Seinen wirtschaftlichen Erfolg verdankt er nicht seinen gelernten Berufen als Theologe und Mediziner. Sein Erfolg stellte sich ein, nachdem er 1956 das elterliche Schuhgeschäft in Essen übernommen hatte, das er seitdem zur größten Schuheinzelhandelskette Europas ausbaute. Heute unterhält seine Firma 2300 Filialen mit rund 26.000 Beschäftigten in 14 Ländern.
In konservativen christlichen Kreisen hat er viele Freunde gefunden. Sie bewundern sein Bekenntnis, daß er seine Unternehmensethik aus »christlichen Werten« beziehe. Damit, so rühmt die evangelikale Nachrichtenagentur idea, »punktet er auf dem Weltmarkt« und »kümmert sich zugleich um die Sorgen und Nöte seiner Mitarbeiter«.
Den Namen des Mannes braucht man nun eigentlich nicht mehr zu nennen. Laut einer Umfrage wissen nämlich 90 Prozent der Deutschen, wer gemeint ist, wenn man vom größten Schuhhändler der Republik spricht: Heinz-Horst Deichmann.
Wikipedia beschreibt ihn als »einen bekennenden und engagierten Christen«, der weltweit »missionarisch und sozial« tätig sei und evangelikale Großveranstaltungen wie ProChrist und das Christival unterstütze (s. Ossietzky 06/2008).
Ehrungen blieben nicht aus: Indien ernannte ihn zum Honorarkonsul, und im Juni dieses Jahres erhielt er in Frankfurt den »National Leadership Award« des »Economic Forums Deutschlands«. In der Laudatio würdigte Professor Helmut Merkel seine Entwicklung »vom Arzt zum Unternehmer, vom christlich motivierten Menschenfreund zum Strategen für Völkerverständigung«.
Nun erreichten uns aus dem fernen Asien auch andere Nachrichten über die Geschäfte dieses christlichen Menschenfreundes.
Für den 7. Juli hatte Report Mainz als eines seiner Themen angekündigt: »Markenschuhe zu günstig: Wie Deichmann in Asien Menschenrechte mit Füßen tritt«. In der Presseinformation wurde ausgeführt. daß kambodschanische Arbeiterinnen in einem Deichmann-Zulieferbetrieb über Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen aufgrund von Lösemitteldämpfen klagen, gegen die ihnen keine Schutzmasken zur Verfügung gestellt würden, obwohl das nach den dortigen Gesetzen vorgeschrieben ist. Des weiteren beklagen sie sich über erzwungene Überstunden und stundenlanges Strafstehen bei Nichterfüllung des vorgegebenen Arbeitspensums.
Wer diese Mitteilungen, die mit heimlich gedrehten Aufnahmen belegt werden konnten, als Bilddokumente sehen wollte, wurde allerdings enttäuscht: Unmittelbar vor der Ausstrahlung wurde der Beitrag abgesetzt – aus »juristischen Gründen«, wie es am folgenden Tage hieß, ohne daß »das Unternehmen dem Sender gegenüber rechtliche Schritte angedroht« hätte.
Ob der Beitrag später ausgestrahlt wird, konnte die Redaktion mir nicht sagen. Vielleicht wird er ja ergänzt. Vielleicht können die Zuschauer dann erfahren, ob der evangelikale Christ Deichmann, der die Bibel wortwörtlich nimmt, sich in Zukunft mehr an die Aufforderung aus Lukas 16 Vers 9 hält, die die christlichen Kapitalisten aller Zeiten erfreut hat: »Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon!«; oder ob er sich demütig reumütig von dem Wort aus 5. Mose 24 Vers 14 leiten läßt: »Dem Tagelöhner, der bedürftig und arm ist, sollst du seinen Lohn nicht vorenthalten!« Denn: »So spricht der Herr durch den Mund des Weisen Salomo: ›Wer dem Geringen Gewalt tut, der lästert dessen Schöpfer‹« (Sprüche 14 Vers 31).