Wolfgang Schäuble. – »Es macht keinen Sinn, Regelungen in Kraft zu bringen, von denen man vorher weiß, sie funktionieren nicht.« So Ihre skeptische Meinung zu dem vielstimmigen Ruf nach »Aktivitäts-« oder »Transaktions«-Steuern im Finanzmarkt. Ja, gewiß. Aber Sie denken darüber etwas altmodisch. Ministerkollegen aus Ihrer Partei (und bei SPD und Grünen sieht man das nicht anders) haben doch zu verstehen gegeben, was der Sinn dieser Verstöße ist: Mit ihrem »hohen Symbolwert« dienen sie der Volksberuhigung. In Kraft gebracht werden muß da nichts, vielleicht reichen schon Absichtserklärungen.
Horst Seehofer. – »Bei vielen Menschen herrscht der Eindruck, daß diejenigen, die gewählt werden, keine Macht haben und diejenigen, die Macht haben, nicht gewählt werden«, sagten Sie der Welt am Sonntag. Eine gewagte Äußerung. Womöglich kommt nun der ein oder andere Christlich-Soziale auf die Idee, der Chef der Deutschen Bank solle vom Volk gewählt werden.
Hannelore Kraft. – Sie haben sich große Mühe gegeben, um herauszubekommen, ob die Abgeordneten der Linkspartei im nordrhein-westfälischen Landtag verfassungskonform denken. Bietet sich ein solcher Test nicht auch gegenüber Parlamentariern anderer Parteien an? Zum Beispiel ließe sich erfragen, was die Prüflinge vom Artikel 27 der Landesverfassung halten. Darin sind folgende Politikziele enthalten: »Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum übergeführt werden. Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht mißbrauchen, sind zu verbieten.«
Katharina Schwabedissen. – Als Landesvorsitzende der Partei Die Linke äußerten Sie sich zwischendurch mal ganz optimistisch über die Chance einer Koalition mit der SPD und den Grünen: »zu achtzig Prozent« bestünden »Übereinstimmungen«, vor allem »in den wichtigen Fragen«. Das war nun nichts. Die unwichtigen zwanzig Prozent standen im Wege: Die SPD ist nicht gewillt, eine Privatisierung bisher öffentlichen Eigentums zu verhindern; die Macht von RWE, e.on und Co. will sie nicht einschränken; gegen den Abbau von Personal im Öffentlichen Dienst hat sie nichts. Außerdem möchte sie nichts tun, was die Herren des WAZ-Medienmonopols verärgern könnte. Den Grünen war es egal, wie viele Prozente übereinstimmten; sie wußten schon, daß bei der Sondierung nichts herauskommt.
Katja Kipping. – »Red-Green-Deal als Crossover-Projekt der postneoliberalen Linken«, so lautet die jetzt von Ihnen linksparteilich-prominent ausgegebene Losung. Endlich eine programmatische Botschaft, die auch den letzten Arbeitslosen politisieren wird. Da ist uns um die Zukunft Ihrer Partei nicht mehr bange.