsurkunde zu veröffentlichen, um ein für allemal die populäre These zu widerlegen, er sei eigentlich gar kein Amerikaner – und damit illegitim im Amt.
Ein toter Bin Laden kommt da in jedem Fall wie gerufen. Er bedient zuverlässig den 9/11-Reflex, der vielen Menschen in den USA und im Westen insgesamt über die Jahre antrainiert worden ist. Folgerichtig wurde das Ende der Osama-Show zum filmreifen Showdown: Hubschrauberlandung, Schießerei und aus. Ein verzwickter Gerichtsprozeß gegen den angeblichen Drahtzieher des 11. September hätte wohl nur gestört, zumal juristisch belastbare Beweise für seine Verwicklung in 9/11 noch immer fehlen.