Frank-Walter Steinmeier, mutmaßlicher Kanzlerkandidat. – Hocherfreut waren Sie über Ihr fünfundvierzigminütiges Tète-á-Tète mit dem US-Präsidentschaftsanwärter. Dieser und Sie seien zu einem gemeinsamen weltpolitischen Gesprächsresultat gekommen: »Krisen sollen kooperativ und nicht konfrontativ gelöst werden.« Ganz klar – deshalb werden Sie auch demnächst dafür plädieren, daß dem Wunsch der US-Regierung nach mehr deutschem Militäreinsatz in Afghanistan stattgegeben wird.
Gert Weisskirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag. – Nur wenige Politiker konnten beim Berlin-Besuch Barack Obamas ein Autogramm des Medienstars erhaschen, Sie gehören zu diesen Glücklichen. »Dream big dreams« schrieb Ihnen der Hoffnungsträger in das signierte Buch. Wir wollen mal annehmen, daß dies nicht ironisch gemeint war, so genau wird »der Ami unseres Vertrauens«, wie die Frankfurter Rundschau ihn nannte, die Chancen Ihrer Partei wohl nicht einschätzen können.
Karsten Voigt, SPD-Experte für »deutsch-amerikanische Zusammenarbeit«. – »Auch in Zukunft wird kein amerikanischer Präsident, ob er nun Obama oder McCain heißt, ausschließen, Truppen im Notfall ohne UN-Mandat einzusetzen. Die USA vertreten die Interessen einer Weltmacht, und die sind manchmal andere als die der Mittelmacht Deutschland« – so Ihre Auskunft an die Neue Westfälische. Sie haben das gar nicht als Klage gemeint, für Sie ist die Welt so, wie sie ist. Aber Ihrem Publikum hätten Sie das doch etwas schonender beibringen können.
Angela Merkel, vermutlich auch demnächst Kanzlerin. – George W. Bush hat Ihnen mal die Schultern massiert, begeistert haben Sie dabei nicht dreingeschaut. In der Berliner Pressekonferenz wurden Sie nun gefragt, ob Sie sich auch von Obama so fürsorglich behandeln lassen würden. Sie haben geantwortet: »Ich würde mich jedenfalls nicht wehren.« Eine tiefsinnige Äußerung, mit der Sie erkennen lassen, daß Sie zum Jubeln über den möglichen Bush-Nachfolger keinen Grund sehen. Darin stimmen wir mit Ihnen überein.
Wolfgang Schäuble, Sicherheitsminister. – Gegenüber den anderen EU-Staaten haben Sie sich dafür eingesetzt, daß christliche Flüchtlinge aus dem Irak in Europa als Asylberechtigte anerkannt werden sollen, denn diese Ihre Glaubensgenossen würden in ihrem Heimatland verfolgt. Aber war nicht von »freedom« die Rede gewesen, als der Kreuzzug gegen Saddam Hussein gestartet wurde? Sie sind klug genug, um darüber zu schweigen: Unzählige Opfer, die gebracht wurden, um den angeblichen »Fundamentalismus« auszulöschen, und dann, nach der »Befreiung«, keine Lebenschancen – ein Resultat, das nicht nur christliche Iraker betrifft.