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Titel1318

Monatsrückblick: Skandale und Vogelschisse  (Jane Zahn)

Hitler und die Nazis seien »nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte«, meinte AfD-Vorsitzender Gauland beim Bundeskongress der Jungen Alternativen am 2. Juni in Seebach (zitiert nach MAZ, 5.6.18). Das ist selbstverständlich wieder völlig falsch verstanden worden von der Lügenpresse: »Es war nicht meine Absicht, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu bagatellisieren. Es ging mir um ein Synonym für den letzten Dreck, mit dem ich die Nationalsozialisten verglichen habe«, zitierte die MAZ Gauland zu seiner skandalträchtigen Äußerung. Schwamm drüber?

 

Aber dann ein wirklich großer Skandal. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Bremen soll 1200 Asylbewerbern nicht rechtmäßig Asyl gewährt haben. Skandal? Die Mehrzahl der 1200 Fälle zwischen 2013 und 2017 sind Jesiden aus dem Irak und Syrien. Ihnen wurde bevorzugt Asyl beziehungsweise eine Aufenthaltserlaubnis gewährt, weil sie keine Muslime sind und in muslimischen Ländern verfolgt werden. 1200 in vier Jahren, also jedes Jahr 300. Einige Verfahren wiesen offenbar »Formfehler« auf. Terroristen waren nach der Überprüfung durch die Interne Revision des Bundesamtes nicht unter den beanstandeten Fällen. Auch keine gefälschten Identitäten. Ja, Asylbewerber wurden von anderen Außenstellen nach Bremen gefahren, das war aber behördlich abgesprochen, um andere Ämter zu entlasten. Aber auch wenn die Überprüfung durch BAMF und Innenausschuss des Bundestags dieses Ergebnis hatte: Die Mär ist in der Welt, und die AfD hat wieder Futter. Sie wollte es noch in einem speziellen Bundestags-Untersuchungsausschuss ausschlachten, aber dagegen wandten sich alle anderen Parteien – außer der FDP, die auch gern ein »Staatsversagen« feststellt. Schade eigentlich, dass der Ausschuss nicht zustande kam. Dann hätten die Tatsachen vielleicht auch mehr Echo gefunden als ein Vogelschiss.

 

Innenminister Seehofer nahm jedenfalls den Ball der Empörung über angeblich zu lasche Asylbescheide auf, spielt Außenminister und will notfalls im Alleingang die Grenzen schließen. Die Machtprobe mit Kanzlerin Merkel ging erst mal aus wie das Hornberger Schießen: Die von ihr geforderten zwei Wochen Verhandlungszeit mit anderen EU-Staaten werden Merkel dann doch von der CSU eingeräumt. Hauptsache, die CSU zeigt ihre Muskeln.

 

Übelkeitserregend allerdings, wie sich Bayerns Ministerpräsident Söder hinstellt als Retter der bedrängten Einheimischen, nur um bei der AfD zu fischen, die ihm die Bayernwahl zu verhageln droht.

 

Trump ist wohl sein großes Vorbild: Grenzen dichtmachen, Grenzübertreter zu Kriminellen erklären und ihre Kinder getrennt von ihnen in Lagern unterbringen, so wie an der Grenze zu Mexiko praktiziert. Und dann noch aus dem UNO-Menschenrechtsrat austreten, weil der das kritisiert. Kritik ist unchristlich! Meint US-Justizminister Jefferson Session: »Ich möchte auf den Apostel Paulus und seine klare und weise Anordnung im Brief an die Römer 13 verweisen, wonach die Gesetze der Regierung befolgt werden müssen, weil Gott die Regierung zu seinen Zwecken eingesetzt hat.« (zitiert nach: Spiegel online, 15.6.18) Ja, Gottes Wege sind unerforschlich! Und seine Zwecke erst recht. Die Kinder werden jetzt aber wieder zusammen mit ihren Eltern eingesperrt, weil der Protest in den USA zu groß wurde gegen das Auseinanderreißen der Familien. Früher war das anders: Nicht nur in der Sklaverei, auch nach der Unterwerfung der amerikanischen Ureinwohner wurden Kinder von ihren Eltern getrennt, um sie im Sinne weißer Vorherrschaft zu erziehen. Die lateinamerikanischen Kinder sollten allerdings nicht erzogen, sondern abgeschoben werden. Wie die chinesischen und europäischen Produkte, auf die Strafzölle erhoben werden. Nichts Unamerikanisches soll mehr über die Grenze kommen. Naja, auch die Trump-Administration ist nur ein Vogelschiss in 500 Jahren amerikanischer »Erfolgsgeschichte« seit der europäischen Einwanderung.

 

 Trump kann offenbar nur mit einem anderen absoluten Herrscher zu einer Einigung kommen. »Erkennbare Meinungsverschiedenheiten« stellte Angela Merkel beim G7-Gipfel in Kanada fest. Dazu braucht man wirklich keine Brille: Präsident Trump verweigert auf dem Rückflug die Unterschrift unter die Abschlusserklärung nach vorheriger Zustimmung, weil Kanadas Präsident seinerseits Strafzölle gegen US-Produkte angekündigt hatte, denn Kanada wolle sich nicht »herumschubsen« lassen. Was für eine Frechheit!

 

Nicht herumgeschubst fühlte sich offenbar Kim Jong-un. »Präsident Trump und der Vorsitzende Kim Jong-un führten einen umfassenden, eingehenden und aufrichtigen Meinungsaustausch ...« (zdf heute.de, vom12.6.2018,10:28 Uhr)

 

Äh, von wem ist da die Rede? Trump und die Adjektive umfassend, eingehend und aufrichtig? Wie passt das zusammen? Immerhin hat er nicht gleich im Flugzeug alles wieder zunichtegemacht, das ist mehr, als man erwarten konnte.

 

Mehr erwartet hatten die Deutschen von ihrer Nationalelf. Die hatte bei der WM einen Fehlstart und verlor 0:1 gegen Mexiko. Jörn König, sportpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der AfD, weiß warum: Mit zwei Türken in der Mannschaft könne man nicht gewinnen! (Hamburger Morgenpost) Wahrscheinlich ist das auch der Grund, weshalb das russische Team so erfolgreich spielt: Die haben keine Türken dabei. Aber auch die AfD sollte wissen: In Russland sind wir Deutschen noch nie sehr weit gekommen ...

 

Vogelschiss! Schwamm drüber!