Schuld ist die französische Besatzungsmacht. Sie ließ sich nach Hitlers Ende von den übrigen Westalliierten ihr höchst vernünftiges Vorhaben abschwatzen, das veraltete Ding einfach zu sprengen. Und 1992 scheiterte ein Versuch der Roten Zellen, desgleichen zu tun, an deren sprengstofftechnischem Dilettantismus.
Es ist des Führers Siegessäule. Er hat 1938/39 die aus drei sogenannten Trommeln zusammengesetzte Victoria-Stehgelegenheit für seine künftige Hauptstadt Germania vom Königsplatz zum Großen Stern schieben lassen und um eine vierte Trommel verlängert: für seinen Endsieg im Zweiten Weltkrieg. Aus dem dann nichts wurde. Doch Hitlers vierte Trommel blieb als Verheißung des vierten Sieges. Denn die drei ersten Trommeln sollten der drei erfolgreichen deutschen Einigungskriege 1864 bis 1871 gedenken: gegen die Dänen, gegen die Österreicher und Bayern und gegen die Franzosen.
Obwohl die vierte Trommel nach Hitlers Ende ein für allemal überflüssig geworden schien, wurde sie nicht beseitigt. Das hat sich ausgezahlt. Sie trommelt wieder und immer weiter – nicht mehr für den Versager Hitler und seine Wehrmacht, sondern nach dem vierten deutschen Einigungskrieg von 1989/90 für die Armee der Einheit, die weltweiter kämpft, als es sich der Führer je erträumt hat.
Seit einer Woche steht das Ding in neuer Pracht wieder da, renoviert für 4,3 Millionen Euro – wir brauchen die Siegessäule für unsere tapferen Soldatinnen und Soldaten am Hindukusch. Die vierte Trommel dröhnt für die weltweiten Siege der Bundeswehr, und die vergoldeten Kanonen unter dem Rock der Victoria verkünden den Profit unserer Rüstungsindustrie vom Korruptionskonzern Siemens bis zum Todeskombinat Rheinmetall.
Drei Tage, bevor Hitlers vierteilige Siegessäule am 20. Mai offiziell wiederöffnet wurde, beging die Bundeswehr diesen Freudentag mit einem kleineren Massaker bei Tolquan: 14 Zivilisten, die gegen die Brunnenbauer unserer Nation demonstrierten, mußten diesmal dran glauben, wurden »weggemacht«, wie es im deutschen Soldatenhumor heißt. Ein bescheidener Blutzoll, verglichen mit dem Massaker von Kundus (über 140 Mordopfer), dessen kommandierender Oberst Georg Klein noch immer hochgeehrt in der Bundeswehr dient. In Haßfurt übrigens beging die Bundeswehr das einjährige Jubiläum der Mordaktion von Kundus mit einem »Tag der Reservisten«, an dem sie sich auch an Heranwachsende und Kinder heranmachte.
Wie aber werden wir Hitlers goldene Säule endlich los? Bitte, bitte, lieber Taliban, hör endlich auf unsere Regierung, tu, was sie sagt. Der Bundesinnenminister informiert: Mit terroristischen Anschlägen vom Hindukusch her ist zu rechnen. Taliban, sei so lieb, schone uns, spreng endlich für Dich und für uns diese impertinente Siegessäule mit ihrer gänseflügeligen Victoria (Kanonen inklusive) in die Luft. Die Völker der Welt, die auf diese Stadt schauen, werden es Dir danken.