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Werner Abelshauser, Wirtschaftshistoriker, offenherzig. – In der ARD-Sendung »Kassensturz Europa« am 20. Mai war Ihre professorale Expertise gefragt. Zu der Tatsache, dass deutsche EU-Beiträge auch zur Finanzierung von Projekten in anderen Mitgliedsländern verwendet werden, bemerkten Sie: »Das ist der Preis für den Zusammenhalt der EU. Wenn wir das nicht zahlen würden, würde die Europäische Union auseinanderfallen, und wir haben ein Interesse daran, die Europäische Union hinter uns zu haben, wenn wir deutsche Interessen auf dem Weltmarkt und im Weltsystem der Herrschaft durchsetzen wollen.« Haben Sie keine Angst um Ihren Job, wenn Sie so ganz ohne Rücksicht auf die gängigen Sprachregelungen die Dinge beim Namen nennen? Erinnern Sie sich nicht an einen gewissen Horst Köhler? Der plauderte als Bundespräsident auf dem Rückflug von einem Besuch in Afghanistan ungeniert über deutsche Interessen und die Mittel zu ihrer Durchsetzung. Zu den – bekanntlich rein humanitären – Auslandseinsätzen der Bundeswehr sagte er, dass »im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege«. Danach sollte er nicht mehr lange Bundespräsident bleiben. Nun ist natürlich die finanztechnische Variante sehr viel verfassungskompatibler. Außerdem kommt Ihnen zugute, dass Äußerungen von offenem Chauvinismus heute nur noch selten Aufreger sind. Trotzdem: Passen Sie auf sich auf!

 

Michael Kretschmer, Ministerpräsident Sachsens. – Sie gaben bei einer Gedenkveranstaltung kund, richtig wütend zu werden, wenn junge Leute meinen, das Leben in der DDR sei besser gewesen. Sie wissen bestimmt, wer ihnen das eingeredet hat, aber trauen sich doch nicht so ganz, die Generation ihrer Eltern zu belehren. In Betracht Ihres, für das Amt des MP Sachsens, pubertären Alters sei Ihnen Ihre wütende Unwissenheit nachgesehen, aber im kommenden Landtagswahlkampf sollten Sie sich um breitere Bevölkerungskreise inklusive deren Erfahrungen bemühen.

 

Wolfgang Ischinger, Präsident der Münchner »Sicherheitskonferenz«. – In der Talk-Show »Markus Lanz« wurde, nachdem zunächst die jüdische Zeitzeugin Laureen Nussbaum ausführlich zu Wort gekommen war, an Sie die Frage gerichtet, welche Bedeutung die Berichte von Zeitzeugen der NS-Verbrechen heute noch für Deutschland und die Deutschen haben. Sie antworteten mit einem Lobgesang auf die intensive Auseinandersetzung, die Ihrer Meinung nach zu diesem Thema in Deutschland stattgefunden habe. »Ich glaube«, sagten Sie, »wir Deutschen sind in einer besseren Lage – ich will es mal auf den Punkt bringen – als unsere Nachbarn, die Österreicher. Und auch ein paar andere, die das in dieser Klarheit, in dieser Tiefe nicht mitgemacht haben.« Nicht nur mitgemacht, sondern »wir haben es durchgemacht« und seien deshalb »jetzt in einer glücklicheren Lage«. Das Glück besteht, wenn wir Sie richtig verstanden haben, darin, dass »wir« jetzt ohne schlechtes Gewissen auf »Sicherheitskonferenzen« (früher: »Wehrkundetagung«) Aufrüstung und militärische Konfliktlösungen erörtern und die Konsequenz der Antifaschisten »Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!« als naiv belächeln können.