Wer im Internet nachschaut, dem wird zu Goldegg mitgeteilt: »Der charmante, kleine Ort Goldegg am See befindet sich im Salzburger Bezirk St. Johann im Pongau und zählt rund 2.500 Einwohner. Das verträumte Bergdorf liegt auf einem sonnigen Hochplateau über dem Salzachtal ... Eine Oase der Ruhe und Entschleunigung.« (www.goldeggamsee.at)
Zur Geschichte verschweigt Goldegg dann schon jene Dinge, die nicht zu jenem »Verkehr« passen, zu dem Fremde eingeladen werden, und der sich »Fremdenverkehr« nennt. Es gab im Salzburger »Innergebirg« mutige Menschen, die Hitlers Verbrecherregime Widerstand leisteten. Diese »Geschichte«, gar nicht »charmant«, findet auf der für zahlende Gäste werbenden Seite von Goldegg nicht statt.
Am 2. Juli 1944 ermordete die SS im Salzburger Landesbezirk Pongau untergetauchte Regimegegner und Deserteure, nachdem sie ihr Versteck umstellt hatte. Die Gestapo hatte zuvor Spitzel angeheuert. Diese forschten die Regimegegner und Deserteure aus, die sich in den Bergen versteckt hielten. Eine SS-Jagd fand auf Karl Ruppitsch, Peter Ottino, August Egger, Ernst Klug, Sebastian Bürgler, Simon Hochleitner, Alois Hochleitner, Georg Köstner, Richard Pfeiffenberger und Franz Unterkirchner statt. Peter Ottino setzte sich zur Wehr und tötete zwei SS-Männer, bevor er selbst ermordet wurde. Die SS erschoß Simon und Alois Hochleitner von hinten, die noch Lebenden ergaben sich. Im KZ Mauthausen wurden Karl Ruppitsch und August Egger ermordet.
Es braucht eigentlich nicht erwähnt zu werden, daß österreichische »Kameradschaften«, Traditionsverbände der SS und Wehrmacht diese Widerstandskämpfer jahrzehntelang als »Verräter« diffamierten.
70 Jahre später möchte die Tochter von Karl Ruppitsch, Brigitte Höfert, die sich seit Jahren um die Rehabilitierung ihres Vaters bemüht, die Aufhebung der NS-Militärjustizurteile durch österreichische Gerichte im Ort bekanntmachen. Die gerichtliche Rehabilitierung aber reicht nicht aus, eine Steintafel zum Gedenken an ihren Vater und sein Schicksal im Schloß Goldegg anzubringen.
Nun beginnt jene sich ständig wiederholende Geschichte, die NS-Opfern und ihren Angehörigen geschieht. Der Goldegger Bürgermeister Johann Fleißner (ÖVP) will die Tafel »am Ort des Geschehens« verlegt sehen, schön versteckt. Und nicht dort, wo viele Menschen, eben auf Schloß Goldegg (wo feinsinnige Gesprächsveranstaltungen stattfinden), an Geschichte erinnert werden sollen, die, so der Bürgermeister, einer »sachlichen Aufbereitung« bedarf. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Salzburger Landtag, Cyriak Schwaighofer, der eine Koalition mit ÖVP und Milliardärsliste Team Stronach einging, springt dem Bürgermeister bei: Man müßte da eine »ordentliche Vorbereitung« und einen »breiten Konsens« herbeiführen.
Die Geschichte der Widerstandskämpfer und Deserteure ist bekannt. Die Republik Österreich hat eindeutig Position bezogen. Ein Bundesgesetz zur Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz ist schon lange in Kraft, und in Wien wird in diesem Jahr auf dem Ballhausplatz ein errichtetes Denkmal für die Deserteure enthüllt. Das Stammtischdenken, daß solche wie Karl Ruppitsch Verräter seien, regiert aber anscheinend noch immer, leider nicht nur in dieser »charmanten« Goldegger Fremdenverkehrsidylle.