Alexander Dobrindt, Rettungsredner. – Bayern, haben Sie als Generalsekretär der CSU erklärt, sei »Garant dafür, daß Deutschland keine linke Republik wird«. Deshalb werde Ihre Partei bei der kommenden Landtagswahl »die Bastion Bayern gegen den Ansturm der Linken verteidigen«. SPD und Grüne seien Stoßtrupps eines »eurosozialistischen Internationalismus«, der den Interessen des »deutschen Bürgers« feindlich gegenüberstehe. Aber warum haben Sie da nicht auch die stolze Geschichte Ihrer Vorläuferpartei erwähnt? Vor den Landtagswahlen 1919 war es die Bayerische Volkspartei, die den ersten Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern, Kurt Eisner, als »jüdisch-bolschewistischen Volksfeind« bekämpfte und so dafür sorgte, daß SPD und USPD keine Mehrheit erhielten. (Die KPD, das sei angemerkt, unterstützte Eisner nicht. Der wurde dann von einem bayerischen Deutschnationalen ermordet, als er seine Rücktrittsrede halten wollte.) Und noch einmal rettete die christliche Bayerische Volkspartei Deutschland: Bei der Reichspräsidentenwahl 1925 entschied sie sich gegen den »Volksblock«-Kandidaten Wilhelm Marx von der christlichen Schwesterpartei Zentrum, die in Bayern nicht vertreten war; Marx wurde bei dieser Wahl auch von der SPD und der liberalen Deutschen Demokratischen Partei unterstützt. Die Bayerische Volkspartei rief zur Wahl des deutschnationalen »Reichsblock«-Kandidaten Paul von Hindenburg auf und sorgte so für dessen Sieg. (Noch eine Anmerkung: Die KPD stellte damals einen eigenen Kandidaten auf.) Daß die Vorläuferpartei der CSU an Marx keinen Gefallen fand, lag nicht an dessen Hausnamen. Ein im Krieg bewährter Generalfeldmarschall schien ihr besser geeignet, linke Anstürme zu verhindern. Diese Erwartung bestätigte sich dann auch: 1932 war die SPD so verängstigt, daß sie nun für die Wiederwahl Hindenburgs warb, um den Kandidaten Hitler nicht zum Erfolg kommen zu lassen. Eine Fehlkalkulation; 1933 ernannte Hindenburg ihn zum Reichskanzler. Die Bayerische Volkspartei stimmte für Hitlers Ermächtigungsgesetz, im Unterschied zur SPD.
Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung. – Ein Bundesminister für Verteidigung mußte nach Entdeckung vieler Plagiate in seiner Dissertation das Amt räumen, vor allem weil er allzu widersprüchlich geleugnet hatte. Aber Sie als zuständige Ministerin für Wissenschaft, dürfen im Amt bleiben, obwohl auch Sie bei Ihrer Doktorarbeit fleißig abgeschrieben haben. Wo käme der Kapitalismus denn auch hin, wenn man sich nicht aneignen dürfte, was andere erarbeitet haben?
Peter Brandt, nicht nur Historiker. – Der Westen, das Internetportal der WAZ-Mediengruppe, brachte ein Interview mit Ihnen, in dem Sie sagen: »Der Rechtsextremismus hat in vielen Ländern Europas eine neue Funktion. In ihm äußert sich auch sozialer Protest. Vielfach gelten Sozialdemokratie und Linke der Unterschicht inzwischen eher als etabliert, als Teil des Establishments, und das ist fatal.« Gelten sie – oder sind sie es? Das könnte manche LeserInnen der WAZ-Zeitungen interessieren, die ja das Monopol bei der Tagespresse einer Region innehaben, in der viele Menschen sich ziemlich unten befinden.
Gerhard Mayer-Vorfelder, CDU-Ideologe. – In Ihrer Eigenschaft als DFB-Ehrenvorsitzender haben Sie verlangt, daß vor einem Fußball-Länderspiel die Spieler die deutsche Hymne zu singen hätten. Wer das nicht tue, dürfe nie mehr in die Nationalmannschaft berufen werden. Sie sind über die Jahre hinweg Ihrer patriotischen Linie treu geblieben, denn schon als baden-württembergischer Kultusminister haben Sie durchgesetzt, daß die Schüler sämtliche drei Strophen der Nationalhymne auswendig lernen und bei wichtigen Anlässen singen mußten. Aber es bleibt noch viel zu tun. So wäre es zum Beispiel angebracht, auf dem Cannstatter Wasen, dem Stuttgarter Volksfest, das Abspielen der Hymne zur Pflicht zu machen. Wer nicht aufsteht und mitsingt, gerät in Bierverschiß und bekommt Zeltverbot. Es gibt gewiß noch weitere Möglichkeiten, bei denen wir uns musikalisch »zur edlen Tat begeistern« können. Wir sind gespannt. Und rufen Ihnen, da Sie ja auch Mitglied in einem Fasnet-Verein sind, ein kräftiges Narri-Narro zu.
»Forschungsverbund SED-Staat«, Freie Universität Berlin. – Seit längerem schon fühlen Sie sich, über die ausgewiesene Thematik Ihrer Wissenschaftlergruppe hinausgehend, für die Überprüfung des gegenwärtigen Geschichtsunterrichts in der Bundesrepublik zuständig. Jetzt haben Sie herausgefunden: »Schüler im Osten wissen mehr über Zeitgeschichte.« In Thüringen zum Beispiel sei sogar »ein angemessenes Urteil über die politischen Systeme« unterrichtlich erreicht worden. Mit einer Ausnahme freilich: Von der DDR hätten die SchülerInnen »ein zu positives Bild«. Wie kann das sein, nachdem doch seit Jahren »Ihre« Mitarbeiter genau dazu mit allem Eifer geschichtspädagogisch tätig sind? Da ist Selbstkritik fällig!