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Nobelpreis für Bradley Manning!  (Otto Köhler)

Im vergangenen Jahr erhielt der gerade ins Amt gewählte US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis. Er weitete den Krieg in Afghanistan aus und brutalisierte ihn noch stärker, als sein Vorgänger es vermocht hatte.

Heute sitzt im Gefängnis in Quantico in Virginia ein Mann, der mehr als jeder andere für Frieden in Afghanistan und im Irak getan hat. Der US-Soldat Bradley Manning wartet dort – streng isoliert - im günstigeren Fall auf einen Prozeß wegen Geheimnisverrats, wo ihm 52 Jahre Haft drohen. Im weniger günstigen Fall wird die Nachricht ausgegeben werden, er habe im Gefängnis »Selbstmord« begangen. Schon verbreitet der stets gut instruierte Welt-Korrespondent in Washington, Ansgar Graw: Manning »wird in Einzelhaft gehalten und soll als selbstmordgefährdet gelten«.

Bradley Manning hat nicht den geringsten Grund, Selbstmord zu begehen. Er weiß, daß die zivilisierte Menschheit hinter ihm steht. Er war, bis er im Mai festgenommen wurde, Geheimdienstanalyst für das US-Militär im Irak und hatte Zugang zu zwei geheimen Netzwerken: dem »Secret Internet Router Protocol Network« (Sirpnet) für diplomatische und militärische Verschlußsachen sowie dem »Joint Worldwide Intelligence Communication System«, das als »top secret« eingestuftes Material speichert. Seit November hatte er, wie heißt, Dokumente auf seinen eigenen Laptop heruntergeladen, die beweisen, wie verbrecherisch der Krieg ist, den die USA im Irak und – mit deutscher Beihilfe – in Afghanistan führen.

Er wurde ins Gefängnis geworfen, weil er Wikileaks das Videoband aus einem US-Hubschrauber gegeben hat, aus dem 2007 in Bagdad auf »Aufständische« geschossen wurde. Es waren Zivilisten, darunter ein Reuters-Journalist. Die Veröffentlichung der brutalen Bilder auf Wikileaks führte dazu, daß die USA heute zumindest so tun, als würden sie aus dem Irak abziehen.

Mannings soll auch die 90.000 Geheim-Dokumente vom Afghanistan-Krieg an Wikileaks gegeben haben, die auch den Letzten davon überzeugen müssen, wie verbrecherisch der Krieg ist, den US-Truppen und Bundeswehr in Afghanistan führen. Für diesen mutigen Geheimnisbruch hat er den Friedensnobelpreis verdient. Ob er ihn im Gefängnis bekommt oder in Freiheit, ist egal. Nur am Leben soll er bleiben.

Als Carl von Ossietzky für den Friedensnobelpreis benannt wurde, sprach Volksaufklärungsminister Joseph Goebbels am 12. März 1936 im Deutschlandsender: »Landesverrat war einmal eine salonfähige Sache, sogar eine Modesache. Und es gibt auch heute noch Leute, die für Landesverräter Preise beantragen. Wir sahen allerdings in einem Landesverräter nur einen Verbrecher… Daher: Kopf ab.« Daraufhin bekam Ossietzky, als er bewußtlos im Krankenrevier lag, in Gegenwart des obersten KZ-Inspekteurs und Führers der SS-Wachverbände, Theodor Eicke, Spritzen in den rechten Oberschenkel und die rechte Brustseite. Zwei Jahre später, aus dem KZ entlassen, starb der Friedensnobelpreisträger an der ihm so beigebrachten Tuberkulose.

Wir müssen hoffen, daß sich die USA vom deutschen Weg zur Beseitigung eines Nobelpreiskandidaten unterscheiden. Das Nobelpreiskomitee sollte sich aber schnellstens um das Los des Gefangenen von Quantico kümmern. Rechtzeitig bevor an ihm »Selbstmord« begangen wird.