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Antworten

Joachim Gauck, Hauptredner. – Nachtrag zur »Antwort« in Ossietzky 9/15: Unsere Vermutung, bei Ihrem Auftritt im Terrain des STALAG 326 würden Sie die Verantwortung der Wehrmachtsführung für das menschenvernichtende Lager unerwähnt lassen, hat sich nicht bestätigt. Weshalb diese »Zuständigkeit« nach 1945 für lange Zeit verdeckt wurde – über Ihre Erklärungen dafür wäre zu streiten. Aber immerhin: Sie haben das Handeln der Wehrmacht gegenüber Kriegsgefangenen aus der UdSSR als das bezeichnet, was es war: verbrecherisch. Höchst seltsam allerdings: Die Kranzniederlegung auf dem STALAG-Friedhof begleitete ein Trom-melwirbel der Bundeswehr und ein Trompeter spielte »Ich hatt‘ einen Kameraden«. Eben das waren die Soldaten der Roten Armee und Kriegsgefangenen aus der UdSSR erklärtermaßen für die Wehrmacht nicht, sie galten und wurden behandelt als »Untermenschen«.


Heinrich August Winkler, im ideologischen Botschaftsdienst. –
Ihre Gedenkrede zum 8. Mai im Bundestag: gelehrsam und doch allgemeinverständlich in ihrem aktuellen Appell: die Konsequenz heute aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges müsse für die Bundesrepublik heißen, gegenüber einer aggressiven russischen Politik Härte zu zeigen und sich bei geopolitischen militärischen Einsätzen der (westlichen) »internationalen Gemeinschaft« nicht zurückzuhalten. Einen besseren Botschafter in Deutschland, zuständig für Politikberatung anhand vorgeblicher Lehren aus der Geschichte, kann sich die Regierung der USA nicht wünschen.

 

Peter Tauber, CDU-General. – Kritik an geheimdienstlichen Überwachungsmethoden wehren Sie ab als »Haudrauf-Rhetorik«, die sich besonders gegen die Freunde von der NSA richte. Die leisteten schließlich einen unverzichtbaren Beitrag bei der Terrorabwehr; was sie darüber hinaus täten, könne man nicht wissen oder sei für einen normalen Verstand »zu kompliziert« zu verstehen. Mittlerweile feiern Sie die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) hierzulande als Erfolg Ihrer Partei. Das klang 2012, als Sie noch ein aufstrebender Netzpolitiker waren, etwas anders: »Ich kann es mit meinem persönlichen Freiheitsbegriff nur schwer vereinbaren, daß der Staat meine sämtlichen Telefondaten für eine bestimmte Dauer ohne Verdacht auf eine vorliegende Straftat speichert. Diese Haltung begründet durchaus eine prinzipielle Ablehnung der VDS.« (blog.petertauber.de, 1.2.2012)«. Daß die Geheimdienstkontrolle in Deutschland funktioniere, sei schon durch die Diskussion darüber erwiesen (gut, daß wir mal drüber geredet haben ...). Reden gehört sowieso zu Ihrem Berufsprofil, und so zwitschern und facebooken Sie schon seit geraumer Zeit ohne Arg drauf los, als gäbe es niemanden, der sich für die freimütig gelieferten Informationen interessierte. Unbekümmert gegenüber den Widrigkeiten des Lebens war auch eine berühmte literarische Figur von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, der wie Sie aus Gelnhausen stammt: Simplicius Simplicissimus. Ein Schelm, wer diesen für naiv, bisweilen auch hinterlistig, hält.


Angela Merkel, oft verkannt. – Eingeladen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Kranzniederlegung anläßlich des 70. Jahrestags des Sieges über Nazi-Deutschland hielten Sie es für angemessen, die »Annexion der Krim« als »verbrecherisch und völkerrechtswidrig« zu verurteilen. Ihr Gastgeber weiß nun also, daß Sie ihn für einen Verbrecher halten. Damit haben Sie unmißverständlich den Ton der Vorkriegspropaganda getroffen – ähnlich wie Ihr ukrainischer Amtskollege Jazenjuk, der unter anderem an eine sowjetische »Invasion« in Deutschland zu erinnern wußte. Man muß solche Wörter nur oft genug wiederholen, dann wird man mehr und mehr Zustimmung zu neuen gegen Rußland gerichteten Rüstungsprojekten und Manövern finden. Schon ist vergessen, was sich im vergangenen Jahr tatsächlich zugetragen hat: eine von der Bevölkerung und dem Parlament der Krim mit großen Mehrheiten beschlossene Trennung von der Ukraine, völkerrechtlich Sezession genannt. Es fiel kein einziger Schuß. Verbrecherische Gewalt tobte hingegen in der Ukraine, zum Beispiel beim Putsch in Kiew und beim Massaker im Gewerkschaftshaus in Odessa. Bewunderer des einstigen ukrainischen Faschistenführers Stepan Bandera gehören jetzt der ukrainischen Regierung an. Kein Wort dagegen von Ihnen. Sie sagten in Moskau, durch die »Annexion« der Krim habe die deutsch-russische Zusammenarbeit einen schweren Rückschlag erlitten – als wären Sie an Sanktionen gegen Rußland und Ausladungen Putins unbeteiligt gewesen. Wir sind sicher: Beim nächsten Besuch in Washington werden Sie die Politik der USA in keinem Punkt (auch nicht Drohnen-Kriege, Folter, Überwachung angeblich befreundeter Staaten, Rassismus in Polizei und Justiz) verbrecherisch nennen.