Krieg
Mit der Teufelsware Minen
lässt sich gutes Geld verdienen.
Die, die auf die Minen treten,
haben nichts von den Moneten.
Günter Krone
Waffen, die die Welt nicht braucht
UDT steht für Undersea Defence Technology und bezeichnet die weltgrößte Messe und Konferenz dieser Art. Die Veranstaltung findet vom 30. Mai bis zum 1. Juni nun erstmals in Bremen statt.
Den Begriff »Defence«, also Verteidigung, in diesem Zusammenhang zu verwenden, hält der Bremer Informatik-Professor Hans-Jörg Kreowski für fragwürdig und irreführend. »Unterwasser-Waffen- und Kriegstechnologie wäre ehrlicher«, meint er und protestiert zusammen mit dem Bremer Friedensforum, dem Cyberpeace-Team Bremen, der Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und der Regionalgruppe des Forums Informatiker für Frieden (FIfF) gegen die Messe.
Kreowski: »Ein gewichtiger Teil des Messe-Programms rankt sich um U-Boot-Technologie, also um Waffensysteme, die der Zerstörung von Handels- und Kriegsschiffen, der Abschreckung und der Erst- und Zweitschlagsfähigkeit dienen.«
Die UDT ist nach Ansicht der Friedensgruppen eine militärische Messe. »Bremer Rüstungsunternehmen präsentieren ihre neueste Unterwassertechnologie. Zukunftsweisende wissenschaftliche Vorträge werden gehalten. Und man hofft auf Vertragsabschlüsse. Das ist die Regel bei derartigen Events«, so Eva Böller vom Bremer Friedensforum.
Andrea Kolling von der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) ergänzt: »Der Luft- und Raumfahrtstandort Bremen gilt als gesetzt. Mit der UDT wird die militärische Bedeutung der Marinetechnologie aus Bremen unterstrichen.« Kolling nahm im Juli 2016 in London an den Protesten gegen die internationale »Farnborough Airshow« teil.
Bereits im vergangenen Jahr wandte sich das Bremer Friedensforum an Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) mit der Frage, ob die UDT tatsächlich in Bremen stattfinden müsse. Sieling antwortete, die UDT sei keine »Waffenmesse«, der Schwerpunkt der etwa 80 Aussteller liege in den Bereichen Soft- und Hardware für Unterwasserfahrzeuge. Sieling in seiner Antwort weiter: »Auch Aussteller aus Bremen werden hier erwartet. Sowohl Abeking & Rasmussen als auch Atlas Elektronik werden hier voraussichtlich ihre Produkte und Dienstleistungen präsentieren. Der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen ist sich der generellen, durch ihn allerdings nicht beeinflussbaren, so genannten Dual-Use-Problematik bewusst. Aus industriepolitischer Sicht und unter dem Gesichtspunkt der Sicherung hochwertiger Arbeitsplätze begrüßt er es jedoch, wenn durch den Bundessicherheitsrat genehmigte Exportgeschäfte zur Standortsicherung bremischer Unternehmen beitragen und diese Produkte auch auf internationalen Messen wie der UDT 2017 beworben werden.«
Die Messe Undersea Defence Technology findet in den Messehallen Bremen statt. Die Übersicht der Aussteller ist der Website https://www.udt-global.com/exhibitors zu entnehmen.
Ekkehard Lentz
Eine Protest-Kundgebung unter dem Motto »UDT – Waffen, die die Welt nicht braucht« ist für Dienstag, 30. Mai, um 17 Uhr vor den Bremer Messehallen angemeldet. Informationen über die Aktionen der Friedensgruppen sind zu finden auf www.bremerfriedensforum.de.
Exhumierung von Franco
Am 11. Mai stimmten 198 Abgeordnete das spanischen Parlaments auf Antrag der Partido Socialista Obrera Español (PSOE) für die Exhumierung des Diktators Francisco Franco. Sein Grab befindet sich im Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen, siehe Ossietzky 13/2011 und 19/2013). Die monumentale Grab- und Gedenkstätte ist noch immer Pilgerziel für Franquisten. Die 140 Abgeordneten der Partido Popular (PP) der Minderheitsregierung des Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und Abgeordnete der Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) enthielten sich der Stimme. Nur die PP-Abgeordnete Celia Alberto stimmte gegen den Antrag.
Die Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica (ARMH – Vereinigung zur Wiedererlangung des historischen Gedächtnisses) begrüßt den Beschluss des Parlaments, der aber für die Regierung nicht bindend ist. Unverständlich bleibt es dem Vorsitzenden der ARMH, Emilio Silva, zudem, dass Spanien nach wie vor für den Unterhalt des »Valle de los Caídos« die jährlichen Kosten von 750.000 Euro trägt, aber für die Opfer der Franco-Diktatur kein Geld hat. Vor Jahren hat die ARHM begonnen, im Land die Gebeine der über 150.000 ermordeten Franco-Gegner würdig zu bestatten.
Bereits vor sechs Jahren hat eine Expertenkommission angeregt, Franco und Primo de Rivera zu exhumieren und das Valle de los Caídos in einen Ort der Versöhnung umzuwandeln. Nach der Wahlniederlage des Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) 2011 passierte jedoch nichts mehr. Die PP hat bis heute kein Interesse an der Beseitigung Franco-verherrlichender Relikte. Immerhin wurde Madrids Stadtregierung in dieser Frage vor einigen Wochen aktiv, 50 Straßennamen aus der Franco-Zeit wurden umbenannt.
Seit 2007 verpflichtet das »Gesetz des historischen Andenkens« in Spanien nationale wie kommunale Regierungen, unter anderem franquistische Symbole zu tilgen und Opfer der Franco-Diktatur anzuerkennen und ihnen Hilfe zu gewähren. Von Ausnahmen abgesehen wartet das Gesetz noch immer auf Umsetzung.
Karl-H. Walloch
Gewaltenteilung
Wenn ich irgend kann, gehe ich zu den Pankower Waisenhausgesprächen. Kürzlich stand das Thema Gewaltenteilung in Russland auf der Tagesordnung. Die meisten fanden, Gewaltenteilung sei unverzichtbar. Ich dachte daran, wie es in den Anfangsjahren der DDR unter Juristen häufig hieß: Nur keine Zäune bauen. Es musste alles von Grund auf erneuert werden, Koedukation bewegte die Gemüter, Gleichberechtigung der Frau und des unehelichen Kindes waren gefordert, Bildung vom Gymnasium bis zur Universität sollte für alle offen stehen. In den Gesetzbüchern standen noch die alten Paragrafen, doch nazistische Bestimmungen sollten nicht mehr gelten. Welche das waren, mussten die Gerichte selbst entscheiden. In der SBZ und später der DDR galt zum Beispiel die Sicherungsverwahrung (nach Verbüßung einer Strafe), die die Nazis eingeführt hatten, nicht mehr; in der BRD gilt sie noch heute als unverzichtbar. DDR-Erfahrungen werden hier wie anderswo nicht zur Kenntnis genommen.
Ich sage mir, Gewaltenteilung ist gut, wenn sie der Staat nach den gegebenen Bedingungen sich leisten kann. Die BRD kann sie sich leisten. Wenn sie gelegentlich hinderlich ist, findet sich ein Ausweg. Ich denke dabei an die juristische Bewältigung der DDR-Vergangenheit. Da gab es einige rechtliche Probleme. Sie hießen: Verjährung, Immunität, Vorsatz, keine Strafe ohne Gesetz. Das waren ernste Hindernisse. Die Wissenschaft sagte überwiegend, wenn nicht einmütig, sie zu überwinden, geht nicht. Die Gerichte sagten ebenso einmütig, das geht. Vom Landgericht, über den Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erkannten sie: Schuldig! Niemand wunderte sich über diese Meinungsverschiedenheit zwischen Wissenschaft und Rechtsprechung, in der freien, unabhängigen Presse war das kein Thema.
Also sage ich mir, Gewaltenteilung ist nicht alles.
Und noch etwas kam im Waisenhaus nicht vor. Wir leben im Zeitalter des Neoliberalismus, schlanker Staat ist angesagt, privater Wachschutz blüht, Wasserwerke, Elektrizitätswerke, Gaswerke, Post, Telekom sind privatisiert, Gefängnisse und Autobahnen sollen es werden. Alles ist teurer geworden, vieles funktioniert schlechter. Beispiele sind der BER, die Hamburger Elbphilharmonie, die Pannen beim öffentlichen Personennahverkehr und der Eisenbahn. Dennoch, schlanker Staat ist in. Klingt auch gut, schlank ist schön. Doch beim Staat ist schlank gelogen, schwach müsste es heißen. Schwacher Staat heißt zugleich schwache Demokratie. Jede Privatisierung schwächt den Einfluss des Volkes und stärkt die Konzernherren. Das ist das Problem, nicht die Gewaltenteilung. Wie wollen wir mit einem schwachen Staat die Probleme bewältigen, vor die uns der Klimawandel stellen wird?
Friedrich Wolff
Unsere Zustände
Philosophie nicht nur für Hunde: Wer an der Kette hängt, kläfft.
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Gäbe es eine Antwort auf die Frage, warum sich Menschen Böses antun, käme vielleicht ein Gespräch zustande, und das Böse würde verdorren wie ein sterbender Ast.
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Man ist um eine Enttäuschung reicher, das klingt optimistischer als: Man ist um eine Hoffnung ärmer.
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Alles Fremde wirkt bedrohlich. Alles Bekannte sind wir gewohnt. Deshalb sollten wir uns mehr vor der Gewöhnung fürchten.
Wolfgang Eckert
Soeben erschien von Wolfgang Eckert das Buch »Aus der Traum. Plädoyers gegen den Verfall der Natur«, Omnio-Verlag«, 149 Seiten, 14,99 €. In 25 pointierten Geschichten, die Titel tragen wie »Haben Fische eine Zunge?« oder »Die Domestizierung der Murmeltiere« bringt der Autor seine Sorge um die Natur vor, nicht selten in satirischer Form.
Ein Abend in der Berliner Distel
Ende April hatte in der Berliner Distel Thomas Lienenlükes Komödie »Zwei Zimmer, Küche: Staat!« Premiere: ein rundum gelungener Abend. Ich sag’s vorweg: Die Persiflage auf Donald Trump brachte das Haus aus dem Häuschen – Gelächter, Fußgetrampel, Zwischenapplaus für Rüdiger Rudolph und Hohnlachen für das amerikanische Original, das in unfreiwilliger Komik, theatralischer Gestik, aufgeblasener Diktion unübertroffen ist. Was aber hat Donald Trump in dem Stück zu suchen? Ganz einfach: Die bald ins Rentenalter gelangte Margie und ihr 44-jähriger Sohn, beide finanziell ziemlich klamm, holen sich einen Untermieter in die Wohnung, und alle drei beschließen, den Widrigkeiten der bösen Welt so gut es geht zu trotzen. Das geht nicht lange. Folglich gründen sie ihren eigenen Staat mit eigener Flagge, Kanzlerin, Verteidigungs- und Innenminister. Und siehe da, das Blatt wendet sich: Bald spielen sie ganz oben mit. Angela Merkel buhlt um gute Nachbarschaft, und Donald Trump schickt sich zu einem Staatsbesuch an – dies der Höhepunkt eines launigen Ablaufs mit mal bissigen, mal humorvollen Pointen und flotten Musikeinlagen. Am Ende verbeugen sich die Kabarettisten Dagmar Jaeger, Michael Nitzel und Rüdiger Rudolph zu herzlichem Applaus, sie treten ab, kommen wieder, treten ab, kommen wieder und das so lange, bis auch die Musiker, die Herren Lauscher und Symann, und Dominik Paetzholdt, der Regisseur, den Zuschauern ihr Dankeschön zurufen.
Walter Kaufmann
Nächste Vorstellungen: 29.5. bis 2.6. jeweils 20 Uhr, www.distel-berlin.de, Kassentelefon 030-204 47 04
Zuschrift an die Lokalpresse
Manchmal wird man stutzig, wenn man mehrere Nachrichten derselben Tageszeitung einander gegenüberstellt. Zum Beispiel fragte am 5. Mai der Berliner Kurier seine Leser auf Seite 25 »Wo sind all die Vögel hin?« und beklagte die »signifikante Bestandsabnahme« unserer gefiederten Sänger. In derselben Ausgabe wurde ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes kommentiert, demzufolge Fluggäste keine Entschädigung einklagen können, wenn Verspätungen durch den Zusammenprall ihres Fliegers mit einem Vogel entstanden sind. Und das scheint bei dem internationalen Flugwesen, das sich schon zu Sowjetzeiten mächtig gewaltig entwickelte und für das bereits der Wächter der Fliegerschule Genosse Kossomossow Sponsoren suchte, immer häufiger der Fall zu sein. Irgendwie passt das nicht recht zusammen. Für mich leiten sich daraus ein paar Fragen ab: Welche Flieger- und welche Vogelarten sind von Verkehrskollisionen besonders oft betroffen? Haben bei der ständigen Verschiebung der Eröffnung des BER-Flugdenkmals vielleicht Vogelschützer die Hand im Spiel? Sollten Verkehrsplaner und Ornithologen nicht versuchen, die Flugrouten und die Vogelfluglinien besser miteinander zu koordinieren? Kann man die Flughöhen, beispielsweise der Haussperlinge und der Singdrosseln, nicht durch Sicherheitsnetze voneinander abgrenzen, so dass Kollisionen der Flügelträger weitgehend ausgeschlossen sind? – Ramona Sperber (38), Präparatorin, 15370 Vogelsdorf
Wolfgang Helfritsch