»Mit Verärgerung und Fassungslosigkeit«, so meldete der Deutschlandfunk, habe Brüssel auf die Entscheidung Athens reagiert, das griechische Volk über Annahme oder Ablehnung der Konditionen abstimmen zu lassen, unter denen die Institutionen der westlichen Wertegemeinschaft bereit waren, dem überschuldeten, ausgepowerten Land einen Zwischenkredit zu gewähren. Die Regierung hatte in wochenlangen Verhandlungen viele Zugeständnisse gemacht, auch auf Kosten einiger sozialer Reformversprechen, mit denen die Syriza-Partei die Parlamentswahl gewonnen hatte.
Klar. Wohin käme unser stolzes kapitalistisches Imperium, wenn es das dumme Volk hineinreden ließe. Schlimm genug, daß die griechischen Wähler einer Linkspartei die Regierungsgewalt anvertraut haben. Und jetzt wollen diese Leute tatsächlich linke Politik machen – als hätten sie die historische Lektion vergessen, die ihnen die westliche Wertegemeinschaft im Jahre 1967 erteilt hatte. Gemäß dem NATO-Plan »Prometheus« hatten damals faschistische Militärs geputscht, um eine Wahl zu verhindern, bei der ein Erfolg der damaligen Linken zu erwarten war. Das Gleiche geschah 1973 in Chile. Die mörderischen Regime der Obristen Papadopoulos, Pattakos und Johannidis und des Generals Pinochet sorgten dafür, daß die Arbeitskräfte billiger wurden und sich vorerst nicht mehr getrauten, für ihre Interessen zu streiken. Menschenrechte verloren für Jahre ihre Gültigkeit.
Nein, Demokratie gehört nicht zu den »westlichen Werten«. Nehmen wir Ägypten, wo General Mubarak durch demokratische Wahl von der Macht verdrängt wurde. Da der westlichen Wertegemeinschaft die religiöse Partei mißfiel, hinter der die Wählermehrheit stand, mußte das Militär wieder mal putschen. Und wenn Washington als Führungsmacht der westlichen Wertegemeinschaft den demokratisch gewählten Präsidenten Syriens für einen Schurken hält, dann wird das Land mit Krieg überzogen. Gute Verbündete sind die arabischen Monarchen, die mit Grausamkeit und deutschen Waffen Verhältnisse schaffen, unter denen demokratische Regungen gar nicht erst aufkommen können.
Zur westlichen Wertegemeinschaft gehört jetzt auch die Ukraine, nachdem die USA solche Nachwuchskräfte wie Jazenjuk herangezogen und fünf Milliarden Dollar für die Vorbereitung des regime change aufgewendet haben. Wie die New York Times kurz nach dem blutigen Februar-Putsch 2014 feststellte, war der Rechte Sektor dabei entscheidend beteiligt. Jetzt gehören diese Faschisten der Kiewer Regierung an, und Präsident Poroschenko, milliardenschwerer Gebieter über einen Schokoladen-, Medien- und Waffenkonzern, verheißt, die Krim, deren Bevölkerung mit Parlaments- und Volksentscheid (96,77 Prozent) für den Beitritt zur Russischen Föderation votiert hat, in die westliche Wertegemeinschaft zu holen.
Wer sich für die Demokratisierung der Gesellschaft, in der wir leben, engagiert, für die weltweite Geltung der Menschenrechte und damit gegen ein Unrechtsregime, wie es die USA in Guantanamo errichtet haben, der belästigt die Beherrscher des Freien Marktes. Sie können Demokratie allenfalls in der Art US-amerikanischer Präsidentschaftswahlen zulassen. Klar.