Seit den Parlamentswahlen im Dezember sind mehr als fünf Monate vergangen, Spanien zeigt eine zersplitterte Parteienlandschaft. Weder das rechte noch das linke Lager verfügt über eine parlamentarische Mehrheit. Zuletzt versuchte der Sozialist Pedro Sánchez, der ein Bündnis mit Ciudadanos eingegangen war, Podemos in die Allianz einzubinden. Doch die ideologischen Gräben zwischen Ciudadanos und Podemos sind tief. Dabei waren beide Parteien angetreten, die Demokratie im Land zu erneuern. Seit den Dezember-Wahlen sind die zwei Neulinge im Parlament zu unversöhnlichen Konkurrenten geworden. Ciudadanos gibt sich betont wirtschaftsfreundlich, Podemos bürgerfreundlich. Ein Katalonien-Referendum wird von Podemos befürwortet, von Ciudadanos strikt abgelehnt.
Bereits nach der ersten Runde der Bündnisgespräche von Sozialistischer Arbeiterpartei (PSOE), Ciudadanos und Podemos erklärte Generalsekretär Pablo Iglesias die Verhandlungen für gescheitert. Umrahmt von der Podemos-Parteispitze teilte der einstige Politologieprofessor der Presse feierlich mit, man stelle sich gegen ein Bündnis mit Ciudadanos, aber die Basis solle darüber das letzte Wort haben. Sicher ein Zugeständnis an all jene, die ihm einen autoritären Führungsstil vorwerfen. Erwartungsgemäß lehnten die Mitglieder von Podemos die Tolerierung einer Mitte-Links-Regierung ab: 88,2 Prozent sprachen sich per Internet dafür aus, einem vom PSOE-Vorsitzenden Pedro Sánchez angestrebtem Minderheitskabinett mit Ciudadanos jede Unterstützung zu verweigern. Hingegen stimmten 91,8 Prozent der Befragten einem Bündnis von PSOE, Podemos und kleineren Linksparteien zu. Nur, gegen diese Koalition hatte sich der Vorstand der PSOE bereits ausgesprochen. Jetzt steht eine Neuwahl für den 26. Juni an. Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias hofft, dass seine Partei zur zweitstärksten Partei im Parlament wird.
Derweil haben in Spanien die Panama-Papiere erste Opfer gefordert: Die Schwester des ehemaligen Königs Juan Carlos I., Pilar de Borbón, hat sich wie die Geliebte des Königs, Corinna zu Sayn-Wittgenstein, der Filmregisseur Pedro Almodovár und der Fußballspieler Lionel Messi der Hilfe eines Offshore-Dienstleisters, der Rechtsanwaltskanzlei Mossack und Fonseca, in Panama bedient. Spaniens Industrieminister José Manuel Soria (Partido Popular) musste wegen einer Affäre um eine Briefkasten-Firma seinen Rücktritt erklären. Mit seinem Rücktritt, so Soria, wolle er Schaden von der geschäftsführenden Regierung Mariano Rajoys abwenden und die Bildung einer neuen Koalition nicht erschweren. Nur, wer will mit der Partido Popular noch ein Bündnis eingehen?
Zu Pfingsten feierte Podemos ihren fünften Gründungstag in Madrid. Seither gibt es in Spanien auch das neue Wahlbündnis mit Namen »Unidos Podemos« (Vereint können wir). Die Partei Podemos ist mit der Vereinigten Linken (Izquierda Unida) ein Wahlbündnis eingegangen, das am 26. Juni die alte Partido Socialista Obrero Español (PSOE) vom zweiten Platz verdrängen und mit der PSOE als Juniorpartner die geschäftsführende Regierung von Ministerpräsident Marino Rajoy (Partido Popular) ablösen will. Zum ersten Mal könnte »Unidos Podemos« mitregieren. Pablo Iglesias von »Podemos« und Alberto Garzón von der »Izquierda Unida« haben das in Madrid verkündet. Zwar bestreiten beide Parteien ihren Wahlkampf getrennt, zusammen könnten sie, legt man die Ergebnisse der letzten Wahl zugrunde, sieben Millionen Stimmen (Podemos sechs und IU eine Million) einfahren.
Keine einfache Situation für die spanischen Sozialisten: In mehreren Regionen, so in Andalusien, gibt es Regierungspakte mit Podemos. Immer noch verkündet Sánchez, die PSOE sei eine geschlossene nationale Kraft, die für die Einheit Spaniens und gegen eine Abspaltung Kataloniens eintritt. In Valencia fordert der regionale Ministerpräsident Ximo Puig, ein Wahlbündnis für die zweite Kammer, den Senat, mit dem Podemos-Zwilling »Compromis« einzugehen. Zuvor hatte bereits Iglesias dieses Angebot Sánchez gemacht.
Eine Meinungsumfrage von »Metroscopia – Pulso de España« untersuchte Spaniens linke Wähler genauer. Für PSOE ist das Ergebnis enttäuschend: Sie erreicht vorrangig Ältere. Linke WählerInnen zwischen 18 und 54 Jahren bevorzugen Podemos. Vielleicht kommt mit ihnen die politische Erneuerung Spaniens.