erstellt mit easyCMS
Titel1417

Monatsrückblick: Gute Geschäfte  (Jane Zahn)

Das ist zu viel! Wenn der US-Senat deutsche und europäische Firmen bestrafen will, die mit Russland Handel treiben, dann tritt Bundeskanzlerin Merkel auf den Plan. »Es ist, vorsichtig gesagt, ein eigenwilliges Vorgehen des US-Senats«, ließ sie ihren Regierungssprecher am 16. Juni auf einer Pressekonferenz sagen. Außenminister Sigmar Gabriel hält es in einer Pressemitteilung sogar für »völkerrechtswidrig«. Mit den Sanktionsplänen sollten eigene wirtschaftliche Interessen der USA verfolgt werden, wie der Gasexport nach Europa.

 

Nein wirklich, das ist zu viel! Sanktionen ja – aber bitte nur, wo es deutschen Firmen nicht weh tut. Die guten Geschäfte mit Energie und Bauteilen für die neue Pipeline unter der Ostsee wollen wir uns doch nicht vermiesen lassen!

 

Gute Geschäfte mit keiner Energie machen die Windradbetreiber. Windräder bringen auch Geld, wenn sie wegen Überlastung der Stromnetze abgeschaltet werden müssen. Letztes Jahr kamen 372,7 Millionen Euro Entschädigung bei den Betreibern an. Bezahlt wird das von den Stromkunden, die zwar diese Energie nicht verbrauchen, also keine »Verbraucher« oder »Nutzer«, ja nicht einmal »Kunden« sind, aber Goldesel. Für Windradbetreiber. Dabei hatten die 2016 sogar Pech, dass es nicht so viel Wind gab wie 2015: Da bekamen sie nämlich 478 Millionen Euro für keinen Strom. Das nennt sich Marktwirtschaft und ist auf das Bestreben der Regierung zurückzuführen, zwar erneuerbare Energien zu fördern, aber auch Kohle und Atomstrom.

 

Warum auch nicht gute Geschäfte auf Kosten der Bevölkerung machen? Schließlich besitzt jeder Deutsche 174.157 Euro – das heißt im Durchschnitt. In Wirklichkeit besitzen 6100 Deutsche pro Person umgerechnet mehr als 30 Millionen US-Dollar. Die übrigen 79.993.900 Deutschen teilt sich den Rest. Sollten Sie Ihre 174.157 Euro auf Ihrem Konto nicht finden, suchen Sie mal bei Aldi! (Global Wealth Report der Credit Suisse, zitiert nach jW, 15.6.17).

 

Oder bei der Deutschen Bank. Die war beteiligt bei den Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften. 30 Milliarden Euro Steuergelder verschwanden mit dieser Finanzjonglage in den Taschen der Konzerne und Banken. Aber das Bundesfinanzministerium hat nichts falsch gemacht, sagt die Große Koalition. Dass 30 Milliarden Steuergelder durch derartige Finanz-Schweinereien verschwunden sind, ist nicht Schuld der diversen Finanzminister, behauptet die Groko. Zehn Jahre lang drückten sie beide Augen zu und ließen das Steuerschlupfloch offen. Aber der Abschlussbericht der Großen Koalition stellt fest: Das Finanzministerium habe »sachgerecht und pflichtgemäß« gearbeitet. Die Abgeordneten von Bü90/Die Grünen und der Linkspartei sind anderer Auffassung – aber was können sie schon machen, sie sind auch in diesem Untersuchungsausschuss in der Minderheit. (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw25-pa-ua-cum-ex-untersuchungsbericht/511316)

 

So wie sie auch nicht verhindern konnten, dass zu später Stunde und unter dem Deckmantel eines anderen Gesetzes ein Grundrecht ausgehebelt wurde: Die informelle Selbstbestimmung. Einen »Wurmfortsatz im Kleingedruckten« ließ die Bundesregierung zu später Stunde im Parlament verabschieden. Das neue Gesetz ermöglicht es den Behörden, nicht nur bei Terrorismusverdacht, sondern auch bei Delikten wie Rauschgifthandel die Rechner und Handys Verdächtiger mit Hilfe eines Staatstrojaners auszuspähen. Die Schadware muss zwar erst noch entwickelt werden, aber ihr Einsatz ist schon mal gesetzlich erlaubt. »Der Eingriff in die Grundrechte ist umfassender als beim großen Lauschangriff« meint der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele (Bü90/Grüne), und Jörn Wunderlich, Rechtsexperte der Linken, ist sich sicher, dass das Gesetz vor dem Verfassungsgericht landen wird (MAZ 23.6.17). Die Justiz muss mal wieder die Regierung bei verfassungswidrigem Tun erwischen, damit sie lernt, Grundrechte zu respektieren.

 

Erwischt wurde die »Regierung« der EU durch die niederländische Greenpeace-Sektion: Sie hat Dokumente geleakt, die belegen, dass das neue TTIP jetzt JEFTA heißt und mit Japan abgeschlossen wird. Sonst ändert sich nichts. Sonderschiedsgerichte, kein Vorsorgeprinzip, keine Einschränkung des Handels mit illegalem Holz: Der ganze Horror von TTIP jetzt neu und hinterrücks; der Vertrag soll schon beim G20-Gipfel in Hamburg abgeschlossen werden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, selbstverständlich.

 

Holz, das Japan in großen Mengen ohne Herkunftsbescheinigung importiert, wird gerade auch in Polens letztem Urwald geschlagen. Denn Umweltschutz ist »Einflüsterung des Satans«, meint ein polnischer Pfarrer, der Umweltminister Jan Szyszko in seiner Meinung bestärkt, Umweltschutz wolle dem Menschen »das gottgegebene Recht nehmen, sich die Erde untertan zu machen« (jW 28.6.17). Solche Umweltminister braucht das Europa der Konzerne, um gute Geschäfte zu machen!

 

Saudi-Arabien macht seit einiger Zeit schlechte Geschäfte. Das Land gibt mehr aus, als es einnimmt. Da schaut man sich schon mal nach neuen Einnahmequellen um. Und hat sie, ganz naheliegend, auch gefunden: Katar soll mal kurz einverleibt werden. Wenn es seiner Selbstentmündigung nicht bis zum 3. Juli (nach Redaktionsschluss, J. Z.) zugestimmt hat, passiert was! Was, steht in dem Ultimatum nicht, das Katar erhalten hat. Aber man kann sich schon denken, was US-Präsident Donald Trump mit den Saudis ausgehandelt hat bei seiner Reise: Ein Staat weniger auf der Landkarte, was macht das schon! Und die Fußball-WM kann doch genauso gut in Saudi-Arabien stattfinden, da gibt es auch keine Sklaven zu sehen, Herr Beckenbauer! Nur leider wird das immense Gasfeld vor Katars Küste unter anderem vom Iran ausgebeutet, und der wird sich das nicht so leicht wegnehmen lassen. Auch nicht schlecht, führen eben diesmal Saudi-Arabien und Iran Krieg im Interesse des US-Präsidenten. Der lässt ausländische Verhandlungspartner gern in einem seiner eigenen Hotels übernachten und macht damit vor allem eins: gute Geschäfte!