Wolfgang Ischinger, Spezialist für alte Sprachen. – Zum Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands behaupten Sie, es sei »unerlässlich, dass die EU die Sprache der Macht lernt ... Das setzt voraus, dass auch Deutschland die Sprache der Macht lernt ... Es ist in extremen Situationen notwendig, auch mit militärischen Mitteln operieren zu können. Sonst bleibt die Durchsetzung außenpolitischer Interessen zahnlos.« (https://wirtschaft.com/ischinger-eu-soll-notfalls-mit-militaereinsatz-in-libyen-drohen/) Ihren Grundgedanken, Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, hat der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz vor 200 Jahren aufgeschrieben. Wollen Sie wirklich als Kronzeuge dafür herhalten, dass die Menschheit in diesen zwei Jahrhunderten kein Stück weitergekommen ist?
Peter Altmaier, Wirtschaftsminister des Geldadels. – Gegenüber der Welt am Sonntag haben Sie Gesinnung offenbart. »Wir sollten bei bestimmten bürokratischen Anforderungen flexibler reagieren, um Unternehmen die Chance zu geben, ihre verlorenen Umsätze nachzuholen, etwa durch verlängerte Öffnungszeiten.« Die Arbeitszeitgesetze als »bürokratisch« zu bezeichnen ist ein braver Bückling vor den Schlotbaronen. Sie empfehlen denen ja ungeniert, die Arbeitszeiten zu verlängern und die Ausbeutung der Werktätigen weiter zu forcieren. Das wird auch jene »Systemrelevanten« treffen, die Sie kürzlich im Bundestag stehend für ihre Aufopferungsbereitschaft im Dienst an der Gesellschaft beklatschten. Am Ende bleibt nur eine Klatsche für die Lohnabhängigen.
Ralph Brinkhaus, CDU-MdB für Gütersloh, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. – Im Bericht aus Berlin am 28. Juni sprachen Sie von dem »großen Hammer«, der jetzt herausgeholt werden müsse, um die Missstände in der Fleischindustrie zu beseitigen. Es werde sonst ein böses Ende nehmen. Tatsächlich sei aber schon viel Lobenswertes geschehen (die jahrelange Blockadehaltung Ihrer CDU erwähnten Sie nicht) und mit dem System der Werkverträge werde im nächsten Jahr Schluss sein – wenn der Arbeitsminister (SPD) das so schnell hinkriege. Nachdem Sie so den Schwarzen Peter weitergeschoben hatten, lehnten Sie »Schuldzuweisungen« ab und kamen zur moralischen Seite: »Es kann nicht sein, dass es dann so ist, wie ich es am Wochenende gesehen habe: dass Hähnchenfleisch billiger ist als ein Kilo Obst. Das hat auch was mit dem Respekt vor dem Tier zu tun, was da gestorben ist, und dem Respekt vor den Haltungsbedingungen, und natürlich entsprechend auch mit den Arbeitsbedingungen.« Möchten Sie nicht vielleicht vor Ihrem nächsten Fernsehauftritt die Reihenfolge Ihrer Prioritäten überdenken? Nicht? Naja, warum auch? Sie stehen mit Ihrer Reihenfolge ja nicht allein.
Hubertus Heil, Arbeitsmarkt-Aufseher. – Sie haben die Bundesagentur für Arbeit angewiesen, die Sanktionen gegen vermeintlich arbeitsunwillige oder anderweitig säumige Hartz-IV-Leistungsbezieher wieder aufzunehmen. Diese menschenunwürdigen Drangsalierungen waren nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie eingestellt worden. Hoffnungen, Sie würden es dabei belassen, erfüllen sich also nicht. Die Proteste der Sozialverbände gegen Ihren Ukas haben Sie überhört. Die Quittung könnte bei der nächsten Bundestagswahl folgen.
SPD-Bundestagsfraktion, für Kampfdrohnen. – Sie haben sich entschieden: Dem Plan der Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die Bundeswehr auch mit bewaffneten Drohnen auszustatten, wollen Sie zustimmen. Selbstverständlich nur mit gut gemimten »Bauchschmerzen«. Dazu mit der Bedingung, dass das Hauptquartier der Killerdrohnen im jeweiligen (bereits besetzten) Land liegen müsse – zur Vermeidung völkerrechtlicher Komplikationen beim Anflug über Drittstaaten, die Ihr Außenminister bezüglich der Relaisstation Ramstein für die Steuerung von US-Drohnen allerdings konsequent ignoriert. Das ist schon fast friedensnobelpreisverdächtig.
Heiko Maas, Adabei. – Alle Welt schaut derzeit auf Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: Ob es den beiden gelingt, ihr die Billiondimension ansteuerndes Schuldenprogramm zur Rettung der corona-
geschlagenen europäischen Wirtschaft unter Dach und Fach zu bringen? Da kann einer wie Sie natürlich nicht stillhalten: »Europa wieder stark machen« gaben Sie darum als Parole aus. Und wieder hört keiner hin. Aber es zeigt, wo Sie gedanklich zuhause sind und abkupfern: »Make America Great Again« ist das schon abgestandene Motto des US-Präsidenten Trump. Wenig originell.