Am Freitag vor Pfingsten, kurz nach halb neun – der Heilige Geist schlief noch fest –, ergriff Rainer Stinner (FDP), in der Bundeswehr gedientes Mitglied des American Chamber of Commerce, im Bundestag das Wort. Es war eilig, eine halbe Stunde später begann die abschließende Lesung der Änderungen im Transplantationsgesetz für die Organspende.
»Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!«, so begann Stinner, der sich auch als Mitglied der Südosteuropa-Gesellschaft (1940 zwecks »Neuordnung Europas« in Wien unter dem Vorsitz des Gauleiters Baldur von Schirach und der Schirmherrschaft des Reichwirtschaftsministers Walther Funk gegründet und 1958 – die beiden letztgenannten saßen noch im Kriegsverbrechergefängnis – wiederbegründet von Professor Fritz Valjavec, zuvor »Gegnerforscher« im Reichssicherheitshauptamt und erfolgreiches Mitglied in der SD-Todesschwadron 10b der Einsatzgruppe D) auszeichnet – exakt beschriebene historische Zusammenhänge machen gerade in Deutschland den Satzbau leicht etwas unübersichtlich –, und fuhr kurz vor der Organspendedebatte fort: »Von den drei zivilen und militärischen internationalen Einsätzen im Kosovo – UNMIK, EULEX und KFOR – ist nach meinem Dafürhalten der KFOR-Einsatz bislang mit Abstand der erfolgreichste gewesen. KFOR war in der Lage, die gestellten Aufgaben über Jahre hinweg zu erfüllen, nämlich Sicherheit und Stabilität im Kosovo.« Und das veranlaßte den Abgeordneten der Südosteuropa-Gesellschaft zu Botschaften an die restliche Welt: »Die erste Botschaft lautet: Wir als Deutscher Bundestag erneuern unsere Bereitschaft, für die Region Verantwortung zu übernehmen. Das ist eine wichtige Botschaft; denn sie besagt: Das Ganze geschieht in Europa, direkt vor unserer Haustür.« Das Protokoll vermerkt: »Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [Bündnis 90/Die Grünen]«.
Richtig, vor unserer Haustür, mit unserer militärischen Hilfe wurde Hashim Thaci, Händler von serbischen Organen, Ministerpräsident der gewaltsam von Jugoslawien abgetrennten Provinz Kosovo. Er ist Chef der Terroristenorganisation UCK, die vom BND mit Waffen ausgerüstet wurde, um doch noch zu vollenden, was Hitler nur vorübergehend gelang: die Zerschlagung Jugoslawiens.
»Wir können in Deutschland stolz darauf sein«, bekundete der FDP-Redner, »und zwar unabhängig davon, wer die Regierung gestellt hat, daß wir diese Verantwortung über Jahrzehnte hinweg wahrgenommen haben.« Und noch schöner: »Wir können stolz und dankbar gegenüber unseren Soldaten sein, die ihre Aufgabe im Kosovo über Jahre hinweg in tadelloser Weise bewältigt haben.«
Das Protokoll nunmehr: »Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]).« Der ist nämlich als Präsident der Südosteuropa-Gesellschaft Chef des FDP-Abgeordneten und als ständiges Mitglied der Friedensbewegung seit 1999 ein leidenschaftlicher Anhänger der Fortsetzung des 1941 von Hitler begonnenen Krieges gegen Jugoslawien.
»Der ganze Balkan ist nicht die Knochen eines einzigen preußischen Grenadiers wert.« Der ebenfalls gediente Unionsabgeordnete und Rechtsanwalt Peter Beyer bittet seine Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag, sich durch diesen Ausspruch Otto von Bismarcks »nicht in die Irre« leiten zu lassen; denn die »Geschehnisse« auf dem westlichen Balkan seien »integraler Bestandteil« auch »unserer deutschen Geschichte«. Richtig: 1914-1918, 1941-1945. Und seit 1999 wieder. Er weiß es: »Seit nunmehr 13 Jahren ist KFOR im Einsatz... Deutschland hat sich an dieser Operation von Anfang an beteiligt. Dies ist der längste ununterbrochene Einsatz der Bundeswehr überhaupt. Deutschland ist und bleibt mit rund 1.300 Soldatinnen und Soldaten stärkster Truppensteller im Kosovo.« Und schützt so den Organhändler Thaci.
Allerdings, das bemerkte der Abgeordnete Beyer auch: »In der Tat leben im Kosovo, insbesondere im Norden des Landes, heute noch circa 120.000 Serben. Völkerrechtlich stellt sich die Situation wie folgt dar: Circa 90 Staaten weltweit haben das Kosovo als einen eigenständigen souveränen Staat anerkannt, dazu gehört auch Deutschland.« Doch da gibt es eine Widersetzlichkeit, die für Deutschland einfach inakzeptabel ist: »Vor diesem Hintergrund ist es unerträglich, daß fünf EU-Mitgliedstaaten aus wenig substanziellen Gründen das Kosovo immer noch nicht als einen souveränen Staat anerkennen.«
Diese renitenten Staaten sind Spanien, Rumänien, Slowakei, Zypern und – natürlich – Griechenland. Über den somit fälligen Einmarsch wurde im Bundestag noch nicht beraten.
Der nächste Tagesordnungspunkt unseres Parlamentes war, wie gesagt, das Organspendegesetz, gegen das der Ministerpräsident des Kosovo ein unmittelbares gewerbliches Interesse hat. Aber keiner der deutschen Parlamentarier, nicht einmal die Abgeordneten der Südosteuropa-Gesellschaft, standen für ihn auf. Eine Schande für unser Land und ein unerträglicher Affront gegen unsere Soldatinnen und Soldaten im Kosovo, die nun nicht mehr wissen, wofür sie ihre Knochen hinhalten sollen.
Ausgenommen natürlich der rechtskundige Abgeordnete Beyer: Seine Website verkündet direkt hintereinander: »Bundestag verlängert KFOR-Einsatz um ein Jahr.« Und: »Organspender kann jeder sein.«