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Titel1608

Stimmungsmache per Blog  (Sabine Schiffer)

»Der Islam ohne Gewalt ist wie ein Omelett ohne Eier«, liest man im Internetforum pi-news.net – eine Meinungsäußerung von vielen ähnlichen. »Wer braucht solche Leute? Was soll man mit sojemand machen? Vierteilen? Gummizelle? Arbeitslager? Abschieben? Kulturbereicherer dieser Art haben ihre Daseinsberechtigung (in Deutschland) verwirkt«, heißt es in einer anderen Eintragung auf derselben Website. Während wissenschaftliche Studien warnend darauf hinweisen, daß antiislamische Ressentiments sich in der deutschen Gesellschaft massiv ausbreiten, malen Hardliner das Feindbild Islam weiter aus, stacheln Angst, Haß und Aggressionen an. Blogs im Internet sind dafür ein beliebtes Werkzeug.

Auch die Internet-Plattform akte-islam.de bringt solche Botschaften. Gern wird dort über Straftaten berichtet, denen ein islamischer Hintergrund zugeschrieben werden kann. Dauerpolemik richtet sich gegen den »Dialüg« und gegen »Islamophile«, die beschuldigt werden, als unverbesserliche »Gutmenschen« die »Weltgefahr« zu verharmlosen oder sich gar landesverräterisch zu betätigen.

Wenn Straftäter immer wieder mit der Angabe ihrer Religionszugehörigkeit und ihres Herkunftslandes markiert werden und wenn sich daraus die Assoziation »Aha: moslemisch« ergibt, erscheint Brutalität am Ende als islamspezifisch. »Moslem-Gewalt« wird zum stereotypisierenden Begriff.

In vielen Blog-Eintragungen oder -Kommentaren wird darüber geklagt, daß deutsche Medien »Selbstzensur« betrieben und Missetaten von Moslems verschwiegen. Die Meinungsfreiheit sei bedroht, weil zu viel Rücksicht auf »sich beleidigt gebende Muslime« oder »Islamtoleranzler« genommen werde. So absurd diese Medienschelte ist, wirkt sie doch meinungsbildend. Als hochempfindlich und schnell beleidigt erweisen sich die Feindbild-Islam-Verbreiter selber: Wenn Kritiker ihrer Kampagnen auftreten, ist Schluß mit der Liebe zur Meinungsfreiheit. Unterlassungsklagen und einstweilige Verfügungen sind fällig.

Besonders aktiv ist in dieser Hinsicht Udo Ulfkotte, Verantwortlicher für die Website akte-islam.de. Die Betreiber des Internet-Forums watchblogislamophobie wurden von ihm niedergeklagt, der juristische Konflikt mit Ulfkotte käme ihnen zu teuer. Ein Meister im Niederprozessieren ist auch Henryk M. Broder, der selbst hemmungslos mit Polemik um sich wirft, wenn er immer mal wieder gegen das »Einknicken vor dem Islam« wütet. Im Umgang mit der Meinungsfreiheit gilt diesen Publizisten offenbar das selektive Prinzip: Meine Rechte sind zu verteidigen, nicht die anderer; und wer nicht zu uns gehört, hat eben Pech. Gegen »Verharmloser« und »Islamfellowtraveller« machen Anti-Islam-Blogger auch Druck, indem sie deren E-Mail-Adressen bekanntgeben.
Auffällig und, um es milde zu sagen, geschmacklos ist es, wie sich die Blog-Kreuzzügler gegen den Islam strategische Vorteile durch Solidaritätsbekundungen in Richtung Judentum und Israel zu verschaffen suchen. Wie wenig glaubwürdig sie damit sind, wissen im Fall Ulfkotte die Leser seines Buches »Gencode J«. Tatsächlich sind die elektronischen Kämpfer gegen die »Weltgefahr« mit der extrem rechten Szene in Deutschland und anderen europäischen Ländern vernetzt, von »pro Köln« über »Vlaamse Belang« bis zur Blocher-Partei in der Schweiz. Kein vernünftiger und einigermaßen informierter Zeitgenosse wird annehmen können, daß hier Mitstreiter gegen Antisemitismus zu finden seien.

Sabine Schiffer leitet das Institut für Medienverantwortung in Erlangen. Adresse: www.medienverantwortung.de