Fukushima sei eine heftige Herausforderung für die deutsche Politik gewesen, aber die Regierung habe sich dieser gewachsen gezeigt, sagt die Kanzlerin. Die CDU/CSU/FDP-Koalition verspricht dem Volk die Energiewende, wobei die CSU sich besonders wendig, die FDP etwas zögerlich zeigen darf. Von atomfreundlichen Kritikastern in der CDU läßt sich Angela Merkel nicht irritieren, sie hat das oberste Ziel fest im Sinn: Auf jeden Fall soll die Union auch nach den nächsten Bundestagswahlen die Regierung führen. Das setzt Wendefähigkeit voraus, vor allem koalitionsstrategische: Womöglich reicht es ja nicht für eine weitere schwarz-gelbe Regierungszeit, dann ist die Partnerschaft mit der zweiten alten Volkspartei wieder dran, obwohl diese ziemlich klapprig geworden ist – oder die mit der neuen, der grünen Volkspartei; daß die beim unteren Teil des Volkes nicht ankommt, schadet nicht, denn der gewöhnt sich ja längst das Wählen ab.
Die Energiekonzerne beklagen sich über die Wendigkeit der Regierung, aber damit kommt die Kanzlerin zurecht, sie weiß ja, worauf das abzielt: Auch der Einstieg in den Ausstieg soll sich für die Großunternehmen rentieren, der Staat hat dafür zu sorgen, daß kein Gewinnausfall entsteht. Zudem ist alternative Energieproduktion eine auf die Zukunft hin hochprofitable Branche, es muß nur darauf geachtet werden, daß sie in die richtigen Hände kommt, wozu staatliche Politik verhelfen kann. Prächtige Aussichten hat auch jene Industrie, die neue Trassen, Anlagen und Geräte baut, auch da sind staatliche Subventionen fällig. Dem gemeinen Volk müssen dann die sozialen Leistungen noch mehr gekürzt werden, darüber kann es sich aber nicht beschweren, die Leute wollten doch die Energiewende, nun bekommen sie sie – nebst höheren Preisen für Strom und Gas. »Die Wirtschaft«, wie sich das Kapital gern nennen läßt, hat also keinen Grund zur Trauer. Energiepolitische Neuerungen sind durchaus profitträchtig, wenn Marktmacht und Profitrate des großen Kapitals in der Branche gesichert werden.
Erhebliche Wende-Energie müssen SPD und Grüne aufbringen, was der CDU/CSU ein Trost sein wird. Die Kanzlerin wirbt für den ganz großen Energie-Wende-Konsens und bringt damit die beiden Parteien in einige Verlegenheit. Verweigern sie sich der Harmonie, nimmt ihnen das ein Teil ihrer Anhängerschaft übel; arrangieren sie sich mit der Regierungskoalition, ist ein anderer Teil ihres Anhanges unzufrieden. Außerdem kommt bei Rosa-Grün Zwietracht auf: Die Sozialdemokraten möchten, daß die Wende den Kohlekraftwerken zugutekommt, die Grünen wünschen, daß die Windradbetreiber und andere Alternativanbieter das zusätzliche Geschäft machen.
Merke: Die Kanzlerin ist nicht zu unterschätzen. Sie hat Erfahrung darin, wie mit einer Wende politisch umzugehen ist.