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Titel1515

Antworten

Angela Merkel, Stierbändigerin. – Griechenland hat Ihr Vertrauen verloren? Na klar, welcher Erpresser vertraut schon dem Erpressten. Dem Rat Bert Brechts zu folgen, haben Sie versucht, aber noch ist es Ihnen nicht gelungen, das griechische Volk aufzulösen und ein anderes zu wählen.


Joachim Gauck, Vordenker. – »Ein so großes Land muss sich auch Überlegungen gestatten für verschiedene Lösungswege«, haben Sie zum Streit über Schäubles »Grexit auf Zeit« gesagt. Was für ein Glück, dass Deutschland nicht so klein ist wie Lettland, denn dann dürfte es sich keine Überlegungen gestatten. Nicht über Lösungswege und wohl auch nicht über Pastoren und Sparkommissare.


Griechische Bestattungsunternehmer. – Ihre Branche gilt allgemein als unverwüstlich – gestorben wird immer. Dennoch haben Sie sich in letzter Zeit stark umstellen müssen. Winzige Ratenzahlungen oder Stundung sind bei Ihren Beerdigungsrechnungen keine Seltenheit mehr. Inzwischen werben Sie sogar mit Sonderangeboten. Trotzdem sind angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise immer mehr Griechinnen und Griechen bemüht, ihren Angehörigen die Beerdigungskosten ganz zu ersparen, wie das Schweizer Fernsehen – SRF 1 – berichtete: Der Not gehorchend, vermachen sie ihren Körper der Wissenschaft.


Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. –
Seien Sie nicht so bescheiden! »Ich möchte nicht der Tugendwächter der Republik sein«, erwiderten Sie auf die Bemerkung der Süddeutschen Zeitung vom 13. Juli, der Zentralrat der Juden habe bei Rassismus und Antisemitismus eine Wächterrolle. Sie repräsentieren nicht zuletzt die Überlebenden des deutschen Massenmordes an den Juden. Ihnen müssen Sie eine Stimme geben, so wie das Ihre Vorgänger Heinz Galinski und Ignatz Bubis getan haben. Schlimm genug, dass dem deutschen Widerstand gegen das Naziregime eine Stimme fehlt, die von den politisch Verantwortlichen der Bundesrepublik Deutschland ernst genommen wird.

Ulrike Hermann, Wirtschaftsredakteurin der taz. – In Ihrem kürzlichen Kommentar zum Griechenlandkurs des deutschen Finanzministers behaupten Sie, »Sparfuchs« Wolfgang Schäuble sei bisher »ein geachteter Politiker«. Geachtet von wem und wofür? Für seine Verwicklung in die berüchtigte CDU-Parteispenden- oder besser: Schmiergeld-Affäre? Für seine Befürwortung von Bundeswehreinsätzen im Inneren und seine Geringschätzung von Grundgesetz und Bürgerrechten zugunsten eines Sicherheits- und Präventivstaates? Für seine Verhandlungsführerschaft beim Einigungsvertrag, der in Ostdeutschland den Weg zu Entwicklungen ebnete, die offenbar in Griechenland teilweise wiederholt werden sollen?


Julian Assange, Unterstützer von Dokumentenbefreiungen.
– Im Interview, das Spiegel online am 20. Juli in seinem englischsprachigen Teil veröffentlichte, weisen Sie darauf hin, dass die Internetplattform WikiLeaks inzwischen über zehn Millionen befreite Dokumente, teilweise mit Analysen versehen, verfügbar macht, darunter seien mehr als zwei Millionen diplomatische Schriftstücke. Sicherlich interessantes Quellenmaterial für das Forschungsgebiet »internationale Beziehungen«.

Schülerinnen und Schüler, junge Ossietzky-LeserInnen. – Ossietzky wird Sie nicht weiter verwirren. Sie haben in der Schule Texte aus unseren Heften gelegentlich als ältere Texte interpretiert, weil Sie die alte Rechtschreibung als Kriterium heranzogen. Eine solch formale Herangehensweise ist etwas schlicht, aber dennoch: Ossietzky erscheint ab Ausgabe 15/2015 in aktueller Rechtschreibung, wobei wir uns nicht von Regeln terrorisieren lassen.