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Titel1712

Verlaßt die Bundeswehr  (Otto Köhler)

Letzten November schrieb ich an dieser Stelle: »Oberst Klein hat Zukunft.« Daß diese Zukunft so schnell und so zielführend über uns hereinbricht, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich hatte nicht hinreichend mit der, wie auch immer zu qualifizierenden, Energie des Verteidigungsministers Thomas de Maizière gerechnet, der alles daran setzt, sich als tatkräftiger Nachfolger der Bundeskanzlerin zu empfehlen. Er will, wie soeben bekannt wurde, das heimtückischste Mordinstrument, über das die Freie Welt verfügt, in den Dienst der Bundeswehr – oder auch umgekehrt – stellen: die Tötungsdrohne, die ohne gerichtliches Verfahren auf das Kommando eines Militärbefehlshabers aus heiterem Himmel töten kann, Targeted Killing nennt sich das: gezielte Tötung, angeblich nur von Terroristen, wie sie ursprünglich auch Oberst Klein umgebracht haben wollte.

Thomas de Maizière will dieses Mordinstrument für die Bundeswehr haben. Es sei ethisch neutral, ließ er durch seinen Sprecher erklären. Richtig: Die Tötungsdrohne ist ebenso ethisch neutral wie Sprengmunition oder Giftgas.

Oder eben wie Oberst Klein. Er hatte im Mai 2009 gedroht: »Wir werden mit der Härte, die geboten ist, zurückschlagen.« Im darauffolgenden September schlug er. Nicht zurück. Aber hart zu: Das von ihm angerichtete Massaker von Kundus kostete bis zu 140 Menschen das Leben – mehr als in 28 Jahren an der Mauer in Berlin erschossen wurden. Wer sich der Mauer näherte, wußte, was ihm geschehen konnte. Oberst Klein dagegen hatte das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt: Das Angebot des Bomberkommandos schlug er aus, die Menschenansammlung erst einmal durch Überfliegen ohne Bombenabwurf zu warnen. Er befahl: »Vernichten!« Ohne Warnung. Danach soll er als Christ, laut Focus, zum Beten für seine Opfer in die Bundeswehrkapelle gegangen sein. Zivilisten umbringen und dann für sie beten – das ist wahrhaft ethisch neutral.

Die Bundesanwaltschaft erklärte, sein Verhalten sei »rechtmäßig« gewesen. Er wurde nie vor Gericht gestellt und verblieb in der Bundeswehr ohne Disziplinarverfahren.

Den Angehörigen der Opfer wurden – das ist großmütig – 5.000 Dollar (4.030 Euro) zugesagt. Nicht als Entschädigung, sondern als »humanitäre Hilfe«. Einmalig und das pro »Sippe«, wie es im Nazijargon hieß. Egal, ob ein oder zwei, drei oder mehr Angehörige der Familie umgebracht worden waren. Der Täter aber bekommt künftig 11.000 Euro plus Zuschläge und Extras für außerplanmäßige Tötungen. Nicht einmalig, sondern monatlich. Er wird auf Anordnung des Thomas de Maizière im Verteidigungsministerium das Personalmanagement der Bundeswehr kommandieren, um nach ein paar Monaten zum Brigadegeneral befördert zu werden. Ethisch neutral wie in der Mordnacht von Kundus. Denn das verkündete der Sprecher des Verteidigungsministers: Klein sei für die künftige Tätigkeit »gut geeignet« und erfülle alle fachlichen Voraussetzungen.

Wenn das so ist, dann wird es Zeit, daß jeder Soldat, jeder Offizier, der ethisch nicht neutral ist und nicht solche Taten vollbringen will wie sein kommender Personalmanager, sofort die Bundeswehr verläßt. Damit er nicht in einem neuen Nürnberger Prozeß gehängt werde wie so mancher General.