Peer Steinbrück MdB, bis Herbst 2009 Bundesfinanzminister. – Kürzlich zählten Sie im ARD-Fernsehen auf, was Sie zu Ihren Amtszeiten für richtig gehalten haben und was davon Sie jetzt für falsch halten: die Rentengarantie (»einer meiner schwersten Fehler«), die geplante Staatshilfe für Opel, die von der Kanzlerin versprochene Sicherheit der Spareinlagen, die Staatsverschuldung von 1,7 Billionen Euro, die Ihnen Angst mache. Zuvor hatte schon Ihr damaliger Kabinettskollege Peter Struck, der Verteidiger am Hindukusch, nach Amtsverlust den Einmarsch in Afghanistan als einen Fehler bezeichnet. Fehlverhalten scheint bevorzugte Regierungstätigkeit gewesen zu sein.
Hubertus Heil MdB. – Für die Medien haben Sie als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD in kräftigen Farben ein Bild Ihrer Partei als Kampfgruppe gegen sozialpolitische Miseren gemalt: Ein »Skandal« sei es, eine »Schande«, daß arbeitende Menschen mit Steuergeldern aus dem »ALG II«-Topf vor Armut geschützt werden müßten. Zudem werde dadurch der Bundeshaushalt auf unzumutbare Weise belastet. Aber was ist da zu tun? Die SPD, schlagen wir vor, könnte ihre altbewährten Experten für Arbeitsmarktreformen zum Einsatz bringen: Peter Hartz, Wolfgang Clement (auch wenn er jetzt parteilos ist), Florian Gerster, Franz Müntefering und nicht zuletzt Altkanzler Schröder. Die kennen sich allesamt mit dem Niedriglohnsektor aus.
Patrick Meinhardt MdB. – Im Bundessozialministerium, geleitet von Ursula von der Leyen (CDU), wird erwogen, für Kinder aus »Hartz IV«-Familien eine Bildungs-Chipkarte einzuführen Diese tolle Idee, so befinden Sie als bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, sei dazu tauglich, »ein völlig neues Finanzierungsdenken bei der Bildung zu begründen«. Ganz generell könne dann der Einzelne darüber entscheiden, für welches Produkt und bei welchem Anbieter er öffentliches Bildungsgeld ausgeben wolle. Privat vor Staat auch in diesem Marktsegment, das ist konsequent. Sie waren ja schon Geschäftsführer eines Nachhilfeunternehmens, und diese Branche käme so zu einem neuen Status und neuen Einnahmemöglichkeiten.
Omid Nouripour MdB. – Die von Wikileaks öffentlich gemachten US-Dokumente aus dem Krieg am Hindukusch seien »Kein Grund für eine neue Abzugsdebatte«, schreiben Sie als sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen in der Frankfurter Allgemeinen. Allerdings müsse der fürs deutsche Militär zuständige Minister »seinem Haus mehr Transparenz verordnen und selbst mit einer besseren Informationspolitik gegenüber dem Parlament vorangehen«. Wozu das, wenn doch der Bundeswehreinsatz gar nicht zur Diskussion stehen soll? Erfreulich eindeutig Ihre Erklärung: »Nur so können die Glaubwürdigkeit des Verteidigungsministeriums und die Unterstützung des deutschen Afghanistan-Engagements in der Öffentlichkeit wirksam verbessert werden.« Nun wissen wir, was die Grünen militärpolitisch wollen: Wenn Krieg geführt wird, sollen die Bürger vor dem Zweifel an dieser Politik bewahrt werden.
Jürgen Trittin MdB. – »Staatszerfall« in der weiten Welt macht Ihnen Sorge. Das Problem, sagten Sie der FAZ; könne nicht allein und nicht hauptsächlich militärisch gelöst werden", bedürfe aber »manchmal der militärischen Beteiligung«. Partizipation, ein Lieblingswort grüner Tradition, ist jetzt Ihr Synonym für den Einsatz von Kriegern, Bombern, Panzern. Gegen »Staatszerfall« ist der Partei, die einst mit dem Ziel der Gewaltfreiheit gegründet wurde, jetzt offenbar jedes Mittel recht - jedenfalls ihrem Fraktionsvorsitzenden im Bundestag.
Herbert Schui, noch MdB. – Demnächst wollen Sie von Ihrem Bundestagsmandat für die Partei Die Linke zurücktreten, aber weiter »etwas Gescheites für diese Partei tun«, wie Sie der jungen Welt sagten. Um dies zu leisten, müsse man »nicht unbedingt im Bundestag sitzen«, denn (das zitieren wir gern): »Ein Parlamentsmandat ist leider auch so etwas wie Käfighaltung für Abgeordnete.« Als Ossietzky-Autor sind Sie uns auch in Zukunft willkommen, dazu brauchen Sie kein Mandat.