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Renditejäger stoppen  (Magda von Garrel/Dietrich Antelmann)

Die der Öffentlichkeit zugänglichen Informationen reichen aus, um schon jetzt feststellen zu können, dass die Berliner Schulbauoffensive vor allem den Renditejägern zugutekommen soll, während die Berliner Bürger/innen hauptsächlich zuschauen und zahlen dürfen. Doch der Reihe nach:

Im Koalitionsvertrag hat der rot-rot-grüne Senat zwei große Versprechen gegeben: »Die Koalition schließt beim Neubau jede Form von Public Private Partnership aus.« und »Eine Partizipation der Beteiligten wird sichergestellt.«

 

Obwohl es die gute Haushaltslage gestattet, Schulbau und -sanierung aus dem Kernhaushalt zu bestreiten, schiebt der Senat die ab 2020 in Kraft tretende Schuldenbremse vor, um mindestens 1,5 Milliarden Euro des Investitionsvolumens über die als GmbH privatrechtlich organisierte Wohnungsbaugesellschaft Howoge abwickeln zu lassen und dort einen Schattenhaushalt zu kreieren. Hierzu werden Gebäude und Grundstücke an die Howoge übertragen.

 

Mit der abenteuerlichen Konstruktion verlieren die Berliner Bezirke relevante Rechte an den Schulen und werden für 25 bis 32 Jahre zu reinen Mietern. Die mit der formellen Privatisierung verbundene Möglichkeit der funktionalen und materiellen Privatisierung wird von den Koalitionären mit der fadenscheinigen Begründung geleugnet, dass die Howoge zu 100 Prozent landeseigen ist.

 

Bevor ihnen der Journalist Kai Schlieter von der Berliner Zeitung – »Der große Bluff der Berliner ›Schulbauoffensive‹« vom 15. Juni – auf die Schliche kam und gleichzeitig der Berliner Rechnungshof in seinem Jahresbericht Bedenken gegenüber der Konstruktion veröffentlichte, verbreiteten die Akteure aller Regierungsparteien, allen voran Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD), Steffen Zillich (Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken) sowie Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen) die Märchen, dass mit der Schulbauoffensive keine Privatisierung möglich sei und ein Mehr an Transparenz, Mitwirkung und Demokratie eingeführt werde.

 

Dabei hätte es zumindest Finanzsenator Kollatz-Ahnen besser wissen müssen, da er zuvor als Senior Adviser im Bereich Finance and Regulation bei pwc gearbeitet hat. Das Kürzel pwc steht für Pricewaterhouse Coopers und somit für eine der vier großen global agierenden Beraterfirmen, denen es ausschließlich um die Anbahnung und Gründung öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) geht.

 

Die von der Öffentlichkeit nur schwer zu durchschauende und deshalb kaum wahrgenommene Arbeit der Beraterfirmen findet im Rahmen einer ebenfalls zu 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanzierten Gesellschaft statt, die sich Partner Deutschland – Berater der öffentlichen Hand GmbH nennt. Das Geschäftskonzept der Beratergesellschaft geht auf einen Plan zurück, den Top-Manager der Deutschen Bank AG, der britischen Kanzlei Fresfields Bruckhaus Deringer sowie Berater von McKinsey erarbeitet haben und der vom früheren Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit der seit Anfang 2009 operativ tätig gewesenen ÖPP Deutschland AG (Vorläuferin der heutigen Partner Deutschland GmbH) umgesetzt wurde. Immer mehr öffentliche Aufgaben, werden an öffentlich-private Partnerschaften abgegeben. Das nennt man funktionale Privatisierung. Versicherungen, Pensionsfonds und Banken allgemein steigen gern in derartig sichere Anlageprodukte im Infrastrukturbereich ein. Die Negativschlagzeilen über die für Steuerzahler/innen im Falle von ÖPPs regelmäßig teurer werdenden Infrastrukturprojekte reißen nicht ab.

 

Nach einem internen Aktenvermerk hat sich Kollatz-Ahnen im November 2017 zu einem Hintergrundgespräch mit der Geschäftsführerin der Howoge, Stefanie Frensch, und Bernward Kulle, einem der laut Berliner Zeitung umtriebigsten Privatisierungsverfechter, getroffen, die ÖPP-Konstruktion war dort Thema.

 

Die Recherchen der Berliner Zeitung belegen, dass von Anfang an die abgestrittene öffentlich-private-Partnerschaft geplant war. In Erwartung, dass sich dann die Schultore auch für die Vermarktung der Bildung durch Monopolkonzerne wie Bertelsmann, Google et cetera weit öffnen, haben die Stellenausschreibungen einschlägiger Beraterfirmen zugenommen. So hat zum Beispiel die Bertelsmann Education Group noch im Februar 2018 im Internet Mitarbeiter für den Aufbau eines Bildungsunternehmens mit einer Milliarde Umsatz gesucht.

 

Nach dem Jahresbericht 2018 des Berliner Rechnungshofs wäre die vom Senat geplante private Rechtsform unter anderem nur dann gerechtfertigt, wenn die Aufgaben, zum Beispiel der Schulbau, nicht wirtschaftlicher durch die Verwaltung wahrgenommen werden könnten. »Allerdings resultiert aus der Verlagerung ein Verlust an Transparenz sowie Einschränkungen der Parlamentarischen und Staatlichen Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten.« konstatiert der Rechnungshof. Bei der Entscheidungsfindung sind »auch diese Aspekte zu berücksichtigen, zu bewerten und den erwarteten Vorteilen gegenüberzustellen«. Die auch im Land Berlin uneingeschränkt ab dem Jahr 2020 geltende Schuldenbremse dürfe nicht umgangen werden.

 

Bleibt festzuhalten: Der rot-rot-grüne Senat verhält sich seinen Bürgerinnen und Bürgern gegenüber wortbrüchig. Statt auf Transparenz und Verhinderung von Privatisierung zu setzen, flüchtet er sich in fadenscheinige Argumente, um seine eigentlichen Ziele zu bemänteln. Währenddessen werden in Kungelrunden unter weitestgehender Geheimhaltung die für eine Privatisierung öffentlicher Schulgebäude und -grundstücke erforderlichen Wege geebnet.

 

Damit es nicht soweit kommt, sollten alle Berliner/innen die von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) initiierte Volksinitiative »Unsere Schulen« mit ihrer Unterschrift zur Erzwingung öffentlicher Anhörungen über die sogenannte Schulbauoffensive unterstützen. Unterschrieben werden kann noch bis zum 2. Juli (https://www.gemeingut.org/liste). Also: Die Liste ausdrucken, unterschreiben und sofort an die dort angegebene Adresse abschicken.