Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern. – Bürgerinnen und Bürger, die sich angesichts verschiedener von Ihren Ministern eingebrachter Gesetzesnovellen Sorgen um die Demokratie machen, diffamieren Sie als schlecht informierte »Unbedarfte«, und kritische Stellungnahmen nennen Sie »Lügenpropaganda«. Damit nicht genug: Sie lassen auch im Umgang mit dem Bayerischen Landtag jeden Respekt vermissen. An demselben Tag, an dem das bayerische Polizeiaufgabengesetz ungeachtet aller Einwände und Proteste durch die zweite und dritte Lesung gepeitscht wurde, ließen Sie die CSU den Antrag stellen, die Tagesordnung der Plenarsitzung um die erste Lesung eines Gesetzes zur Wiedererrichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu erweitern. Besagtes Gericht wurde 2006 von Ihrem Vorgänger Edmund Stoiber aus Kostengründen abgeschafft. Sie haben dem damals zugestimmt. Jetzt wollen Sie das Gericht wiederhaben – warum auch immer. Am Vormittag des 10. Mai verabschiedete Ihr Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf, am Nachmittag sollten die Abgeordneten, denen noch nicht einmal der Text, geschweige denn eine Begründung vorlag, darüber abstimmen. Diese Zumutung wiesen SPD und Grüne zurück. Immerhin wurde auch in Bayern die Monarchie vor hundert Jahren abgeschafft.
Mitglieder der Generation Smartphone, analog überfordert. – Die starke private Nutzung digitaler Geräte im Vor- und frühen Grundschulalter zeigt bei Ihnen negative Auswirkungen: Wer in jungen Jahren nicht durchs Hantieren mit Klötzen und anderem Bau- und Bastelmaterial oder auch mit Werkzeugen wie Sandkastenschüppe, Schere, Klebstofftube und Malstift entsprechende Muskeln und Fertigkeiten übt, hat als Schüler/in Schwierigkeiten, einen Füller oder Schreibstift richtig zu halten. Immerhin scheint sich ein weiteres Problem für Sie zwar wohl noch nicht an deutschen, aber doch an vielen englischen Schulen schon erledigt zu haben, wie The Telegraph berichtete. Damit dort bei schriftlichen Prüfungen kein zusätzlicher Stress aufkommt, hat man aus Prüfungsräumen Uhren mit Zifferblatt und Zeigern entfernt. Denn Ihnen bereitet als Mittel- und Oberstufenschüler/inne/n in zunehmendem Maße eine seit Jahrhunderten verbreitete Kulturtechnik Schwierigkeiten: das Ablesen der Zeitangabe analoger Uhren. Also hängen in Prüfungsräumen nun Digitaluhren, damit Sie sich »beim Arbeiten unter Zeitdruck nicht so leicht in der angezeigten Uhrzeit irren« können. The times they are a-changin‘.
Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin. – In der ARD-Sendung Markus Lanz versuchte der »Gastgeber«, Ihnen seine Law-and-Order-Vorstellung von Integration aufzudrängen: Um Eltern »mit Migrationshintergrund« dazu zu bewegen, dass sie ihre Kinder zur frühkindlichen Förderung in Kitas und Kindergärten geben, seien Strafandrohungen unumgänglich. So könnte zum Beispiel nach entsprechender Grundgesetzänderung das Kindergeld gekürzt werden, wenn ein Kind nicht an derartigen Fördermaßnahmen teilnehme. Dagegen setzten Sie auf ausreichendes Angebot, gute Qualität und Überzeugung der Eltern, dass es gut für ihr Kind ist. Sie wendeten sich gegen die Gegenüberstellung: »die« und »wir«. Nicht die Internationalität sei das Problem. »Wenn du sagst, an unserer Schule sind neunzig Prozent n. d. H. [(Kinder) nichtdeutscher Herkunft], dann sagen alle: Mein Gott, wie furchtbar! Aber wenn Sie an die International School in Zehlendorf gehen, dann haben Sie dort hundert Prozent n. d. H. – aber das sind andere.« Ganz oft stehe die soziale Problematik im Vordergrund: »Da müssen wir ran.« Gute Idee. Aber mit der GroKo?