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Titel102013

Antworten

Privatisierung. – Aus dem Lateinischen hergeleitet, von »privare« = berauben. 1. Person Plural Präsens Indikativ: »privamur« = »Wir werden beraubt«. Eine Passivform.

Peter Ramsauer, Transportminister-Darsteller. –
Als stolze Staatsbahn war die DB Synonym für Pünktlichkeit und Leistungsfähigkeit. Ebenso die Berliner S-Bahn, Staatsbetrieb der DDR und zuverlässiger, wichtigster Träger des hauptstädtischen Verkehrs. Heutzutage sind die Bahnen zur Aktiengesellschaft verkrüppelt, Profit geht vor Zweckbindung. Mit katastrophalen Folgen: An ICEs brechen Achsen und Radreifen. Das Streckennetz wird immer kleiner und verkommt. Der Bahnkunde ist nicht mehr König, sondern Beute, sogar Opfer. Jetzt muß Europas größter Zentralbahnhof, Berlins neuer Hauptbahnhof, nach nur sieben Jahren Betriebszeit für Monate schließen: Viadukte halten der Belastung nicht stand, Schrauben an Trägern und Schienen bröseln. Jeder Laie erkennt: Die Privatisierung der öffentlichen Daseinsfürsorge rächt sich. Nur Sie, als verantwortlicher Ressortminister, geben sich blind.

Angela Merkel, Gebetsmühle neokonservativer Glaubenssätze. –
Sie seien strikt gegen einen »von Politikern festgelegten Einheits-Mindestlohn«, sagten sie der Bild-Zeitung: »Viele Länder in Europa haben doch genau deshalb eine viel höhere Arbeitslosigkeit als wir, weil Löhne und Leistung bei ihnen zu weit auseinanderklaffen.« Ach ja? Soviel Fiktion leisten sich nicht einmal stockreaktionäre Ultras wie Dieter Hundt oder Olaf Henkel. Aus Ihrem Munde immerhin ein Hinweis darauf, was bei Ihnen auseinanderklafft, unüberbrückbar: Ihre Empathie-Unfähigkeit gegenüber ausgebeuteten Mitmenschen mit Stundenlöhnen unter fünf Euro – und Ihre Rolle als »Kanzlerin der Herzen«, die Springers Bild Ihnen andichtet.

Thomas de Maizière, zielstrebig. – Andere Nationen haben das mörderische Abenteuer Afghanistan beendet oder zumindest die feste Absicht dazu. Sie nicht. Ein Viertel der deutschen Kolonialtruppe, mindestens 800 Soldaten, wollen Sie weiterhin die Demokratie am Hindukusch verteidigen lassen. Und das Profitinteresse der deutschen Waffenindustrie. Die braucht Experimentierfeld und staatliche Abnahmegarantien für ihr Mordwerkzeug. Und Sie? Brauchen das Wohlwollen der Rüstungsbarone ebenso wie das der nationalistisch-reaktionären CDU-Camarilla. Denn schließlich konkurrieren Sie gegen die Kampflächlerin Ursula von der Leyen um die Merkel-Nachfolge. Nur Mut! Ein ethisch neutraler Drohnenbeutel wie Sie schafft das schon.

Konrad Adam, Parteimitbegründer. – Will die »Alternative für Deutschland« zu deren Vorstand Sie gehören, dem Kapital an den Kragen gehen, das sich der Chancen des Euro profitabel bedient hat? Hat sie Gutes im Sinn für die Massen von Menschen in Europa, denen die Euro-»Retter« Lohnverzicht und Abbau von Sozialleistungen auferlegen? Da sei Hans-Olaf Henkel davor, der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie; im Handelsblatt hat er die Vorzüge Ihrer Partei beschrieben. Seinerzeit, noch als Redakteur der Welt, weckten Sie Interesse an einer Wahlrechtsreform. Warum eigentlich, so Ihre Frage, sollen auch Menschen wählen dürfen, die keine »Leistungsträger« sind? Die liegen dem Staat doch nur auf der Kasse. Noch ist das Klassenwahlrecht nicht eingeführt, und so möchte Ihre »Alternative« unter der Deutschmarkfahne Stimmenfängerei auch beim niederen Volk betreiben. Kommt sie ins parlamentarische Geschäft, wird sie ihre Dienste tun – als Verfügungspartei für Interessen, denen patriotische Sentimentalität durchaus fremd ist.

Daniela Dahn, Autorin. –
Sie sollen in diesem Heft das letzte Wort haben. In Ihrem gerade im Rowohlt Verlag erschienenen Buch »Wir sind der Staat« schreiben Sie: »Der Staat verwandelt sich immer mehr in eine Apparatur zum Schutz systemrelevanten Privateigentums auf Kosten der Allgemeinheit.« Ihre Überlegungen liefern viel Stoff für weitere Debatten.