Guido Westerwelle. – »Gute Nachricht für die Bürger: Die Einkommensteuer wird nicht erhöht.« Das war Ihr Kommentar zum »Sparpaket«. In ernsten Zeiten muß Verzicht geleistet werden. Der Staat verzichtet auf Besteuerung der Reichen, die Armen verzichten auf soziale Leistungen des Staates. Aber ob die Letzteren das als »gute Nachricht« empfinden? Wo doch alle Bürger eine solche empfangen sollen? Schwierig. Wie lösen wir das Problem? Vielleicht so (oder was meinen Sie?): Bürgern wir die Armen doch einfach aus. Dann haben sie keinen Anspruch mehr auf gute Nachrichten.
Sigmar Gabriel. – Weshalb Ihr Kandidat Bundespräsident werden muß, haben Sie zur Begeisterung Ihres Parteigefolges werbewirksam zu begründen gewußt: »Joachim Gauck bringt ein Leben mit in seine Kandidatur und in sein Amt, Christin Wulff nur eine politische Laufbahn«. Ein schlagendes Argument. Wer möchte schon ein lebloses Staatsoberhaupt.
Frankfurter Allgemeine. – Gauck soll es werden, verkünden Sie stakkatoartig, mit einer in Ihrem Blatt ungewohnten Direktheit: »Es ist Sonne über Berlin. Joachim Gauck ist christlich, bürgerlich, liberal. Er wäre ein idealer Bundespräsident«, so eine Schlagzeile. Und im Text: »Man erträgt den Gedanken an Christian Wulff nur, wenn man den Gedanken an Joachim Gauck verdrängt.« Das reicht noch nicht, deshalb sagen Sie es in einem anderen Beitrag prophetisch: »Der bürgerliche Held, auf den das Land wartet, heißt Joachim Gauck.« Jetzt wissen wir es. Am 30. Juni, wenn alles klappt, wird uns der Heiland erscheinen.
Welt am Sonntag. – Wenn Deutschlands Retter ins Bundespräsidentenamt einzieht, wird das nicht zuletzt ein Verdienst der Zeitungen aus Ihrem Verlagshaus sein. Den FDP-Wahlmännern und -frauen helfen Sie noch ein wenig nach: »Gauck fliegen liberale Herzen zu«, formulieren Sie als Schlagzeile auf der Titelseite. Gauck: ein Springer-Herzensmann. Dagegen kommt Guido Westerwelle mit seinem mürrischen Jawort zu Wulff nicht an.
Jürgen Trittin. – Sie geben sich empört, daß die Linkspartei eine eigene Kandidatin zur Wahl des Staatsoberhaupts aufgestellt hat, und mehr noch darüber, daß diese Partei immer noch nicht zugesagt hat, im dritten Wahlgang dann doch Ihren Kandidaten Gauck zu wählen: »Wenn das linke Politik sein soll, dann ist dieser Partei nicht zu helfen.« Offenbar nehmen Sie für sich in Anspruch, linke Politik zu betreiben, was wir Ihnen seit Jahren nicht angemerkt haben. Aber wenn Gauck, der seit 20 Jahren in der Rolle eines Generalfeldmarschalls Hindenburg des Kalten Krieges posiert und anti-linke Ressentiments bedient, ein linker Kandidat sein soll, dann ist Ihnen, Ihrer Partei und den Sozialdemokraten nicht mehr zu helfen. Wird Ihnen die Die Linke helfen? Wir wissen es nicht.