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Bemerkungen

Gruß für »kriminellen« Ur-Berliner

Schon immer habe ich ein Faible für Leute, die einen soliden und auskömmlichen Beruf erlernten, selbigen aber eines schönen oder unschönen Tages an den sicheren Nagel hängten, um sich einem eher unsicheren Hobby hinzugeben: Der Jurist Kurt Tucholsky, der Arzt Alfred Döblin und viele andere gehören dazu, und ich will auf deren Auflistung der Unvollständigkeit halber besser verzichten. Aus dem Kreis der Tucholsky-Vereinsmitglieder betrifft das unter anderem den Diplomingenieur für Informationstechnik Helmut Eikermann, der nach Jahrzehnten braver Pflichterfüllung beim DDR-Rundfunk nicht nur zum Berliner Kriminalschriftsteller, sondern auch zum Synonym Jan Eik mutierte. Jetzt steht sein 80. Geburtsjubiläum an, wozu ich herzlich gratuliere.

 

Am 16. August 1940 in Berlin-Friedrichshain geboren, hält es Jan Eik bis zur Gegenwart im finsteren Berliner Osten aus. Er glitt in die DDR hinein und war 40 Jahre lang – wenn auch nacheinander – Schüler, Pionier, FDJ-Mitglied, Gewerkschaftszugehöriger, sozialversicherter Ingenieur, Trabifahrer, Datschenpächter und vor allem kritisch-satirischer Zeitgenosse. Er war zwar kein DDR-Dissident, aber DDR-Skeptiker, was sich auch in seinem Hobby, der Schreiberei, niederschlug. Sein besonderes Interesse galt dem Berliner Lokalkolorit sowie undurchsichtigen DDR-Geschehnissen mit kriminellem Touch wie beispielsweise dem Brand im Funkhaus 1955. Sie fanden ihren Niederschlag in Beiträgen und Büchern, so in dem Band »Attentat auf Honecker und andere besondere Vorkommnisse«, in Recherchen über den Tod von Politikern und Künstlern wie Werner Lamberz, Erich Apel und Dean Reed sowie als Autor der Weltbühne, für die er auch Theaterkritiken schrieb. Mit Horst Bosetzky ging er kriminellen Vorgängen der 30er und 40er Jahre nach, unter anderem den von einem strammen Karlshorster SA-Mann und stolz uniformierten Reichsbahner begangenen S-Bahn-Morden auf dem Rummelsburger Streckenabschnitt.

 

Seit 1987 arbeitet Jan Eik als freier Autor. Er veröffentlichte bisher 40 Bücher, entwickelte sich zum anerkannten Krimi-Fachmann und zum profunden Mitglied des Schriftstellerverbandes und wurde mit dem »Handschellenpreis« und dem »Krimi-Fuchs« geehrt. Er schrieb Hörspiele, arbeitete für die DDR-Sendereihe »Der Staatsanwalt hat das Wort« und »enttarnte« den Kriminalschreiber Jerry Cotton. Als Mitglied der Kurt-Tucholsky-Gesellschaft präsentierte sich Jan Eik mehrmals als Tagungsreferent und war Sprecher der Jury für den »Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik«.

 

Da die Polizeistatistik für Berlin laut Berliner Zeitung vom 10. März 2020 für das Jahr 2019 eine höhere Kriminalitätsrate quittiert als im Vorjahr, und das bei einer Aufklärungsquote von 44,7 Prozent, dürfte es ihm auch künftig an Stoff nicht fehlen. Von seinem Berliner Kolorit darf und soll er sich dabei nicht abbringen lassen, denn »Der Berliner sacht imma mir, ooch wenn`t richtich is!« Und falls ihm in der gegenwärtigen »coronären« Situation einer zu nahe tritt, kann er sich als echter Berliner der gefährlichen Lage vielleicht wie folgt erwehren: »Stell` dir jefällichst nich so dichte bei mir ran! Jeh` bei Muttan!« (siehe Jan Eik: »Der Berliner Jargon«, Jaron-Verlag, 3. Auflage 2018, S. 34 und S. 39.)

 

Wolfgang Helfritsch

 

 

Ein völkischer Freigeist

Vor hundert Jahren zog sie, vom Erzgebirge kommend, durch Franken und Thüringen: Kronach, Coburg, Sonneberg, Steinach, Lauscha, Spechtsbrunn, Leutenberg, Rudolstadt, Schwarza, Saalfeld, Ranis, Jena, Weimar, Erfurt, und, und … die Neue Schar mit ihrem Anführer Friedrich Muck-Lamberty. Sie hatten ihre Wurzeln in der Wandervogelbewegung. Nach dem verlorenen Krieg wollten sie die Welt ändern. Sie tanzten und sangen, junge Leute, Handwerker, Lehrerinnen. Gegen die industrielle Welt versuchten sie, eine »Revolution der Seele« zu setzen. Der Seelenrevolutionär war kein Student, sondern ein feuriger Redner in kurzen Hosen. Er spricht von medizinischen Irrtümern, erfolglosen Behandlungen und ärztlicher Geldschneiderei. Von den »Strahlkräften gesunder Menschen, die Kranke zu heilen vermögen«. Kommt uns das heute bekannt vor?

 

Heidemarie Hecht, einst Redakteurin der in der DDR und darüber hinaus bis 1993 erscheinenden Weltbühne, vor 20 Jahren nach Naumburg verzogen, hat das Leben dieses Fritz Lamberty, der sich selbst Muck nannte, 1891 in Straßburg geboren, nachgezeichnet. Was bei dessen unstetem Leben nicht leicht war, obwohl er sich stets gern in die Medien drängte. Seine Schar schien vom einfachen Leben angetan, von vegetarischen Speisen, von Keuschheit und Nacktkultur, alles bestens vereinbar. Den Winter 1920/21 verbringt die Truppe auf der Leuchtenburg, hoch über Kahla.

Doch das Verhängnis für Muck naht. Zwei Frauen bekommen Kinder von ihm, gleichzeitig. Eine dritte klagt an, führt die Polizei auf die Leuchtenburg. Muck muss gehen und wird in Naumburg zu einem gut verdienenden Holzkünstler mit zig Beschäftigten.

 

Diese Lebensphase hat Heidemarie Hecht bestens ausgeleuchtet, als Muck sich mal den Nazis andiente, dann wieder sich rebellisch zeigte. Er gab dem Nationalsozialismus »die meiste Aussicht auf die Errettung des deutschen Volkes vor oder aus dem drohenden Chaos«. 1951 verlässt er Naumburg gen Westen und stirbt hochbetagt 1984 im Westerwald.

 

Unter dem Titel »Ein völkischer Freigeist« steht am Schluss des Buches ein Essay von Jens-Fietje Dwars, der auch Lektorat und Gestaltung (reich und treffend illustriert) übernommen hat. Dwars gelingt es, diese krude und teils groteske Mischung von Ideen und Schlagzeilen, von revolutionärem Aufbegehren und biedersinniger Lebensweise scharfzuzeichnen. Wenn es um die Wurzeln des Faschismus geht, um eine Zeit, als die NSDAP noch fast wie eine normale Partei schien, als am völkischen Wesen noch keine Welt sollte genesen, wird man dieses Buch als quellengenaues Werk heranziehen müssen.      

  

Matthias Biskupek

 

Heidemarie Hecht: »›An alle Lebendigen‹ – Friedrich Muck-Lamberty. Ein völkischer Freigeist«, quartus Verlag, 16,90

 

 

Nur selten glücklich

In Jan Brachmanns Nachwort zu dem Buch »Fantasie in Blau« von Tatjana Geringas liest man, dass die bekannte Pianistin nur noch selten in der Öffentlichkeit erscheine, dafür aber »plötzlich das Schreiben für sich entdeckt« habe. Und fast entschuldigend wird daran erinnert, dass auch andere große Pianisten geschrieben haben. Das ist eigentlich unnötig, denn wer heute in irgendeinem Kunstmetier tätig ist, der schreibt auch ein Buch. Die im Buch enthaltenen Erzählungen handeln, so verheißt es der Klappentext, vom Leben. Und das ist – wenig verwunderlich – bestimmt von der Musik. Alle Erzählungen haben in irgendeiner Weise mit ihr oder anderen Künsten zu tun. Werden mit Musik befasste Menschen beschrieben, so entstehen eindrucksvolle Figuren, andere hingegen bleiben oft etwas blass. Man erlebt Serjoscha (Schauspielstudent), der das Doppelleben seines Vaters detektivisch erforscht und selbst die Lust am Leben verliert, Alexej, von seiner Mutter zum Pianisten bestimmt, wird heimlich Pilot, Robert ist Tenor und liebt seinen Freund Oleg, an dem wiederum seine Mutter Gefallen findet, Musikschwärmerin Mela erlebt, was jedem Fan widerfahren kann: Das angehimmelte Idol, die berühmte Sängerin, hat äußerst schlechte Manieren, die Künstlerin Anna verliert ihr Kind … Das sind Sujets für spannende Geschichten, die aber nicht durchweg so geschrieben sind. Tatjana Geringas erzählt detailverliebt mit vielen Adjektiven, häuft Kleinigkeiten, ja Bagatellen auf, wo straff auf ein Ende zu erzählt werden müsste. So aber muss am Ende dem Leser ein Resümee verkündet werden: Was war damals (eigentlich) geschehen? Das ist nicht immer überzeugend.

 

Tatjana Geringas emigrierte vor mehr als vierzig Jahren aus der Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland, erlebte eine internationale Karriere als Musikerin und Dozentin. »Unsere alte Heimat hat uns weggestoßen, und eine neue hat uns umarmt«, so wird sie im Nachwort zitiert. Dass sie Russland kulturell und menschlich mitgenommen hat, das ist zu spüren, wenn man ihre Texte liest. Die Warmherzigkeit der Schilderungen, des Erzählens, das Suchen nach einem Verstehen, auch einem kleinen Glück machen das deutlich. Nur eine Erzählung des Bandes weist eine gewisse Schärfe der Formulierung auf: »Über Los Angeles«. Aber gerade dort leuchtet etwas auf, was man sich häufiger im Buche wünscht: das Augenzwinkern, die Fähigkeit, sich selbst und andere nicht immer nur bitterernst zu nehmen. Hier wird, was sonst nicht geschieht, die Musik zum Gegenstand der Ironie.

 

Beim ersten Lesen des Buches überlegte ich, ob sich Parallelen zur russischen Literatur, vor allem auch der sowjetischen Zeit herstellen lassen. Bei wiederholter Lektüre wurde mir klar, dass das Suchen nach dem, was man mit dem großen Wort Menschlichkeit bezeichnet, was damals Bücher etwa von Baklanow oder Tendrjakow hierzulande zu gern gelesenen machte, auch bei Tatjana Geringas zu finden ist. Freilich darf man ihre Bezugspunkte auch im 19. Jahrhundert suchen, und wenn Tolstois »Anna Karenina« mit dem berühmten Satz beginnt, dass alle glücklichen Familien sich gleichen, die unglücklichen aber alle auf ihre Weise unglücklich seien, so scheint das bei Geringas Schreibprogramm so zu sein.

 

Das Buch enthält Fotos von Svetlana Tretyakova, die hübsch anzusehen sind, eine Beziehung zum Text konnte ich nicht immer herstellen. Der Grundbezug zur Musik hätte wohl ausgereicht, die Geschichten zu tragen.        

 

Albrecht Franke

 

Tatjana Geringas: »Fantasie in Blau«, aus dem Russischen von Christine Hengevoß und Thomas Kleinbub, Mitteldeutscher Verlag, 208 Seiten, 14

 

 

Königsmuffel

Nachdem in Spanien die coronabedingte Ausgangssperre vor 30 Tagen endete, versuchen nun Felipe VI. und Doña Letizia mit einer Tour durch Spanien die Stimmung aufzuhellen. Das Image des Königshauses soll durch die Nähe zum Volk gleichzeitig verbessert werden. Es bestehen jedoch große Zweifel, ob das gelingt. In Katalonien gab es am 20. Juli Proteste und Pfiffe für das Paar. Demonstranten blockierten die Schnellzugstrecke von Barcelona in Richtung französische Grenze mit brennenden Autoreifen. Bereits Tage vorher hatte der katalanische Regionalpräsident Quim Torra versucht, die königliche Visite, die ohnehin stark gekürzt war, ganz zu verhindern. Auch der Präsident des katalanischen Parlaments, Roger Torrent, sagte zum Besuch: »Der König ist hier nicht willkommen.«

 

Einige Transparente trugen die Aufschrift: »Catalunya no te rei«, übersetzt: »Katalonien hat keinen König«. Die Mehrheit der Katalanen ist nicht nur von der Monarchie enttäuscht, sondern auch von der Zentralregierung in Madrid. Ziel des königlichen Besuches war das Monestir de Santa Maria de Pobret bei Vimbodí in der katalanischen Provinz Tarragona. Die UNESCO hatte die Zisterzienser-Abtei 1991 zum Weltkulturerbe erklärt. Zur Aufwartung des spanischen Königs Felipe VI. und seiner Frau kam nur der Abt, die katalanische Regierung in Barcelona entsandte keinen Vertreter.

 

Die Fernsehansprache zur Corona-Pandemie soll der König nur gehalten haben, weil seine Frau darauf bestand. Das zeigt das Verhältnis des spanischen Monarchen zu seinen Bürgern.

 

Karl-H. Walloch

 

 

Ausspioniert

Mutmaßlich wurde Roger Torrent, Mitglied der Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) und katalanischer Parlamentspräsident, systematisch ausspioniert. Die Spitzel sollen dafür WhatsApp und die Spyware »Pegasus« des israelischen Technologieunternehmens NSO Group genutzt haben. Im letzten Jahr behauptete WhatsApp, dass NSO einen Spyware-Injektionsvorgang, der auf seine Aufruffunktion abzielt, entwickelt habe. Der 40-jährige Politiker war gewarnt worden, dass sein Mobiltelefon ausspioniert wird. Torrent gehört zu den Politikern, die Katalonien von Spanien trennen wollen. »Die Berichte sind ein Beweis, dass in Spanien der Staat Spionage gegen die politischen Gegner betreibt«, so Torrent in seiner ersten Stellungnahme. Das sei mit einer Demokratie unvereinbar, so der Politiker abschließend in der Internetzeitung el.Diario.es.

 

Nach Informationen der spanischen Tageszeitung El País und des britischen The Guardian steht Torrents Handy auf einer Liste von 100 Namen, bei denen die Spionagesoftware »Pegasus« zum Einsatz komme. Man vermutet, dass der spanische Geheimdienst Centro Nacional de Inteligencia (CNI) dahintersteht, der aber dementierte sofort. Zwei weitere Unabhängigkeitsbefürworter, darunter Ernest Maragall (ERC), sollen ebenfalls betroffen sein.

 

Das IT-Unternehmen NSO Group steht wegen seiner Spyware schon länger in der Kritik. Nach den Bedingungen des Herstellers darf die Software nur an Staaten und Behörden zum Kampf gegen Terroristen abgegeben werden, nie zum illegalen Einsatz. Die Regierung Petro Sánchez bestreitet jede Beteiligung oder Kenntnis eines Ausspionierens von Torrent oder anderen katalanischen Politikern. Die spanische Justizministerin Dolores Delgado will sich der Sache annehmen und hat Aufklärung versprochen.               

 

 khw

 

 

Gebetsteppiche Made in GDR

Dass Erdoğan seinen Gebetsteppich in der Hagia Sophia ausrollte, sorgte mit Recht für Entrüstung. Der kollektiven christlich-abendländischen Empörung will ich mich keineswegs verschließen. Allerdings erinnerte mich das Nachrichtenbild an den VEB Halbmond in Oelsnitz, der mal der größte Teppichproduzent der DDR war. Andere Quellen behaupten sogar: Europas. Aber da wir mal die größte DDR der Welt waren, was wohl nicht ganz zutraf, sollte ich besser auf dem Teppich bleiben und mich von Superlativen fernhalten. Obgleich es doch um den »Täbris Super« geht.

 

Das war ein in Oelsnitz produzierter Orientteppich, der seit den fünfziger Jahren in den Orient geliefert wurde. Diese DDR-Perserteppiche waren von den echten, den handgeknüpften, kaum zu unterscheiden, wohl aber erheblich preiswerter. Allerdings ist das nicht zwingend für den Verkaufserfolg eines Produktes. Man braucht eine Geschichte. Und die beginnt mit einer Zehntausend-Kilometer-Reise, bei der in weniger als einem Monat eine vom Werkdirektor geführte Abordnung des volkseigenen Betriebes von Beirut bis Bagdad reiste. Am Wege lagen unter anderem Damaskus, Amman, Kuweit und Basra. Nicht zu vergessen: Jerusalem. Um ganz genau zu sein: dessen arabischer Teil. Dort traf man in den sechziger Jahren einen Teppichhändler, dem man für »Täbris Super« die Alleinvertretung in der Region überließ. Und der setzte darauf, dass Touristen aus der arabischen Welt bei ihm kauften, um anschließend daheim stolz zu erklären, dass sie die Brücke in der Heiligen Stadt erworben haben.

 

Und genau so kam es.

 

So gingen denn bald Bestellungen aus der ganzen islamischen Welt in der DDR ein, und das Geschäft lief in Oelsnitz prächtig, denn auch ohne Schnee funktionierte das Schneeball-Prinzip. Einige Jahrzehnte. Bis 1990. Dann kam der Betrieb ins Portfolio der Treuhandanstalt, also zu den etwa 14.000 Verkaufsobjekten aus der volkseigenen DDR-Masse, die filetiert, privatisiert und/oder liquidiert wurden. Gewiss gehört zur Wahrheit, dass das Unternehmen bereits 1880 und nicht als VEB gegründet worden war. Verbürgt jedoch ist auch, dass in seinen besten Tagen so etwa zweieinhalbtausend Menschen dort Arbeit und Auskommen hatten. Jetzt ist es nur weniger als deren zehnter Teil. Die alten Fabrikgebäude wurden nach einer kurzen Sanierungsphase aufgegeben, seit geraumer Zeit stehen die historischen Backsteingebäude leer und verrotten als Industriedenkmale, ohne unter Denkmalschutz zu stehen. Hin und wieder steigen schwarze Wolken auf, mehr als einmal hat es dort schon gebrannt. Der Restbetrieb erfolgt heute unter dem Traditionsnamen Halbmond-Teppichwerke GmbH in einem Erweiterungsbau aus DDR-Tagen.

 

In Beirut wurde damals, in den sechziger Jahren, in der Altstadt Achrafieh eine neue Moschee errichtet. Die ganze Grundfläche von achthundert Quadratmetern wurde vollständig mit Teppichen aus Oelsnitz ausgelegt, in Täbris-Super-Qualität, wie Fachbesucher aus der DDR seinerzeit befriedigt feststellten. Sie würden sich in dem Gebetsraum sehr gut ausnehmen, berichteten sie nicht ohne Stolz.

 

Tempi passati. Erdoğan wird ganz gewiss keinen Teppich vom VEB Halbmond unter seinen Beinen gehabt haben, als er diese beugte. Aber an unsere Geschichte hat er damit durchaus erinnert.

 

Frank Schumann

 

 

Kriminal-Manko

 

Sehr viele Fernsehkrimis sind zum Steinerweichen. / Die Musen weigern sich, die Darsteller zu küssen, / und freuen sich mitsamt den Krimileichen, / dass die die Filme nicht zu Ende sehen müssen.      

Günter Krone

 

 

 

Zuschrift an die Lokalpresse

Wie die Presse Ende Juli mitteilte, wurde wiederum eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg im Brandenburgischen Sand aufgefunden und entschärft. Glücklicherweise ist auch diesmal nichts passiert, die Fachleute haben die gefährliche Situation souverän bewältigt, und die evakuierten Einwohner konnten in ihre Häuser zurückkehren. Ich habe keinen Überblick darüber, wie oft schon solche Situationen im Berliner Umfeld aufgetreten sind, bin mir aber sicher, dass noch unzählige Zeugen der unseligen Vergangenheit ihrer zufälligen Entdeckung oder der Selbstentzündung harren und unsere Mitbürger und Nachfahren noch lange beschäftigen werden.

 

In die Schlagzeilen sind aber auch Kampfmittel geraten, die aus jüngsten Beständen der Bundeswehr trotz hoher Sicherheitsstandards nicht mehr auffindbar sind. So teilte die Nachrichtenagentur dpa mit, dass »seit 2010 ... mindestens 60.000 Patronen verschwunden und nicht wieder aufgetaucht« sind. Der Verbleib von weiteren 48.000 Schuss des Kommandos Spezialkräfte sei wie das Fehlen von 20 Kilogramm Sprengstoff bisher ungeklärt. Zu den alarmierenden Meldungen gehört auch, dass in einem Keller der Stadt Calau Handgranaten und Bomben aufgefunden wurden, als die Wohnung eines Verstorbenen geräumt wurde. (junge Welt, 18./19.7.20) Es versteht sich, dass das Verteidigungsministerium keine Mühe scheuen wird, die Sachverhalte zu klären und die verschwundenen Ausrüstungen wieder ans Tageslicht zu befördern. Nach diesbezüglichen Erfahrungen ist allerdings zu befürchten, dass innerbetriebliche Untersuchungen wenig Erfolgsaussichten haben werden. Deshalb interessiert mich, ob auch in diesen Fällen externe Sonderkommissionen eingerichtet oder externe Spezialermittler einbezogen worden sind. Ein daraus entstehender höherer finanzieller Aufwand war in anderen Zusammenhängen kein Hinderungsgrund. – Siegbert Draufzu (62), Oltn. d. R., 18510 Ungnade

 

Wolfgang Helfritsch