Bekanntlich befindet sich unsere Wirtschaft in einer Phase der Rezession. Um dieser bedrohlichen Entwicklung Einhalt zu gebieten, plant der Bundesfinanzminister, eine neue Steuer einzuführen: die sogenannte Unternehmersteuer. Wie aus ungewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, soll diese Steuer, ähnlich wie die Lohnsteuer, von sämtlichen Arbeitnehmern eingezogen werden und allen selbständigen Unternehmern im Wege von Subventionen zugutekommen. Dadurch verspricht man sich in absehbarer Zeit eine Wiederbelebung der Konjunktur und viele neue Arbeitsplätze. Ministerialdirigent Schimmelzent aus dem Finanzministerium erläuterte das Vorhaben wie folgt: »Die Einnahmen aus der Unternehmersteuer werden einem Sonderfonds zufließen, aus dem nach einem bestimmten Zuweisungsschlüssel, der sich aus der jeweiligen Arbeitnehmerzahl, dem Investitionskapital und dem Betriebskapital eines Unternehmens errechnet, Zuschüsse direkt an die in Frage kommenden Privatunternehmer zu zahlen sind. Gerade in den letzten Wochen und Monaten hat sich die Dringlichkeit einer solchen Stützungsmaßnahme gezeigt, mit der den Unternehmern die Erhaltung vorhandener und Bereitstellung neuer Arbeitsplätze und darüber hinaus neue Investitionsaktivitäten schmackhaft gemacht werden können.«
Wie weiter verlautet, sollen aus dem zu errichtenden Sonderfonds außerdem sogenannte Kaufprämien für die Erzeugnisse der durch Konjunktureinbrüche besonders stark betroffenen Branchen gezahlt werden. Geplant ist außerdem die Gewährung von Gratifikationen für die vorzeitige Verschrottung von kostenträchtigen Konsumgütern, so auch wieder – wie schon einmal äußerst erfolgreich – für Autos. Dadurch ergäbe sich ein wirkungsvoller Doppelanreiz.
Wer zum Beispiel sein Auto verschrottet und ein neues kauft, würde gleich zweimal profitieren und zugleich die Wirtschaft stärken. Dasselbe gilt für Waschmaschinen, Geschirrspüler, Herde, Kühlschränke, Mikrowellengeräte, Fernseher, Möbel, Computer, Kameras, Smartphones und so weiter. Das hätte zudem den Vorteil einer völligen Erneuerung der jeweiligen Lebensumstände. Denn wer lebt schon gern jahrelang mit denselben bereits nach wenigen Monaten veralteten Möbeln und Gerätschaften? Die Prämien und Gratifikationen werden aller Wahrscheinlichkeit nach von den Finanzämtern auf Antrag direkt an die Käufer ausgezahlt werden.
Nähere Einzelheiten über die Höhe der zu gewährenden Leistungen sowie die in das Prämiensystem im einzelnen einzubeziehenden Industriezweige waren leider noch nicht in Erfahrung zu bringen. Beamte des Finanzministeriums und hochrangige Vertreter der Wirtschaft beraten zurzeit noch über die effektivste Kombination von Kauf- und Entsorgungsanreizen. Aber schon jetzt läßt sich sagen, daß die Aktion mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den erwarteten Erfolg zeitigen und damit Hunderttausende der täglichen Sorge um ihren Arbeitsplatz entheben wird.
Es ist zu hoffen, daß die Bevölkerung einsichtig genug ist, das Finanzministerium sowie die Unternehmer durch erhöhte Kauf- und Verschrottungsbereitschaft zu unterstützen. Zu diesem Zweck beabsichtigt man, an besonders kaufentschlossene Arbeitnehmer Leistungsprämien zu gewähren, deren Auszahlung voraussichtlich durch die Agentur für Arbeit erfolgen wird.
Ein Gesetzentwurf soll dem Parlament noch in diesem Monat zugeleitet werden. Unsere Regierungsparteien haben bereits ihre Zustimmung signalisiert.